Experten und Fans fragen sich seit dem Beginn der DTM-Saison 2025 ungläubig: Was ist nur bei Abt Sportsline los? Das historisch erfolgreichste Team in der aktuellen Startaufstellung krebst seit dem Auftakt in Oschersleben auf den hinteren Plätzen herum. Mit Ausnahme eines einzigen Podestplatzes durch Nicki Thiim, herrschten Pleiten, Pech und Pannen bei den Äbten vor. Das erste DTM-Jahr mit Lamborghini nach dem Audi-Abschied dürfte sich der Rennstall aus Kempten ganz anders vorgestellt haben.

Nach der katastrophalen ersten Saisonhalbzeit wollte die erfahrene Abt-Mannschaft die Sommerpause nutzen, um beim Start in die zweite Jahreshälfte auf dem Nürburgring die Trendwende zu schaffen. Dieser Plan ging gehörig schief und kostete weitere Nerven.

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Exemplarisch: Thiim rutscht auf Bortolottis Ölspur aus

Exemplarisch für den bisherigen Saisonverlauf des amtierenden DTM-Champions und Abt-Neuzugangs Mirko Bortolotti: Im Samstagsrennen führte eine Kollision mit Rene Rasts BMW zu einem zerstörten Ölkühler, der einen bitteren Motorenschaden an Bortolottis Lamborghini Huracan GT3 Evo2 nach sich zog. Das Abt-Team musste über Nacht ein Austauschaggregat aus Kempten herankarren. Am Sonntag streikte dann die Lenkung als Spätfolge der Rast-Kollision, was Bortolotti auf dem 20. Startplatz zurückließ (P14 im Sonntagsrennen).

Ebenso passend zur Abt-Situation war diese Slapstick-Einlage: Am Samstag rutschte Teamkollege Thiim auf dem Weg zu einem Top-10-Finish ausgerechnet auf der Ölspur aus, die Bortolotti auf der Strecke hinterlassen hatte. "Leider haben wir immer noch mit denselben Problemen an meinem Auto zu kämpfen, die zwar eindeutig auf den Daten ersichtlich sind, aber bis dato leider nicht behoben werden konnten", lautete Bortolottis ernüchterndes Fazit zum Nürburgring-Wochenende.

Mirko Bortolotti mit Abt-Lamborghini bei der DTM
Abt-geschleppt: Bortolottis Lamborghini hängt am Haken, Foto: IMAGO/Manngold

Abt Sportsline: Schlechtester DTM-Start seit 26 Jahren

Man mag es kaum glauben: Bortolotti und Thiim belegen in der DTM-Tabelle nur die Plätze zwölf und 17! Abt Sportsline liegt in der Team-Wertung an siebter Stelle, komplett abgeschlagen mit 144 Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Manthey-Porsche. Einen möglichen Titelgewinn hatte Abt-Motorsportdirektor Martin Tomczyk schon am Norisring-Wochenende abgeschrieben.

Das Gesamtbild ist aber noch dramatischer: Abt Sportsline erlebt den schlechtesten Start in eine DTM-Saison seit 26 (sechsundzwanzig) Jahren! Nur ein einziges Mal waren die Abt-Piloten nach den ersten fünf Rennen bzw. Rennwochenenden noch schlechter in der Meisterschaft platziert - in der Saison 2000, beim DTM-Debüt der Kemptener mit dem privaten Abt-Audi TT-R. Damals hatten die rotierenden Abt-Kutscher Laurent Aiello, James Thompson, Christian Abt, Kris Nissen und Roland Asch nach den ersten fünf Rennwochenenden (10 Rennen) allesamt null Punkte auf dem Konto.

Der Franzose Aiello erlöste die DTM-Neueinsteiger erst beim sechsten Event in Oschersleben mit Platz fünf, was das beste Resultat in jener Saison bleiben sollte. Der Rest ist Abt-Geschichte: Bereits 2002 führte Monsieur Aiello den dank technischer Zugeständnisse erstarkten Audi TT-R zum Meisterschaftsgewinn. 2004 stieg Audi dann mit voller Werksunterstützung bei den Äbten ein und setzte die Erfolgs-Story fort: vier weitere Fahrer-Titel und der Gewinn von fünf Team-Meisterschaften, inklusive der Titel-Triple in den Jahren 2007, 2008 und 2009.

Abt Sportsline startete 2000 mit 0 Punkten ins DTM-Abenteuer, Foto: Abt Sportsline
Abt Sportsline startete 2000 mit 0 Punkten ins DTM-Abenteuer, Foto: Abt Sportsline

Abt Sportsline: 26 Jahre DTM - 17 Mal Chancen auf den Titel

Saisonstarts wie 2000 und 2025 bilden komplette Ausnahmen in der Erfolgsgeschichte der Äbte, wie die Bilanz eindrucksvoll beweist: In 26 Jahren DTM-Zugehörigkeit stand nach den ersten fünf Rennen/Rennwochenenden achtmal ein Abt-Fahrer auf dem ersten Tabellenplatz. Fünfmal sprang dabei der Titelgewinn am Saisonende herum: 2002 mit Aiello, 2004 und 2007 durch Mattias Ekström sowie 2008 und 2009 dank Timo Scheider.

Ähnlich eindrucksvoll und ein weiterer Beleg für die Abt-Konstanz in der DTM über die Jahrzehnte hinweg: In bisher 26 Jahren lag nach dem fünften Saison-Event 17 Mal mindestens ein Abt-Fahrer in den Top-3 der Meisterschaft. In der seit 2021 bestehenden GT3-Ära gelang das Kelvin van der Linde (2021), Ricardo Feller (2023) sowie erneut dem Deutsch-Südafrikaner van der Linde, der 2024 knapp am ersten Abt-Titelgewinn seit 2009 vorbeischrammte. Daran konnten die Neuzugänge Bortolotti und Thiim in Folge des Markenwechsels nicht ansatzweise anknüpfen.

Seltenheitswert: Als es für die Äbte nicht lief in der DTM

Die laufende Saison ist in der jüngeren Historie der DTM aber nicht die erste, in der die Äbte nichts in Rollen kommen. 2013 belegte Ekström nach fünf Events als bestplatzierter Abt-Pilot nur den elften Platz - inklusive des verlorenen Sieges am Norisring wegen der Wasserflaschen-Affäre. Der Schwede rettete sich am Saisonende auf den siebten Platz, während Scheider (P10), Jamie Green (P11) und Adrien Tambay (P14) meist hinterherfuhren. Den Titel holte Mike Rockenfeller im Phoenix-Audi.

2018 lief es ähnlich schlecht für Abt-Sportsline. In einer Saison, in der die Audi nach einer Aero-Regeländerung kaum konkurrenzfähig waren und nur Rene Rast im Rosberg-Auto nach epischem Finish (sechs Siege in Folge) um den Titel kämpfte, waren die Äbte chancenlos: Nico Müller belegte nach dem fünften Rennwochenende nur Platz zwölf, Teamkollege Robin Frijns lag auf P15 in der Tabelle. Müller, der das schwere Erbe von DTM-Star Ekström antreten musste, wurde am Ende Zehnter, Frijns 13.

Ob sich die Äbte diesmal aus ihrer misslichen Lage befreien können? Am kommenden Sonntag besteht bei einem Kollektiv-Test des ADAC auf dem Sachsenring eine weitere Gelegenheit, um die Probleme anzugehen. Nur ein Wochenende später wartet an gleicher Stelle das sechste von acht Rennwochenenden. Bortolotti gewann 2023 beim Sachsenring-Comeback ein Rennen im SSR-Lamborghini - reist diesmal aber mit einer 5-Platz-Gridstrafe an, weil er am Nürburgring seine dritte Verwarnung kassiert hatte. Es passt irgendwie zur aktuellen Situation...