Ab Dienstag steht der vierte und insgesamt letzte vorsaisonale Test der Formel 1 in Barcelona an. Fünf Tage lang versuchen die Fahrer und Teams sich in die richtige Position für den ersten Start des Jahres in Australien zu bringen. Ursprünglich sollte der letzte Test in Bahrain über die Bühne gehen, doch im Zuge der Unruhen vor Ort und der Absage des Auftaktrennens, entschied man sich auch die Testfahrten nach Europa zu verlegen und kehrt nach Katalonien zurück. Der Saisonstart steht somit unmittelbar vor der Tür und den Teams rennt die Zeit davon. Barcelona ist daher der letzte große Gradmesser, bevor es auf nach Down Under geht.

Auf dem Circuit de Catalunya nehmen alle 12 Teams der Königsklasse an den Testfahrten teil. Auffallend ist jedoch die unterschiedliche Zeitplanung beim letzten Auftritt der Boliden auf heimischen europäischen Boden. Die Probeläufe in Spanien erstrecken sich über fünf Tage, wobei jedes Team aber nur an vier Tagen fahren darf. Daher kommt es zu zwei verschiedenen Lagern. Die meisten Teams beginnen bereits am Dienstag und beenden den Test am Freitag, wohingegen Ferrari, Mercedes, Williams und HRT erst am Mittwoch einsteigen wollen und dafür bis einschließlich Samstag unter der katalanischen Wintersonne ihre Runden drehen möchten. Die Mehrheit erhofft sich von einem früheren Testbeginn einen Extra-Tag zur Vorbereitung der neuen Autos, bevor es mit der Fracht in Richtung Australien geht und startet daher so früh wie möglich.

Die Strecke in Barcelona ist den Teams bereits bestens bekannt: Nicht nur, weil der Kurs auch schon Schauplatz der dritten Testfahrten 2011 war, sondern weil er seit 20 Jahren Austragungsort des Großen Preises von Spanien ist. Seit jeher wird der Circuit de Catalunya wegen des guten Klimas und der Lage als Testkurs genützt und auch die Streckencharakteristik ist mit ihrer Kombination schneller, mittelschneller und langsamer Kurven ideal zur ausgiebigen Erprobung des Materials.

Die Pirelli-Reifen bereiten Sebastian Vettel Kopfschmerzen und bremsen den Red-Bull-Piloten noch zu sehr ein, Foto: Sutton
Die Pirelli-Reifen bereiten Sebastian Vettel Kopfschmerzen und bremsen den Red-Bull-Piloten noch zu sehr ein, Foto: Sutton

Mit den technischen Neuerungen des Jahres 2011, wie dem verstellbaren Heckflügel oder KERS haben die Teams ohnehin zu kämpfen. Das Hauptaugenmerk in Spanien liegt aber wohl wieder auf den neuen Pirelli-Reifen. Die Italiener evaluieren ständig alle Optionen und modifizieren die Pneus nach dem Feedback der Fahrer fortlaufend. Rund läuft es daher aber noch lange nicht. In Barcelona gibt es folgendes Problem: Während in Spanien noch eher kühle Temperaturen herrschen, wird der Auftakt in Australien eine heiße Angelegenheit für das schwarze Gold. Ende März herrschen in Melbourne zwischen 25 und 30 Grad.

Nun fehlen dem italienischen Traditionsunternehmen nach der Bahrain-Absage schlichtweg die Möglichkeiten, um in der Hitze zu testen. "Die Reifen mögen es nicht, wenn es zu kalt ist. Dann fangen sie an zu rutschen", erklärte unlängst Pirelli-Motorsport-Direktor Paul Hembery. Auch Lewis Hamilton war unzufrieden. Er gab an, man müsse zu behutsam mit dem Gummi umgehen, damit dieser überhaupt etwas länger halten würde. "Man fährt wie auf einer Out-Lap - sehr langsam und nicht besonders aufregend. Es hat sich wirklich nicht so angefühlt, als würde man ein Rennen fahren", so der Brite kritisch. Ob die Tests noch Verbesserung bringen, bleibt folglich abzuwarten. Reifen-Monopolist Pirelli reist in jedem Fall aber mit 1.680 Pneus nach Spanien, womit jedem Team ab Dienstag 35 Reifensätze zur Verfügung stehen.

Anzahl der Boxenstopps nicht klar

Die neuen Pneus gelten 2011 als Schlüssel für eine erfolgreiche Saison, doch die Umstellung auf Pirelli stellt eine große Veränderung für die Fahrer dar. Eine Maßnahme, die bislang nicht bei allen Piloten auf Zustimmung stößt: "Das Problem ist, dass der Reifen zu schnell abbaut. Er hält zwischen zehn und 16 oder 17 Runden, und dann ist er kaputt und zerschossen, da kann der Fahrer machen, was er will", erklärte Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel. "Das Fahrgefühl ist ein anderes, und das ist für uns schade", meinte der Deutsche. Niemand kann exakt vorhersagen, wie lange die Reifen im Albert Park schließlich halten werden. Vettel selbst rechnet daher sogar mit bis zu vier Boxenstopps im Rennen.

Zum letzten Test bringen die Italiener trotz der Masse der Reifen nur die harte und die weiche Variante mit. Pirelli-Reifen-Chef Paul Hembery erklärte, dass er davon ausgehe, dass die Teams sich auf Long-Runs und Rennsimulationen konzentrieren würden. Er selbst geht anders als Vettel von nur zwei bis drei Reifenwechseln im Grand Prix aus. "Wir hoffen auch ganz einfach auf wärmere Bedingungen bei diesen Testfahrten, auch wenn es unrealistisch ist, dass es so heiß wird wie beim Saisonstart in Australien", meinte Hembery zuversichtlich. Besonders die Vorderreifen machen bisher Probleme und kommen nicht schnell genug auf Temperatur. Die Teams versuchen nun bereits die schwierige Situation über das Set-Up zu lösen.

Welcher Fahrer dabei wann genau zum Einsatz kommt, ist noch nicht in allen Fällen bekannt. Fest steht aber beispielsweise, dass Sebastian Vettel planmäßig am Mittwoch und Freitag fährt. Bei Ferrari beginnt Felipe Massa, ehe am Freitag und Samstag Doppelweltmeister Fernando Alonso den Boliden aus Maranello übernimmt. Eine andere Herangehensweise pflegt man bei Mercedes. "Nico fährt den MGP W02 am Mittwoch und Samstag, Michael ist am Donnerstag und Freitag im Einsatz", enthüllte Mercedes-Teamchef Ross Brawn. Die anhaltenden Probleme bei den Stuttgartern wollte er nicht überbewerten. "Wir wollten von Anfang an ein Auto vorstellen, das eine Grundversion darstellte, so dass wir uns mehr auf das Upgrade-Paket konzentrieren konnten", beruhigte der Brite die Fans.

"Diese Vorgehensweise bedeutet aber auch unvermeidlich, dass wir weiter weg von der Spitze erscheinen, als es tatsächlich der Fall ist. Da ich alle Fakten kenne, bin ich mit unserer aktuellen Position und angesichts der anstehenden Entwicklungen zufrieden", erklärte Brawn. "Es ist noch zu früh, um das zu sagen, aber ich bin überzeugt, dass wir nach dem letzten Barcelona-Test mehr wissen werden. Wir haben eine sehr gute Basis, auf der wir aufbauen können. Unser Team entwickelt sich sehr gut weiter und der Silberpfeil liegt im Plan", zeigte sich der Teamchef zuversichtlich.

Gibt es den neuen HRT in Barcelona endlich live und auf der Strecke zu sehen?, Foto: HRT
Gibt es den neuen HRT in Barcelona endlich live und auf der Strecke zu sehen?, Foto: HRT

Interessant und aufregend wird es auch weiter hinten im Feld. Nico Hülkenberg darf erstmals im neuen Force India Platz nehmen und sich gewissenhaft auf seine Rolle als Freitagsfahrer bei den Indern vorbereiten. Bei den meisten anderen Teams kommen jedoch aus logischen Gründen nur die Stammpiloten zum Einsatz, da nun jeder Erfahrungswert zählt.

Gegen den Trend setzt lediglich Lotus. So dürfen sich beim Team von Tony Fernandes zwei junge Wilde über Einsatzzeiten in Barcelona freuen. Luis Razia und Davide Valsecchi teilen sich am Vormittag des ersten Testtages in Barcelona das Cockpit des Lotus T128, bevor wieder Stammpilot Jarno Trulli übernimmt. Sowohl Razia, als auch Valsecchi saßen vergangenes Jahr beim Nachwuchs-Test in Abu Dhabi erstmals in einem Formel-1-Boliden - damals noch für Virgin, respektive HRT. Letztere halten sich über ihr Programm in Katalonien im Übrigen noch sehr bedeckt. Es wird aber von allen im Fahrerlager erwartet, dass sich die Spanier beim Heimtest erstmals mit dem neuen Auto auf die Strecke wagen und der F111 in Barcelona sein Debüt feiert.