Die Schubert-Motorsport-Mannschaft war perfekt vorbereitet, aber sie hatte auch ausreichend Vorlauf gehabt. Als Rene Rast am Freitagabend beim vorgezogenen Qualifying in Zandvoort die Pole Position erobert hatte, wurden flugs die speziell angefertigten T-Shirts ausgepackt, die das Team seit rund einem Jahr von Rennwochenende zu Rennwochenende vergebens mit sich herumgeschleppt hatte.

Auf den himmelblauen Shirts stand zu lesen: 'DTM Pole Record', dazu aufgedruckte Bilder von Rasts BMW M4 GT3 neben der silbernen 2008er AMG-Mercedes C-Klasse von Bernd Schneider, dem Rekordmeister der deutschen Traditionsserie. Die Nummer 26 auf Rasts Seite, die 25 bei Schneider, was kurzum bedeutet: Wachablösung in der über 40-jährigen Geschichte der DTM!

Kein DTM-Rekord für die Ewigkeit

Rast ist es mit seiner 26. Pole Position gelungen, Mercedes-Ikone Schneider in der ewigen Qualifying-Tabelle von der Spitze zu verdrängen. "Wenn mir das irgendjemand bei meiner DTM-Premiere 2016 vorhergesagt hätte, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Das war doch eigentlich ein Rekord für die Ewigkeit", jubelte Rekordmann Rast im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Schon am 24. September 2023 hatte Rast dank seiner Pole in Spielberg mit 'Mister DTM' gleichgezogen. Es sollten aber geschlagene 621 Tage vergehen, bis der BMW-Fahrer den vermeintlichen Allzeit-Rekord von Schneider übertrumpfte. Auf dem Formel-1-Kurs im niederländischen Zandvoort war es dann soweit, als Rast mit einer späten Fabelrunde und 0,275 Sekunden Vorsprung vor Jack Aitken den ersten Startplatz eroberte - und sich einmal mehr in den Geschichtsbüchern der DTM verewigte.

Rene Rast beim DTM-Rennen in Zandvoort
Die T-Shirts lagen längst parat: Rene Rast mit seiner Schubert-Crew, Foto: IMAGO/Eibner

Rene Rasts Pole-Rekord: Ausgerechnet in Zandvoort

"Es ist verrückt, dass das ausgerechnet hier in Zandvoort passiert ist, wo ich 2016 einen Tag nach dem Geburtstag meiner heutigen Frau Diana mein allererstes DTM-Rennen gefahren bin", erinnerte sich Rast an sein höchst kurioses und kurzfristiges Debüt zurück, das zum Gewinn von drei Meisterschaften führen sollte. "Am Sonntag stehe ich dann fast neun Jahre später wieder auf dem besten Startplatz."

Rast benötigte 127 Qualifyings für seine 26 Pole Positions, was einer überragenden Erfolgsquote von 20,5 Prozent entspricht. Schneider ging zwischen 1986 und 2008 bei 236 DTM-, ITC- und Einladungs-Rennen an den Start. Seine letzte Pole eroberte der fünfmalige Meister 2008 beim drittletzten Saisonlauf in Barcelona, bevor er sich zum Ende jenes Jahres aus der DTM verabschiedete.

Schneider sagte zu Motorsport-Magazin.com: "Ich habe Rene dazu persönlich gratuliert. Es war mir eigentlich immer klar, dass er derjenige ist, der diese Bestmarke knacken würde." Warum? "Weil wir früher nur ein Rennen und demzufolge auch nur ein Qualifying hatten, heute sind es zwei Qualifikationen, womit sich die Möglichkeit erhöht, auch mehr Poles zu erzielen. Von daher war mir immer klar, dass Rene eines Tages auch meinen Pole-Rekord brechen würde."

Rast wusste die besondere Geste seiner Schubert-Mannschaft zu schätzen - Rekorde in der DTM angesichts ihrer jahrzehntelangen Historie heute noch zu brechen, gilt als absolute Seltenheit. Der 38-Jährige: "Dass mein Team auf diesen besonderen Moment vorbereitet war, hat mich total überrascht. Ich wusste nichts davon, habe nur gehört, dass die T-Shirts schon längere Zeit in einem unserer Trucks lagerten, angeblich ab Nürburgring im letzten Jahr."

Polesetter Rene Rast (Schubert Motorspor
Rene Rast löst Bernd Schneider in der Alltime-Qualifying-Rangliste ab, Foto: DTM

Teamchef Torsten Schubert: Ein Dank an Audi

Dazu sei angemerkt: Rast errang in Zandvoort erst seine dritte Pole Position in einem BMW. Die 23 Poles zuvor hatte er zwischen 2017 und 2022 allesamt auf Audi geholt, bevor er sich für den Wechsel zum Autobauer aus München entschloss. "Wir sollten nicht vergessen, dass Rene den größten Teil seiner Pole Positions mit Audi erzielt hat. Insofern gilt auch denen ein Dank, dass wir jetzt etwas zu feiern haben", wusste Schubert-BMW-Chef Torsten Schubert im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com einzuordnen.

Abseits jeglicher Rekordfahrten freute sich Schubert vor allem über das starke Abschneiden im Qualifying - der ausgemachten Achillesferse des BMW M4 GT3 in Kombination mit ungeheizten Pirelli-Slickreifen. In Zahlen ausgedrückt: Rast und Teamkollege Marco Wittmann holten in den bisherigen sechs Qualifyings schon mehr Zusatz-Punkte (6) als in der gesamten Saison 2024, als das BMW-Kundenteam sogar drei Autos einsetzte.

"Um die Performance auszuloten, haben wir beide Autos mit unterschiedlichen Luftdrücken auf die Strecke geschickt - und bei Rene hat das perfekt gepasst", sagte Schubert. "Er hat mit seiner wirklich guten Ausgangsposition hat er auch gute Chancen, das Rennen zu gewinnen, weil wir auch noch relativ gute gebrauchte Reifen zur Verfügung haben."

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Rene Rast: Knackt er auch noch Schneiders Sieg-Rekord?

Auch Wittmanns dritter Platz im Qualifying vor seinem 200. DTM-Rennstart verlieh Schubert Zuversicht: "Bei Marco war die Performance auch gut, allerdings war bei ihm der Luftdruck zu Beginn des Qualifyings nicht perfekt. Wir wissen aber, wie er sich im Rennen zu steigern weiß. Deshalb liegt sogar ein Doppelpodium im Bereich des Möglichen."

Gewinnt Rast den Sonntags-Lauf in Zandvoort nach seinem Ausfall am Samstag, wäre es sein 29. Sieg in der DTM. Der letzte datiert auf den 29. September 2024 in Spielberg. Um auch in dieser Kategorie neuer Rekordhalter zu werden, fehlt noch ein gutes Stück: Schneider führt diese Liste mit 43 Allzeit-Siegen vor Tourenwagen-Ikone Klaus Ludwig (37 Siege) und Rast an.