Franck Perera (SSR-Lamborghini) ist nach dem Samstagsrennen der DTM auf dem Nürburgring mit einer nachträglichen Strafe belegt worden. Im Raum stand lange Zeit eine Strafe wegen einem angeblich unsportlichen Verhalten vonseiten des Lamborghini-Werksfahrers. Die Sportkommissare sahen davon aber in diesem Fall ab. Stattdessen bekam Perera für andere Vergehen eine Zeitstrafe von insgesamt 45 Sekunden aufgebrummt. Teamkollege Mirko Bortolotti gewann das zwischenzeitlich verregnete Rennen in der Eifel von der Pole Position.

Grund für die 45 Sekunden sind zwei Vergehen. Nachdem Perera in der Startrunde eine Kollision mit Kelvin van der Linde verursacht hatte, wurden 3 Penalty Laps ausgesprochen, diese wurden vonseiten des SSR-Performance-Piloten aber nicht den Regeln entsprechend ausgeführt. Nach Argumentation der Sportkommissare hätte er die Penalty Laps in drei aufeinanderfolgenden Runden ausführen müssen. Perera legte zwischendurch aber immer eine Runde ohne Befahren der Penalty Lap ein. Außerdem habe er bei der ersten Durchfahrt das Tempo-Limit von 50 km/h überschritten. Für diese Vergehen wurde anstelle einer Durchfahrtsstrafe eine 30-Sekunden-Strafe ausgesprochen.

Die zweite Strafe ist das Resultat eines Unsafe Release während des Boxenstopp-Chaos, das durch die wechselnden Wetterbedingungen ausgelöst wurde. Statt 3 Penalty Laps bekam Perera nachträglich eine 15-Sekunden-Strafe. In Summe 45 Sekunden, die am letzten Platz von Franck Perera aber nichts mehr änderten.

Überrundeter Perera greift ins Renngeschehen ein

Das große Thema das Fahrerlagers hatte war aber eine ganz andere Aktion. Der Sieger des DTM-Saisonauftakts in Oschersleben hatte einen gehörigen Einfluss auf den Ausgang und die Podestentscheidung des Rennens - obwohl er zum fraglichen Zeitpunkt bereits überrundet war!

Beim Re-Start nach der einzigen Safety-Car-Phase (Runde 25/38) des Rennens - ausgelöst ausgerechnet durch einen Abflug des dritten SSR-Fahrers im Bunde, Alessio Deledda - fuhr Perera hinter dem Führenden Teamkollegen Bortolotti auf der zweiten Position, war zu diesem Zeitpunkt aber überrundet.

Perera: "Ein Scheißtag für mich"

Grund für den ansonsten selten hinterherfahrenden Perera: Zuvor beim Start hatte er wie bereits erwähnt von Startplatz sechs den Viertplatzierten Kelvin van der Linde (Abt-Audi) gedreht und dafür drei Penalty Laps kassiert. Als später Regen einsetzte, riskierte SSR-Performance einen Wechsel auf Regenreifen bei Perera, der sich aber nicht auszahlen sollte. Wenig später bog das Safety Car auf die Strecke ab.

"Es war ein Scheißtag für mich", sagte Perera kurz nach dem Rennende am ran-Mikro. "Ich habe beim Start einen dummen Fehler gemacht. Leider habe ich Kelvins Rennen ruiniert, was ich nicht wollte, und dafür eine Strafe kassiert." Zum Vorfall beim Re-Start sagte er: "Die Rennleitung sagte, dass ich nach rechts fahren soll. Ich war auf Regenreifen und konnte nicht schneller fahren. Der Regen kam, wir waren Letzter, deshalb hatten wir etwas Komisches probiert."

Bummelte Perera für Bortolotti-Vorsprung? Sportkommissare winken ab

Perera fuhr nach dem Schwenken der grünen Flaggen in Folge der Safety-Car-Restars sehr langsam herum statt, wie von der Rennleitung angeordnet, Platz zu machen und hielt hinter Bortolotti den Rest des Feldes auf, sodass dieser wieder an der Spitze wegziehen konnte. Von dieser Aktion profitierte letztendlich Lucas Auer (Winward-Mercedes), der die durch Perera gestiftete Verwirrung nutzte, um vom vierten Platz mit reichlich Schwung an Ricardo Feller (Abt-Audi, Platz 4) und Thomas Preining (Manthey-Porsche, Platz 3) vorbei auf Platz zwei nach vorne zu stürmen.

"Franck war auf Regenreifen", beschrieb Bortolotti kurz nach dem Rennende die Situation während der Safety-Car-Phase. "Ich wusste, dass er ein paar Probleme haben würde. Ich wollte schnell eine Lücke aufmachen. Lucas war am Ende richtig schnell. Ich musste das ganze Rennen durchpushen, um endlich den ersten Sieg zu holen."

Der Verdacht des unsportlichen Verhaltens kam auch vor die Sportkommissaren. Mehrere Stunden nach dem Rennen dann die Entscheidung: Freispruch für den Fahrer mit der Nummer 94. Das Team Pereras habe glaubhaft machen können, dass das langsame Fahren tatsächlich auf die Regenreifen zurückzuführen ist, die beim Lamborghini von Perera montiert waren. Zumal sich die Strecke zu diesem Zeitpunkt abtrocknete. Auch der Aufforderung des Renndirektors, für hinterherfahrende Fahrzeuge Platz zu machen, sei der nachgekommen.

Preining: "SSR-Jungs haben super zusammengearbeitet"

Während Auer seinen ersten Podestplatz in der laufenden Saison eroberte, fuhr Porsche-Werksfahrer Preining bereits zum vierten Mal auf das Treppchen. "Einerseits war das wie ein Sieg für mich, weil ich 20 Kilo vom Norisring (durch den Sieg; d. Red.) an Bord hatte", sagte Preining bei ProSieben. "Ich hatte eher mit P6 gerechnet. Andererseits bin ich etwas enttäuscht, dass ich Auer nicht halten konnte. Da haben die SSR-Jungs super zusammengearbeitet und mich blockiert."

Trotz dieser nachträglichen Entscheidung waren die Gemüter unmittelbar nach dem Rennen aufgrund des Vorfalls etwas erhitzt. Der Meisterschaftsführende Grello-Porsche-Pilot später auf der Pressekonferenz: "Das fühlte sich nicht so toll an. Er (Perera) fuhr auf Regenreifen und dann kann man immer sagen, dass man keinen Grip hatte. Aber am Ende kostete mich das viel Zeit und Speed auf dem Weg in Kurve 2, weil er zu langsam war und nicht beschleunigte. Ich musste vom Gas gehen und auf der Geraden waren alle um mich herum. Zum Glück konnte ich Ricardo hinter mir halten, aber Lucas nutzte das zu seinem Vorteil."

Feller: "So will man das Podium nicht verlieren"

Der von P3 gestartete Feller war der größte Verlierer der Perera-Aktion und musste sich mit dem vierten Platz begnügen. "Ich verstehe nicht ganz, wieso Perera nicht an die Box gefahren ist", sagte der Schweizer in einer ersten Reaktion. "Irgendwie ist er losgefahren, dann aber doch nicht. Luggi (Auer) hat die Chance genutzt und ist mit Schwung an uns vorbeigefahren. Wir dürfen ja erst ab der Finish-Linie überholen. Das hat man bei Thomas gemerkt. Der war schon daneben und dann ganz zögerlich. So will man das Podium nicht verlieren."

Update 06.08.2022, 11:59: Um alle Fragen im Falle Pereras zu klären und Zweifel vonseiten aller Parteien auszuräumen, wurde am Sonntag-Morgen von der Rennleitung ein Teammanager-Meeting anberaumt.