Es sind turbulente Zeiten beim DTM-Topteam SSR Performance. Der Rennstall aus München kann sich vor dem Saisonfinale in Hockenheim (18.-20. Oktober) die besten Chancen auf den Gewinn der Meisterschaft ausrechnen. Lamborghini-Ausnahmekönner Mirko Bortolotti führt die DTM-Tabelle mit 15 Punkten Vorsprung auf Kelvin van der Linde (Abt-Audi) an und gilt nach seinem Samstags-Sieg sowie der Pole Position am Sonntag in Spielberg unter Experten als klarer Titelfavorit.

Von Bortolottis Gelingen könnte noch einiges mehr abhängen als 'nur' der Gewinn des großen Pokals. Nichts weniger als die Zukunft von SSR-Lamborghini in der DTM könnte mit dem Ausgang der Meisterschaft verbunden sein. Das machte der ambitionierte Teambesitzer Stefan Schlund am Wochenende im exklusiven Gespräch mit Motorsport-Magazin.com klar und ließ damit aufhorchen.

SSR-Boss: DTM-Zukunft abhängig vom Ausgang des Titelrennens

"Die DTM 2025 ist für uns eine Option, die allerdings abhängig vom Ausgang des diesjährigen Titelrennens ist", sagte Schlund. "Diese Entscheidung liegt einzig und allein bei mir und ist abhängig von mehreren Faktoren, über die ich momentan aber noch nicht sprechen kann."

Der Teameigner des Automobil-Veredlers aus München ist im Motorsport bekannt für konsequente und teils überraschende Entscheidungen. Als sich andeutete, dass 2023 mit Manthey das langjährige Werksteam von Porsche in die DTM einsteigen würde, veranlasste das allein Schlund zum Team-Markenwechsel von seinen Neunelfern auf Lamborghini. Gegen die später siegreiche Manthey-Mannschaft sah Schlund mit gleichem Material keine Chance, auf Augenhöhe um den DTM-Titel kämpfen zu können.

DTM, Stefan Schlund, SSR Performance, Lamborghini
SSR Performance-Besitzer Stefan Schlund, Foto: Gruppe C Photography

Stefan Schlund: "Wir sprechen auch mit anderen Herstellern"

Bei Lamborghini erhielt SSR Performance auf Anhieb eine Werksunterstützung. Szenekenner urteilten, dass die Truppe schon vergangenes Jahr in der 'Kundensportserie' DTM auf dem Niveau eines Werkseinsatzes agierte. Der große Aufwand rund um Testfahrten, Engineering und einen blitzsauberen Auftritt im Fahrerlager führte schließlich zum Gewinn der Vize-Meisterschaft durch Bortolotti. Der in Wien lebende Italiener steckt dieses Jahr zum bereits dritten Mal mitten im Titel-Fight.

Schlund deutete an, dass sich in Zukunft unter Umständen einiges beim Team ändern könnte: "Wir sprechen nicht nur mit Lamborghini, sondern auch noch mit anderen Herstellern." Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com soll es unter anderem mit der nahe des Teamsitzes beheimateten Marke BMW einen Austausch geben. Mit dem Porsche-Team Herberth Motorsport ging SSR dieses Jahr in einem Joint-Venture beim 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps mit den Porsche-Werksfahrern Mathieu Jaminet, Matt Campbell und Fred Makowiecki an den Start.

DTM, SSR Performance, Werkstatt, München
SSR Performance aus München veredelt abseits der Rennstrecke Luxusautos, Foto: SSR Performance

SSR versichert: Abt-Wechsel zu Lamborghini spielt keine Rolle

Dass die Zukunft von SSR Performance mit dem jüngst bekanntgegebenen Wechsel von Abt Sportsline von Audi zu Lamborghini zusammenhängen und sich das 'Manthey-Szenario' deshalb wiederholen könnte, verneinte Schlund auf Nachfrage: "Nein, auf keinen Fall. Diesen Vergleich möchte ich auf keinen Fall ziehen."

Den Abt-Deal mit dem italienischen Autobauer habe Schlund seit längerer Zeit kommen sehen: "Final wissen wir es seit letzter Woche offiziell, weil man uns mitgeteilt hat, dass die Verkündung in Spielberg vollzogen wird. Uns war aber schon seit dem ersten Abt-Einsatz mit Lamborghini beim 24h-Rennen Nürburgring 2023 klar, dass aus dieser Zusammenarbeit mehr werden könnte, auch weil Audi zum fast gleichen Zeitpunkt den Ausstieg aus allen Rennserien außerhalb der Formel 1 öffentlich kommuniziert hat."

Wie geht es für DTM-Titelfavorit Mirko Bortolotti weiter?

Sollte es 2025 in der DTM tatsächlich zu einem Zusammentreffen von SSR und den Äbten mit Lamborghinis kommen, schwingt eine durchaus pikante Frage mit: Wer bekommt GT-Superstar Bortolotti? Es ist bekannt, dass Schlund riesengroße Stücke auf den 34-Jährigen hält und das DTM-Engagement auch an ihn geknüpft hat. Nach dem Gewinn des Vize-Titels war klar, dass Bortolotti dieses Jahr zu einer zweiten Saison mit dem Team antreten würde. Was aber, wenn auch Abt Sportsline bei Lamborghini Interesse anmelden sollte?

Schlund machte kein Geheimnis daraus, dass er Bortolotti im Falle eines DTM-Verbleibs und weiterer Zusammenarbeit mit Lamborghini nur zu gerne behalten würde: "Mirko ist für mich der stärkste und schnellste Fahrer in einem Lamborghini. Mit ihm würden wir die Herausforderung Abt Sportsline gerne annehmen."

Dass die erfolgshungrigen Äbte um Motorsportdirektor Martin Tomczyk ebenso ein Interesse an Bortolotti im eigenen DTM-Cockpit haben könnten, haben wir in dieser exklusiven Story am Wochenende herausgearbeitet:

SSR Performance erwägt Rückkehr ins ADAC GT Masters

Unterdessen hat SSR Performance die Fühler nach Engagements in anderen Rennserien ausgestreckt und seine Ambitionen öffentlich bekundet. Vorstellbar sei etwa eine Rückkehr ins ADAC GT Masters, wo die SSR-Truppe 2020 beim Motorsport-Debüt auf Anhieb mit dem Porsche-Duo Christian Engelhart/Michael Ammermüller die Meisterschaft gewann. Weitere Serien sind denkbar, um Kunden unterschiedlich anspruchsvolle Einsatzmöglichkeiten auf der Rennstrecke bieten zu können.

"Wir wollten ein Statement vor allem für den Kundensport setzen und dieses Engagement auch weiter ausbauen", erklärte Schlund. "Dabei möchten wir auch unser vorhandenes Know-how mit eigenen Ingenieuren nutzen und weitergeben. Konkret bedeutet diese Entscheidung, dass wir uns neben einem möglichen Werksprogramm auch auf anderen Ebenen weiterentwickeln wollen."