Es ist eine der großen Fragen in der DTM-Krise: Wie wird BMW, der ab 2021 letzte verbliebene Wettbewerber, auf den Ausstieg von Audi zum Saisonende reagieren? Eine offizielle Bekanntgabe steht aus, doch BMW-Vorstand Klaus Fröhlich gab in einem Interview mit der Süddeutschen einen Fingerzeig, wohin die Reise erst einmal gehen könnte.

"Kurzfristig hat der bisherige Ansatz der DTM ein Problem, und wir müssen vielleicht querdenken", sagte Fröhlich. "Es wird sicher erst mal eine Nachdenkpause und vielleicht eine Unterbrechung geben - aber die DTM hat in ihrer Geschichte ja schon einmal ausgesetzt und ist zurückgekommen."

Fröhlich, der in diesem Juni nach 30 Jahren beim Autobauer aus München ausscheidet, wollte der DTM jedoch nicht so einfach den Laufpass geben. Der Entwicklungschef gilt seit vielen Jahren als großer Befürworter des Motorsports und auch der Tourenwagenserie. Gemeinsam mit DTM-Boss Gerhard Berger gelte es nun, nach möglichen Lösungen zu suchen.

Klar sei, dass BMW nicht allein gegen sich in der DTM antreten könne. Fröhlich weiter: "Gerhard Berger und ich müssen überlegen, wie es weitergeht. Wir haben sprichwörtlich keine Chance, jetzt schauen wir mal, ob wir sie nutzen können."

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Fröhlich über Audi: Überrascht, enttäuscht, unsportlich

An der Art und Weise, wie sich Audi aus der Serie verabschiedete, ließ Fröhlich kein gutes Haar. In für einen Vorstand bemerkenswerter Härte übte er Kritik an der kurzfristigen Entscheidung. "Mich hat das überrascht und enttäuscht", sagte Fröhlich. "Und ich finde es nicht nur erstaunlich, sondern auch unsportlich, auszusteigen und mit uns als zweitem Partner davor nicht zu sprechen. Das hat mich wirklich umgehauen, das gibt's einfach nicht!"

Fröhlich sei am Montag, 27. April von Berger über den Audi-Ausstieg aufmerksam gemacht worden. Damit wurde der BMW-Vorstand ebenso überrascht wie die meisten Akteure innerhalb der DTM. Mit einem solchen Beschluss zu diesem Zeitpunkt hatte in der Szene niemand gerechnet. Die Audi-Fahrer erfuhren rund zwei Stunden vor der öffentlichen Bekanntgabe um 17:05 Uhr vom Vorstandsbeschluss.

Wissentlich in Existenzkrise gestürzt

"Es war mir wirklich ein Herzensanliegen, gemeinsam mit Gerhard Berger um eine gute Zukunftsperspektive der DTM zu kämpfen", so Fröhlich. "Aber durch das Aufgeben von Audi ist die Serie jetzt in eine Existenzkrise gestürzt worden. Und zwar wissentlich und mit vollem Bewusstsein." Das sei nicht besonders langfristig gedacht, "aber ich erwarte bei den aktuellen Akteuren auch nicht allzu viel".

Die Entscheidung auch vor dem Hintergrund, künftig auf das vollelektrische Konzept der Formel E zu setzen, konnte Fröhlich ebenso wenig nachvollziehen. Die Richtung der DTM sah bis zuletzt vor, ab 2022 ein einheitliches Hybridsystem einzuführen und ab 2025 auf elektrische Antriebe zu setzen. Eine Konzeptstudie hatte die DTM-Dachorganisation ITR bereits vorgestellt.

Vor diesem Hintergrund konnte Fröhlich die Entscheidung 'pro Formel E' aus Ingolstadt nicht nachvollziehen: "Die Formel E ist de facto ein Formel-Format mit identischen Silhouetten. Und wir haben schon in der Formel 1 die Erfahrung gemacht, dass es relativ schwierig ist, die Brücke von einem Formel-Auto zum Realprodukt zu schlagen."

Fröhlich: Formel 1 für BMW nicht relevant

Angesichts der Corona-Krise sowie einem möglichen Ende der DTM müsse auch BMW die eigene Motorsport-Aufstellung neu bewerten. Eine Rückkehr in die Formel 1, in der sich die Münchner bis Ende 2009 engagierten und dann kurzfristig den Stecker zogen, komme laut Fröhlich jedoch nicht in Frage.

"Für uns ist die Formel 1 aktuell nicht relevant", machte er deutlich. "Der Markenbeitrag ist gering, die Investments sind gigantisch hoch. Wir haben den Ausstieg nicht bereut. Außerdem tut sich die Formel 1 gerade sehr schwer mit einem Wandel."

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