Sensation beim regnerischen Sonntagsrennen der DTM auf dem Nürburgring: Maximilian Paul (GRT-Lamborghini) feiert den Sieg bei seinem ersten Einsatz in diesem Jahr! Der 23-Jährige lieferte bei schwierigsten Bedingungen eine blitzsaubere Leistung im Lamborghini Huracan GT3 des österreichischen Grasser-Rennstalls ab und triumphierte vor Laurin Heinrich (Bernhard-Porsche) sowie Lucas Auer (Winward-Mercedes).
Paul kam wortwörtlich aus dem Nirgendwo: Der gebürtige Dresdner hatte das achte Saisonrennen vom 13. Startplatz aufgenommen und sich bei Starkregen kontinuierlich durch das Feld der 25 Rennwagen gekämpft. Paul wer?! Er bestritt am Nürburgring seinen ersten Einsatz in dieser Saison als Ersatz für den glücklosen Österreicher Mick Wishofer. Was für ein Coup der GRT-Truppe um Gottfried Grasser. Paul, der bislang im ADAC GT Masters an den Start ging, absolvierte 2021 bereits einen DTM-Gaststart im Lambo des Ex-Teams T3 Motorsport.
DTM 2023: Achter Sieger im achten Rennen
In seinem ersten vierten DTM-Rennen dann gleich der erste Sieg - Paul ist im achten Rennen des Jahres der achte unterschiedliche Sieger. So viele unterschiedliche Rennsieger hatte es nie zuvor in der über 30-jährigen Geschichte der deutschen Traditionsrennserie gegeben. "Hoffentlich kann ich auch bei den nächsten Rennen an den Start gehen", sagte Paul, dessen Zukunft in der DTM offiziell noch nicht bestätigt ist.
Paul weiter: "Ich bin glücklich, dass ich spontan die Gelegenheit bekam, in der DTM zu fahren. Wir hatten heute ein sehr gutes Auto, das Team hat die richtigen Entscheidungen beim Setup getroffen und den Boxenstopp unter Full Course Yellow richtig abgepasst. Das war der Schlüssel zum Erfolg. Nach dem Crash in Kurve 1 war ich in einer guten Position und konnte einige Plätze gutmachen. Zu Beginn konnte ich sehen, wo andere Autos schwächer waren. Ich habe das schnell herausgefunden, konnte andere überholen und war dann in einem guten Rhythmus."
Bei zunehmendem Regen hatte sich Paul bis zu 11. Rennrunde vom 13. Startplatz bereits bis auf die vierte Position nach vorne gekämpft. In der 14. Runde überholte der Lamborghini-Junior David Schumacher (Winward-Mercedes, von Startplatz 3 auf P9) sowie Porsche-Youngster Heinrich innerhalb weniger Kurven und nahm die Verfolgung zu Auer auf, der von Startplatz 4 frühzeitig in Führung gegangen war.
Paul-Sieg hinter dem Safety Car
In der 27. von 35 Runden war es dann soweit: Auer konnte mit seinem Winward-Mercedes die Pace nicht halten und musste Paul ziehen lassen. Das Rennen endete schließlich nach einem Abflug von Arjun Maini (HRT-Mercedes) hinter dem Safety Car. Bis zur Neutralisation hatte Paul einen Vorsprung von knapp sieben Sekunden auf Auer herausgefahren.
Ähnlich sensationell: Laurin Heinrich mit seinem ebenfalls ersten Podesterfolg in der DTM. Der 21-Jährige machte vom elften Startplatz eine Position nach der anderen gut und überholte in der 11. Runde den bis dato Zweitplatzierten Schumacher und dessen Winward-Mercedes. In der Schlussphase kassierte Heinrich dann noch Auer und eroberte den zweiten Platz hinter dem Österreicher, der zum zweiten Mal an diesem Wochenende auf das Podest fuhr.
Heinrich, der amtierende Meister des Porsche Carrera Cup Deutschland: "Als die Full-Course-Yellow kam, wusste ich, dass wir um etwas Großes kämpfen können. Beim Boxenstopp haben wir eine Radmutter verloren, aber wegen der FCY-Phase hat uns das nicht viel Zeit gekostet. Ich brauchte erst recht lange, um die Regenreifen ans Arbeiten zu bekommen. Irgendwann waren sie dann da. Gegen Lucas war es sehr fair in Kurve 5. Er ließ Platz und drückte mich nicht so weg, wie es andere machen."
"Zweimal am Podium, damit kann ich schon zufrieden sein", sagte Auer, der am Samstag seinen ersten Podiumserfolg in der laufenden Saison erzielt hatte. "Heute war es bei den Bedingungen sehr schwer. Beim ersten Stint lief alles perfekt, da konnte ich die Reifen perfekt managen. Doch mit dem zweiten Satz war ich nur am Rutschen, bekam überhaupt keine Temperatur in die Reifen."
Preining baut Führung in DTM-Tabelle aus
Maro Engel (Landgraf-Mercedes) und der Meisterschaftsführende Thomas Preining (Manthey-Porsche) beim Heimspiel des Meuspather Rennstalls belegten die Plätze vier und fünf. Stark: Porsche-Werksfahrer Preining startete nach dem kniffligen Qualifying auf abtrocknender Strecke nur von P16. Der Österreicher konnte seinen Vorsprung in der Gesamtführung auf den Zweitplatzierten Sheldon van der Linde (P17) ausbauen.
Pole-Setter Ricardo Feller (Abt-Audi) konnte die Pace der Spitze in der Anfangsphase nicht halten und musste sich am Ende mit Platz sechs begnügen. Luca Engstler (Engstler-Audi, von P17 gestartet), Thierry Vermeulen (Emil-Frey-Ferrari), David Schumacher (Winward-Mercedes) und Franck Perera (SSR-Lamborghini, von P24 gestartet) komplettierten die Top-10.
Verzockt! Horror-Rennen für BMW-Champions
Ein desaströses Rennen erlebte unterdessen BMW. Rookie Sandro Holzem (Project-1-BMW) war mit Platz 15 noch der bestplatzierte der vier Fahrer eines BMW M4 GT3, erhält als Gaststarter aber keinen Meisterschaftspunkt. Komplett abgeschlagen: Der amtierende DTM-Meister Sheldon van der Linde (P17 von Startplatz 2), sein Schubert-Teamkollege und dreifacher Champion Rene Rast (P19 von Startplatz 12) sowie der zweifache DTM-Meister Marco Wittmann (Project-1-BMW, P16 von Startplatz 5)!
Der Zweitplatzierte van der Linde und Rast hatten beim nassen Start auf Slicks-Reifen gesetzt, Wittmann als Fünftplatzierter in der Startaufstellung wechselte während der Formationsrunde auf die Trocken-Bereifung. Damit hatte er auf Anhieb eine Runde Rückstand Die Risiko-Strategie ging bei zunehmendem Regen für alle BMW-Champions komplett schief.
Kelvin van der Linde (Abt-Audi) erlebte wie sein jüngerer Bruder Sheldon einen rabenschwarzen Tag: Der Südafrikaner, von P10 gestartet, wurde auf dem Weg in Kurve 1 - genau wie am Vortag - herumgedreht und fiel weit zurück. Diesmal war Lambo-Fahrer Perera der Unfallverursacher. Während van der Linde am Samstag eine Aufholjagd bis in die Punkteränge gelang, ging er diesmal mit Platz 20 leer aus. Nicht die Zielflagge sahen AMG-Fahrer Maini nach seinem späten Unfall, Clemens Schmid (GRT-Lamborghini), Patric Niederhauser (Attempto-Audi), Dennis Olsen (Manthey-Porsche) und Alessio Deledda (SSR-Lamborghini), der wie am Samstag in Kurve 1 abflog.
Drama um Samstags-Sieger Bortolotti
Einen dramatischen Sonntag erlebte Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini), der am Samstag seinen ersten Sieg in der DTM gefeiert hatte. Der Lamborghini-Werksfahrer musste das morgendliche Qualifying wegen eines zunächst nicht näher bekannten Technik-Problems abbrechen und landete somit auf dem letzten Platz.
Die Mechaniker des Münchner Rennstalls SSR Performance schraubten bis zum Rennen aufwändig an Bortolottis Lamborghini Huracan GT3 Evo2. "In der Box sah es aus, als ob eine Bombe eingeschlagen wäre", beschrieb der in Wien lebende Italiener die großflächigen Arbeiten am Auto. Bortolotti konnte das Rennen trotz aller Anstrengung des Teams nicht aufnehmen und beobachtete die Action in der SSR-Box.
Die beiden Porsche-Fahrer Christian Engelhart (Toksport-Porsche) und Ayhancan Güven (Bernhard-Porsche) konnten das Sonntagsrennen wegen ihrer schweren Kollision am Samstag ebenfalls nicht aufnehmen. Beide Piloten überstanden den heftigen Crash ohne größere Blessuren, doch die Schwere der Schäden an den beiden 911ern machte einen Start unmöglich. Damit standen 26 statt 28 Fahrer beim Sonntagsrennen in der Startaufstellung.
DTM-Saison 2023: So geht es weiter
Nach der Saisonhalbzeit geht es für die DTM in zwei Wochen weiter mit dem fünften Rennwochenende auf dem Lausitzring (18.-20. August 2023). In der Lausitz bestreitet die deutsche Traditionsserie ihre Saisonrennen Nummer neun und zehn.
DTM Nürburgring: So lief das Rennen am Sonntag
Die Startaufstellung: In einem kniffligen Qualifying mit gemischten Witterungsbedingungen schnappte sich Ricardo Feller seine zweite Saison-Pole. DTM-Meister Sheldon van der Linde komplettierte die erste Startreihe. Jack Aitken verlor den dritten Startplatz nachträglich wegen eines Vergehens während der Rot-Phase - nur P6. Davon profitierte unter anderem David Schumacher, der auf den dritten Rang vorrückte und damit sein bestes Quali-Ergebnis in der DTM erzielte. Lucas Auer, Marco Wittmann, Aitken, Maro Engel und Dennis Olsen komplettierten die Top-8 der Startaufstellung. Der Meisterschaftsführende Thomas Preining kam nicht über P16 hinaus. Drama um Samstags-Sieger Mirko Bortolotti, der wegen eines technischen Problems keine Runde drehen konnte und im Qualifying ganz hinten landete.
Das Wetter: Regen, kein Regen, oder wie viel Regen? Vor dem Rennen herrschte große Unsicherheit über die Wetterbedingungen. Wenige Minuten vor dem Start wurde es hektisch in der Startaufstellung, als die Teams von Slicks auf Regenreifen wechselten. Bei unsteten Vorhersagen entschied die Rennleitung, zwei Formationsrunden zu absolvieren, um das Wetter besser einschätzen zu können. Nach der ersten Formation Lap bog Marco Wittmann von Startplatz 5 in die Boxengasse ab und wechselte von Regenreifen auf Slicks. Sheldon van der Linde und Schubert-Teamkollege Rene Rast hatten den Start auf Slicks riskiert und wurden durchgereicht auf der nassen Strecke. In der Folge nahm der Regen über dem Eifel-Kurs konstant zu.
Der Start:Während Sheldon van der Linde bei leichtem Regen wie Teamkollege Rene Rast auf Slicks setzte, starteten viele das Rennen bereits auf Regenreifen. So auch Pole-Mann Ricardo Feller oder David Schumacher. Marco Wittmann riskierte seinen fünften Startplatz und fuhr nach der ersten Aufwärmrunde ebenfalls für Slicks an die Box. Der Poker ging aber nicht auf, Sheldon van der Linde wurde nach dem Start weit zurückgereicht, während sich Ricardo Feller an der Spitzer behaupten konnte. David Schumacher fuhr auf den zweiten Rang vor, Auer auf den dritten. Weiter hinten kam es zur Berührung zwischen Denis Olsen und Kelvin van der Linde, der sich wegdrehte und viele Positionen verlor.
Die erste Rennhälfte:Bei den wechselhaften Bedingungen sahen die Fahrer auf Slicks zunächst wie Verlierer aus. Sheldon van der Linde fiel in seinem Schubert-BMW auf den 17. Rang zurück. Nach einigen Minuten schien sich das Blatt zunächst aber leicht zu drehen. Der Regen wurde nicht stärker – im Gegenteil: Sheldon van der Linde fuhr zunehmend schneller als die Spitze. Dort saugte sich Auer an Schumacher heran und ging so nach nur wenigen Runden an seinem Winward-Mercedes-Teamkollegen vorbei. Wenig später folgte die Attacke auf den Führenden Ricardo Feller, der kurz darauf auch Schumacher und Heinemann passieren lassen musste. Der Regen wurde plötzlich deutlich stärker und die Bedingungen für alle Slicks-Fahrer fast unfahrbar. Unterdessen fuhr Jack Aitken plötzlich in die Auslaufzone und machte dort kurz halt, ehe er wieder weiterfuhr.
Tim Heinemann schnappte sich bei 43 noch zu fahrenden Minuten den zweiten Platz von Schumacher. Nach 20 Minuten wurde das Boxenstopp-Fenster geöffnet, Ricardo Feller nutzte dies und fuhr sofort für einen neuen Satz Regenreifen an die Box. Auch Sheldon van der Linde kam an die Box, um nach dem Strategie-Fauxpas auf Regenreifen zu wechseln. Sinnbildlich: Nach 25 Minuten setzte Lucas Auer beim Schubert-BMW von van der Linde zur Überrundung an. David Schumacher, der aus den Podestplätzen gefallen war, bog nun ebenfalls für einen neuen Satz Reifen in die Boxengasse ab, der Stopp des 21-Jährigen lief aber nicht ganz optimal. Luca Stolz bekam für en Boxenstopp-Vergehen eine Penalty Lap aufgebrummt, da ein Mechaniker die Reifen komplett abgelegt hatte.
Der weitere Rennverlauf:Lucas Auer fuhr mit der Führung in der Hand in die zweite Rennhälfte, bekam nun aber Druck vom 23-jährigen Maximilian Paul, der bei nassen Bedingungen allerdings einen Fehler einbaute und wieder ein paar Positionen verlor. Thomas Preining, der sich von Startplatz 16 in die Spitzenpositionen vorgearbeitet hatte, bekam in dieser Phase des Rennens eine Verwarnung ausgesprochen, da er Jusuf Owega abgedrängt hatte. Die Folge war auch eine lose Stoßstange beim Grello-Porsche, die durch den Fahrtwind aber am Auto gehalten wurde. Zum Ende der Boxenstopp-Fensters rutschte Alessio Deledda in Kurve 1 plötzlich von der Strecke und blieb im Kiesbett stecken. Die Rennleitung stellten in der Folge auf Full Course Yellow. Lucas Auer, Maximilian Paul und Co., die bisher noch nicht ihren Stopp absolviert hatten, nutzten dies, um sich neue Reifen abzuholen.
Eine einfache Fahrt war das für Lucas Auer aber nicht. Grasser-Lamborghini-Ersatzfahrer Maximilian Paul machte ordentlich Druck auf den Österreicher. Der 23-Jährige fuhr dicht am Heck vom Mercedes, fand zunächst aber keinen Weg vorbei. Bei rund 12 verbliebenen Minuten auf der Uhr machte Auer dann aber einen Fehler in Kurve drei und konnte Paul nicht mehr abwehren. Ein großer Gewinner des Chaos-Rennens war auch Luca Engstler, der von Startplatz 17 gestartet nun auf dem siebten Rang fuhr. Nachdem Auer das Tempo von Maximilian Paul nicht mehr mitgehen konnte, ging auch Laurin Heinrich am Winward-Mercedes vorbei. Wenigen Minuten vor Ende kollidierte dann plötzlich Arjun Maini mit dem Reifenstapel, wodurch das Safety Car auf die Strecke geschickt wurde. Das Rennen wurde aber nicht mehr freigegeben, wodurch Maximilian Paul das Rennen vor Laurin Heinrich und Lucas Auer gewinnen konnte. Engel, Preining, Feller, Engstler, Vermeulen, Schumacher und Perera komplettierten die Top-10.
DTM-Tabelle 2023 nach 8/16 Rennen (Top-10)
Pos. | Fahrer | Team | Punkte |
---|---|---|---|
1 | Thomas Preining | Manthey-Porsche | 117 |
2 | Sheldon van der Linde | Schubert-BMW | 89 |
3 | Mirko Bortolotti | SSR-Lamborghini | 88 |
4 | Ricardo Feller | Abt-Audi | 88 |
5 | Maro Engel | Landgraf-Mercedes | 78 |
6 | Lucas Auer | Winward-Mercedes | 70 |
7 | Franck Perera | SSR-Lamborghini | 66 |
8 | Dennis Olsen | Manthey-Porsche | 63 |
9 | Rene Rast | Schubert-BMW | 54 |
10 | Laurin Heinrich | Bernhard-Porsche | 51 |
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