Die Testfahrten in Jerez haben ein Kuriosum nach dem anderen hervorgebracht. Im Zuge der angedichteten Mercedes-Krise schnappte sich Michael Schumacher am zweiten Tag die Bestzeit. Dem folgte Nick Heidfeld, der sich bei seiner Rückkehr in der Formel 1 mit dem Lotus Renault gleich mal an die Spitze setzte.

Der vierte und abschließende Tag machte keine Ausnahme: Rubens Barrichello pilotierte seinen Williams nach ganz oben. Kein Konkurrent konnte die schnellste Runde des F1-Veteranen unterbieten: 1:19,832 Minuten benötigte Rubinho für seine schnellste Runde auf dem Circuito de Jerez. Dabei war er komplett ohne KERS unterwegs - wie viel Gewicht sein Bolide drauf hatte, wollte das Team natürlich nicht verraten. Sicher ist: Barrichello knackte als einziger aller Piloten die 1,20er-Marke und fuhr am Sonntag mit 25 Runden den längsten Stint.

Dabei hatte gerade das Team von Frank Sir Williams in den vergangenen Tagen einen Rückschlag nach dem anderen erlitten. Kaputte Hydraulik, kein funktionierendes KER-System - die Probleme nahmen keine Ende. So hat Barrichello immerhin für einen versöhnlichen Abschluss aus Sicht der Briten gesorgt, bevor es am Freitag in Barcelona mit den Testfahrten weiter geht.

Regen zum Abschluss

Die Formel 1 verabschiedete sich im Regen aus Jerez. Nach dem sonnigen Wetter und warmen Asphalt an den Vortagen wurde es in Südspanien zum Ende hin merklich kühler. Die Fahrer wurden mit 15 Grad und ordentlichem Wind konfrontiert.

Kamuikaze Kobayashi im Kiesbett , Foto: Sutton
Kamuikaze Kobayashi im Kiesbett , Foto: Sutton

Auf Platz zwei der Zeitentabelle katapultierte sich Kamui Kobayashi. Seine schnellste Runde dauerte 1:20,601 Minuten, war aber eher eine Ausnahme im Vergleich zu seinen kurzen Runs am Vormittag. Nachmittag ging es, wie bei fast allen Teams, mit Longruns weiter. Ganz ohne Zwischenfälle lief die Session des Japaners jedoch nicht ab: Mit seinem Sauber-Boliden rutschte er ins Kiesbett und musste abtransportiert werden. Nach einer kurzen Unterbrechung ging es dann aber weiter.

Ferrari bestätigt seine gute Form

Die gute Form der Scuderia Ferrari bestätigte Fernando Alonso mit der drittschnellsten Zeit des Tages. Der Doppelweltmeister brauchte 1:21,074 Minuten und wurde dabei, wie schon am Vortag, von knapp 50.000 Fans an der Strecke frenetisch bejubelt. Ein solches Massenaufkommen während Testfahrten dürfte Jerez noch nie erlebt haben. Dabei kosteten die Karten zwischen zehn und 20 Euro. Wieder einmal erwies sich Ferrari als Test-Weltmeister, was die abgespulten Runden anging: Alonso umrundete die Strecke am letzten Tag 109 Mal.

Nach den grundsoliden Auftritten von Michael Schumacher klemmte sich zum Abschluss nochmal Nico Rosberg hinters Lenkrad des MGP W02. Was der 25-Jährige am Donnerstag bereits begonnen hatte, führte er am Sonntag nahtlos weiter: Gleich zwei Mal sorgte er für Rote Flaggen und damit verbundene Testunterbrechungen. Probleme führten immer wieder zu ungewollten Boxengassen-Aufenthalten. Am Ende schaffte Rosberg nur 36 Runden und hoffte auf Besserung in Barcelona.

Senna plagt sich mit den Bremsen herum

Etwas überraschend reihte sich Toro-Rosso-Pilot Sebastien Buemi auf dem vierten Platz ein. "Wir haben unseren Plan komplett durchgezogen. Ich beglückwünsche das Team, dass der Wagen den ganzen Tag über gehalten hat. Ich bin zufrieden mit den Tests, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns. Wir müssen weiter an der Standhaftigkeit arbeiten und uns mehr mit der Performance beschäftigen", gab Buemi zu Protokoll.

Bruno Senna sorgte per Dreher für dicke Luft in Jerez, Foto: Sutton
Bruno Senna sorgte per Dreher für dicke Luft in Jerez, Foto: Sutton

Direkt dahinter fuhr Bruno Senna auf Platz sechs. Nach dem Auftritt von Heidfeld durfte der Renault-Ersatzfahrer den R31 zum Abschluss über den Kurs steuern. Allerdings hatte Senna mit Bremsproblemen zu kämpfen und verbrachte deshalb einige Zeit in der Box. Damit ist quasi auch sicher, dass Heidfeld am Montag seinen Vertrag bei den Franzosen unterschreiben wird und das Cockpit von Robert Kubica einnimmt.

Heikki Kovalainen schaffte es auf einen ordentlichen sechsten Platz, obwohl er aufgrund eines Lecks am Wasserkühler pausieren musste. Seine Shortruns bewegten sich im 1,22er-Bereich. Der T128 scheint zu halten, was Team Lotus vorher angekündigt hatte - der Angriff auf die etablierten Teams.

"Die Kombination aus kleinen Problemen am Auto und dem schlechten Wetter hat uns etwas gestört", so Kovalainen: "Trotzdem haben wir einen weiteren Schritt in der Entwicklung getan und auf den letzten Runden gezeigt, dass die Pace des Autos gut ist."

Sebastian Vettel trieb sich eher am unteren Ende der Zeiten herum. Am Ende sprang die achtschnellste Zeit für den amtierenden Weltmeister heraus. Red Bull wird allerdings gut mit den mittelmäßigen Zeiten leben können: Auf dem Testprogramm standen vor allem Longruns mit gut gefülltem Tank. Man konnte förmlich sehen, wie sich die Zeiten mit den gleichen Reifen immer weiter verschlechterten. Im Schnitt absolvierte Vettel 15-Runden-Runs und testete erstmals das KER-System.

Rote Laterne für di Resta

Gleiches gilt für Jenson Button, der sich in der Zeitentabelle direkt hinter Vettel einreihte. Ein Longrun nach dem anderen stand auf dem McLaren-Programm. In Sachen Reifen-Verschleiß verhielt es sich beim MP4-26 wie auch bei Red Bull.

Zwangspause für Jerome d'Ambrosio, Foto: Sutton
Zwangspause für Jerome d'Ambrosio, Foto: Sutton

Jerome d'Ambrosio zeigte sich nach nur 45 absolvierten Runden leicht angesäuert: "Es ist eine Schande, dass ich heute nicht länger fahren konnte. Trotzdem bin ich mit unserer Entwicklung unseres Autos zufrieden." In der Endabrechnung landete der F1-Neuling auf dem vorletzten Platz.

Die Rote Laterne ging zum Abschluss an Paul di Resta. Der Force-India-Pilot war gute drei Sekunden langsamer als Barrichello. Zudem verabschiedete sich der F1-Neuling kurz vor Schluss ins Kiesbett. "Leider konnte ich meinen letzten geplanten Run nicht fahren, weil irgendwas an der Front abgebrochen ist und ich ins Kiesbett gesegelt bin", erklärte der Schotte. "Das war echt schade und das Team muss sich jetzt darum kümmern. Immerhin haben wir uns bei jedem Testlauf verbessert." Bereits am Vortag hatten die Inder mit Bremsen-Problemen zu kämpfen.

Mit den gesammelten Daten verabschiedet sich der Formel-1-Zirkus von Jerez und seinen vollen Tribünen. Am kommenden Freitag geht es in Barcelona weiter.