Der Winter hält weite Teile Europas aktuell fest im Griff und die Temperaturen schielen nur weit im Süden über den Gefrierpunkt. In Jerez kann sich die Luft trotz recht kühler Tagesanfänge bis zur Mittagszeit noch erwärmen, um die Testfahrten einigermaßen brauchbar zu machen, wobei es Pirelli durchaus lieber wäre, wenn es heißer würde. "An den Nachmittag, wenn es knapp an die 20 Grad hat, bekommen wir gute Hinweise für die neuen weichen Reifen und die Mediums. Der Unterschied beträgt dort etwa 0,6 Sekunden, das wollten wir auf einer vier Kilometer langen Strecke in etwa erreichen", meinte Pirelli-Sportdirektor Paul Hembery.

Mit den harten Reifen war hingegen wenig anzufangen, denn die hatten die Teams am Morgen eingesetzt, als es zu kühl war. Daher gibt es davon keine wirklich repräsentativen Daten, es scheint sich nur abzuzeichnen, dass das Warm-Up beim harten und mittleren Reifen besser geworden ist, was voriges Jahr noch ein Problem war. "Da war die Temperatur nur schwer in den Reifen zu bekommen, besonders bei Autos im Mittelfeld, die weniger Abtrieb hatten." Wichtig wäre es Hembery aber nun, Ausfahrten bei höheren Temperaturen zu bekommen, denn bei 15 Grad oder weniger ist die Korrelation zu den Grands Prix gering.

Zwei Wochen zur Erwärmung

"Wir brauchen einen guten Run bei guten Bedingungen, um zu sehen, ob unsere Crossover-Punkte stimmen. Aber wenn die Temperaturen unter 15 Grad sind, werden wir das nicht schaffen. Es ist ähnlich wie voriges Jahr, da war es als Reifenhersteller schwierig. Die niedrigsten Temperaturen bei einem Rennen waren damals 15 Grad in Deutschland." Das Problem ist, das nördlicher gelegene Barcelona könnte laut Vorhersagen noch kälter als Jerez werden. "Hoffentlich ist das in zwei Wochen anders."

Die Tage in Jerez beginnen kühl, Foto: Sutton
Die Tage in Jerez beginnen kühl, Foto: Sutton

Jerez war für Pirelli trotz des kühlen Wetters bislang aber dennoch nicht unerfolgreich. Die Teams lieferten positives Feedback und durch die größeren Auflageflächen scheinen die Reifen auch bei der Balance der Autos zu helfen. Beim Reifenabbau gibt es hingegen noch keine vollkommene Klarheit. "Die ersten Eindrücke zeigen, dass der weiche Reifen wohl abbaut, wie wir das wollten, medium und hart tun das etwas langsamer. Sie haben aber diesen Crossover-Punkt, weil sie nicht so stark abbauen", erklärte der Brite. Diese unterschiedlichen Abbauraten in Verbindung mit einem kleineren Rundenzeitunterschied zwischen den einzelnen Mischungen - zwischen weich und mittel eben etwa 0,6 Sekunden in Jerez - entspricht genau Pirellis Vorhaben.

Kleinere Unterschiede

Denn dadurch werden die Reifen wieder stärker zu einem strategischen Thema. "Voriges Jahr sahen wir am Ende des Jahres zu oft einen Unterschied von eineinhalb Sekunden. Dadurch gab es keinen Vorteil, wenn man mit dem harten Reifen fuhr und vielleicht einmal weniger stoppte. Das sollte jetzt gehen. Es wird viel von den Autos abhängen, deren wahre Leistung kennen wir noch nicht. Liegen die Autos enger beisammen, wie etwa voriges Jahr im Mittelfeld, dann wird die Strategie viel wichtiger", sagte Hembery. Denn dann können die Teams entscheiden, ob sie nicht lieber einmal weniger stoppen und dafür länger mit der härteren Mischung fahren. "Voriges Jahr hätte jeder volle Leistung aus den Softs geholt, weil es anders herum keine Vorteile gab. Man konnte diese eineinhalb Sekunden pro Runde nicht durch weniger Abbau ausgleichen."

Vorerst sind Hemberys Hoffnungen aber noch theoretisch, denn erst wenn es in Melbourne wirklich losgeht, wird sich zeigen, ob die Werte so sind, wie Pirelli sich das erhofft hat. Schon in Jerez hatte sich gezeigt, dass Erwartungen sich nicht immer erfüllen müssen. "Es hieß, die Autos würden viel Abtrieb verlieren. Natürlich ist es etwas weniger, aber nicht so dramatisch, wie zunächst gesagt." Hembery rechnete damit, dass es nicht lange dauern wird, bis alle wieder ähnliche Levels wie im Vorjahr erreichen. Geringer ist dafür der Level an Marbles geworden, die von den Reifen abgeworfen werden - zumindest stellte der Sportdirektor das bei einem Rundgang um die Strecke in Jerez fest.