BMW ging bei der DTM-Regenschlacht auf dem Nürburgring wortwörtlich baden! Ein völliger Fehlgriff in die Strategie-Schublade sorgte am Sonntag für ein Debakel beim amtierenden Champion Sheldon van der Linde (Schubert-BMW), seinem Teamkollegen Rene Rast sowie dem zweifachen Meister Marco Wittmann (Project-1-BMW).
Die drei DTM-Champions ruderten am Sonntag in der regnerischen Eifel nur zu den Plätzen 15 (Wittmann), 17 (Van der Linde) und 19 (Rast). Kurios: Rookie Sandro Holzem, Wittmanns neuer Teamkollege bei Project 1, erzielte an seinem ersten DTM-Wochenende mit P14 das beste Resultat im Reigen der prominent besetzten BMW-Kundenteams.
Nur BMW pokert mit Slick-Reifen
Während 23 Autos das Sonntagsrennen mit Regenreifen aufnahmen, pokerte Team-Meister Schubert-BMW und schicke van der Linde sowie Rast mit Slick-Reifen auf die nasse Piste der 3,629 Kilometer langen Sprintstrecke. Wittmann machte es kaum besser, als er nach der ersten von zwei Formationsrunden in die Boxengasse abbog und ebenfalls den fatalen Wechsel von Regenreifen auf Pirelli-Slicks vornehmen ließ.
Angesichts der höchst wechselhaften Bedingungen rund um den Nürburgring hätte diese Strategie zum großen Triumph führen können, wenn der Himmel nach dem Rennstart seine Schleusen geschlossen hätte. Und zunächst sah es sogar hoffnungsvoll aus für die drei BMW-Vertreter, die in den ersten Runden zwar zurückfielen, auf leicht abtrocknender Strecke aber teilweise sogar etwas schneller als die Spitze mit ihren Regenreifen fahren konnten.
Der Performance-Unterschied hielt sich jedoch in Grenzen und ein erneuter Schauer nach rund einer Viertelstunde besiegelte jegliche Hoffnungen für van der Linde, Wittmann und Rast. Das Trio musste seine BMW M4 GT3 bis zum Öffnen des Pflichtboxenstopp-Fensters nach der 20. Minute auf der Strecke halten, um dann die Fahrt auf Regenreifen zumindest sicher fortsetzen zu können. Den entstandenen Zeitverlust konnten sie nie wieder aufholen.
Großes Risiko trotz guter Ausgangslage
Während Schubert-BMW in Rasts Fall nach dessen zwölftem Startplatz etwas riskieren konnte, wäre das bei van der Linde und Wittmann eigentlich nicht nötig gewesen. Der Südafrikaner hatte seinen roten BMW M4 hinter Pole-Setter Ricardo Feller auf den zweiten Startplatz geführt. Wittmann hatte sich mit Platz fünf ebenfalls eine aussichtsreiche Ausgangsposition erarbeitet. Ganz anders als am Samstag, wo Rast (P9 auf P20), Wittmann (P10 auf P6) und van der Linde (P16 auf P7) im trockenen Qualifying strauchelten.
"Über unsere falsche Reifenwahl am Sonntag bin ich natürlich enttäuscht, denn der Tag hat mit Platz zwei im Qualifying sehr gut angefangen", sagte van der Linde. "Leider haben wir dann durch unseren Strategiefehler viele Punkte liegen gelassen." Teamkollege Rast zu Motorsport-Magazin.com: "Wir haben sowohl gestern als auch heute leider die falschen Entscheidungen - an denen ich auch beteiligt war - getroffen. Insofern ist es für mich erneut kein gutes Wochenende gewesen."
So erklären die BMW-Teamchefs den Reifen-Patzer
Schubert-Teamchef Torsten Schubert zu Motorsport-Magazin.com: "Ich habe mir das unberechenbare Wetter vom Boxengassendach angeschaut und war davon überzeugt, dass nach dem kurzen Schauer kein neuerlicher Regen kommen würde - zumindest nicht bis zum Öffnen des Boxenstoppfensters. Bei Rene haben wir ganz kurzfristig auf Slicks gewechselt, weshalb unsere beiden M4 reifenmäßig nicht gesplittet waren."
Der erfahrene Teamboss des Oscherslebener Rennstalls weiter: "Die Tatsache, dass es vor allem im ersten Sektor sehr nass war, hat uns bei Rennbeginn auch nicht in die Karten gespielt. Mit immer mehr Wasser auf der Strecke waren wir dann chancenlos. Für uns hätte das Rennen zehn Minuten später beginnen müssen, aber hinterher ist man immer schlauer. Die Eifel hat sich heute und trotz Sommermonat August mal wieder von ihrer besten Seite gezeigt."
Project-1-Chef Hans-Bernd Kamps erklärte gegenüber Motorsport-Magazin.com bezüglich Wittmanns kurzfristiger Reifenänderung: "Die Entscheidung, in den Informationsrunden die Reifen zu wechseln und auf Slicks zu starten, haben wir gemeinsam getroffen. Insofern können wir uns auch keine Vorwürfe machen. Marco hat mit der schnellsten Rennrunde bewiesen, dass wir auf dem richtigen Weg sind - auch mit Sandro Holzem und seinem beachtlichen Gaststart. Ich denke, dass er sich mit seinen Leistungen in den beiden Rennen für weitere DTM-Einsätze empfohlen hat."
Van der Linde verliert auf Preining
In der DTM-Tabelle hat van der Linde mit seinen nur 11 am Nürburgring ergatterten Meisterschaftszählern einen Rückschlag hinnehmen müssen. Der Südafrikaner belegt den zweiten Platz mit 89 Punkten, während der inoffizielle Halbzeit-Meister Thomas Preining (Manthey-Porsche) seinen Vorsprung durch 29 errungene Zähler auf 117 Punkte ausbauen konnte.
Rast ist durch die Nullrunde am Nürburgring mit 54 Punkten auf den neunten Gesamtrang zurückgefallen, wobei der dreifache DTM-Meister das Rennwochenende in Zandvoort wegen einer Terminkollision mit der Formel E (bei McLaren) verpasste. Wittmann belegt den zwölften Tabellenplatz mit bislang 46 Punkten. In zwei Wochen bietet sich auf dem Lausitzring (18.-20. August) eine neue Chance für die BMW-Fraktion.
DTM-Tabelle 2023 nach 8/16 Rennen (Top-10)
Pos. | Fahrer | Team | Punkte |
---|---|---|---|
1 | Thomas Preining | Manthey-Porsche | 117 |
2 | Sheldon van der Linde | Schubert-BMW | 89 |
3 | Mirko Bortolotti | SSR-Lamborghini | 88 |
4 | Ricardo Feller | Abt-Audi | 88 |
5 | Maro Engel | Landgraf-Mercedes | 78 |
6 | Lucas Auer | Winward-Mercedes | 70 |
7 | Franck Perera | SSR-Lamborghini | 66 |
8 | Dennis Olsen | Manthey-Porsche | 63 |
9 | Rene Rast | Schubert-BMW | 54 |
10 | Laurin Heinrich | Bernhard-Porsche | 51 |
diese DTM Nachricht