Fünf Fahrer bei noch fünf ausstehenden Rennen innerhalb von 24 Punkten, das heißt nach dem neuen Punktesystem innerhalb eines einzigen Sieges - so spannend war die Formel-1-WM schon seit ewigen Zeiten nicht mehr. Und fast jedes Mal, wenn man glaubt, nun würden sich vielleicht die ein oder anderen Fahrer ein bisschen absetzen, kehrt sich beim nächsten Rennen alles wieder um.

Nach Spa galten Hamilton und Webber als die Favoriten, Button und Alonso waren schon fast abgeschrieben - jetzt trumpften genau diese beiden in Monza auf und brachten sich genau wie Sebastian Vettel wieder in eine deutlich bessere Ausgangsposition, während die Führenden patzten.

Vettel als heimlicher Sieger

Sebastian Vettel liegt wieder auf Kurs, Foto: Sutton
Sebastian Vettel liegt wieder auf Kurs, Foto: Sutton

Acht Mal gab es in dieser Saison bereits einen Führungswechsel, fünf Fahrer lagen bereits an der WM-Spitze: Webber, Hamilton, Button, Alonso und auch Felipe Massa - nur Sebastian Vettel noch nicht. "Aber entscheidend ist, wer am Ende vorne ist", lacht der - und hofft natürlich, es selbst zu sein.

Das unglaublich starke Rennen von Monza, mit den Superzeiten in den letzten Runden trotz abgefahrener Reifen und dem nervenstarken Poker mit dem Reifenwechsel in der letzten Runde gaben dem Heppenheimer sichtlich neues Selbstvertrauen - auch wenn er immer versucht hatte, die zum Teil auch unfaire Kritik nach den beiden letzten Rennen an sich abperlen zu lassen.

Vettel lief am Abend strahlend wie ein Sieger durch das Fahrerlager - während Teamkollege Webber nach seinem sechsten Platz vor allem durch Schimpfen über Nico Hülkenberg und allgemein schlechte Laune und Frust auffiel.

Hamilton schadet sich selbst

Lewis Hamilton kegelte sich mit seinem unnötigen Fehler am Start, als er versuchte, mit einem Gewaltmanöver an Felipe Massa vorbeizukommen, dabei am Ferrari hängenblieb und mit gebrochener Aufhängung ins Kiesbett rodelte, selbst aus der Favoritenposition. Vor allem, weil die kommenden fünf Strecken, auf denen wieder mehr Kurven als reine Höchstgeschwindigkeit auf der Geraden zählen, eher Red Bull als McLaren entgegenkommen. Der Weltmeister von 2008 war dementsprechend ziemlich geknickt.

"Solche Fehler können eine Weltmeisterschaft entscheiden", ärgerte er sich. Nur McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh, der in Spa noch heftig über Vettels angebliche "Anfängerfehler" hergezogen war, nahm nun Hamilton in Schutz: "Das war ein Rennunfall", versuchte er seinen Starfahrer zu entschuldigen - und erntete entsprechende Reaktionen. Christian Danner sagte sarkastisch: "Bevor Whitmarsh über die Fahrer der Konkurrenz lästert, was in einem WM-Endkampf aus psychologischen Aspekten zwar verständlich ist, sollte er vielleicht erst einmal mit seinen eigenen ein deutliches Wörtchen reden."

Spannungsgarantie bis zum Finale

Ferrari wähnt sich wieder zurück im Titelkampf, Foto: Sutton
Ferrari wähnt sich wieder zurück im Titelkampf, Foto: Sutton

Für Ferrari und Fernando Alonso war der Sieg und die Rückkehr in den Titelkampf vor heimischem Publikum natürlich Balsam auf die Seele, doch Teamchef Stefano Domenicali stieg trotzdem erst einmal ein bisschen auf die Euphoriebremse. Der Sieg sei sehr wichtig gewesen für die Motivation im Team, trotzdem müsse man cool bleiben. "Schon in Singapur erwarte ich den Konter von Red Bull: Sie werden dort sehr, sehr stark sein. Hoffentlich hilft uns unser Update, die Performance zu halten, aber wichtig ist die Konstanz und dass wir nicht aufgeben."

Niki Lauda analysierte: "Bei Red Bull hat man alles richtig gemacht, Schadensbegrenzung betrieben. Und auch Ferrari war hier perfekt. Aber wenn Lewis weiter solche Blödheiten macht, schmeißt er seine Chance weg. Für uns Zuschauer war das freilich super, dadurch sind alle aufgerückt und es wird immer interessanter."

Die Experten freuen sich schon auf ein Super-Finale: "Das wäre doch eine Riesenshow, wenn wir mit noch fünf Titelkandidaten nach Abu Dhabi zum letzten Rennen kommen", findet Danner. "Das Beste, was der Formel 1 passieren kann." Marc Surer widerspricht ihm da allerdings ein bisschen: "Dann kann es sehr leicht einen Zufallsweltmeister geben. Das finde ich nicht so gut. Ich glaube aber auch nicht, dass es ganz so kommt. Es werden sich vorher schon noch zwei oder drei ein bisschen absetzen. Aber eines ist sicher: Diese letzten Rennen werden garantiert super spannend."