Auffahrunfall zwischen Glock und Müller: (00:56 Min.)

In der DTM ist der Zehnkampf um die Meisterschaft in vollem Gange - da werden auch gern mal härtere Bandagen ausgepackt. Die teilweise enormen Unterschiede bei der Gewichtsverteilung und anhaltende Querelen zwischen den Herstellern tun ihr Übriges. Am Nürburgring wieder einmal im Fokus der Kritik: Audi. Besonders auf Nico Müller hatte es die Konkurrenz in der Eifel abgesehen. Dem Schweizer wurde vorgeworfen, zum wiederholten Male das Feld eingebremst zu haben, um Markenkollegen zu unterstützen.

Schon in Russland und zuletzt in Zandvoort mussten sich Audi und Müller deftige Worte aus Reihen von BMW und Mercedes gefallen lassen. Nach dem Sonntagsrennen am Nürburgring und dem Auffahr-Unfall zwischen Müller und Timo Glock wurde es nicht besser. Erneut lautete der Vorwurf, Müller habe das Feld per Langsamfahren künstlich eingebremst.

Uli Fritz: Das ist nicht akzeptabel

"Ich habe da die eine oder andere Aktion gesehen, die absolut nicht akzeptabel war", sagte etwa Mercedes-Teamchef Uli Fritz zu Motorsport-Magazin.com. "Dazu stehe ich auch. Die Nummer mit dem Nico Müller zum dritten Mal in den letzten drei Rennen - das ist einfach unmöglich, das geht so nicht. Unsere Jungs haben da noch relativ kühlen Kopf bewahrt, obwohl sie sich massiv am Funk beschwert haben."

Müller war in den letzten Wochen gern mal das Feindbild der DTM - dabei richtet sich die Kritik in erster Linie gegen Audi. So sagte Mercedes-Fahrer Gary Paffett am Nürburgring: "Das ist Audis Herangehensweise. Nico macht es, aber es wird ihm gesagt. Das war der Plan ab dem Rennstart. Das ist nicht gut und nicht akzeptabel. Aber Audi sagt es ihm. Leider ist das das Spiel, das sie spielen wollen."

Marken-Hilfe gehört in der DTM dazu

Die Teamkollegen im Titelkampf zu unterstützen, das ist nichts Neues in der DTM. Das gab es nicht nur bei Audi, auch BMW und Mercedes lieferten in der Vergangenheit Beispiele. In Folge der seit Monaten anhaltenden Erfolgsballast-Diskussionen sind die Fronten zwischen den Herstellern allerdings verhärtet. Da fällt die eine oder andere öffentliche Beschwerde noch etwas leichter...

"Aus meiner Erfahrung heraus, ist es normal in der DTM, dass es jetzt noch härter zur Sache geht", sagte Sonntagssieger Robert Wickens. "Mich hat am letzten Wochenende zum Beispiel die Strategie von Audi getroffen. Ich bin mir sicher, dass andere Fahrer es vielleicht anders sehen, aber als ich nach dem Boxenstopp in Führung lag und auf Duval und Müller aufholte, hatte ich schon das Gefühl, dass beide bei ihrer Teamtaktik ein wenig zu weit gingen."

Glock: Audi opfert gerne Fahrer

In Russland hielt Müller mit seinen abgefahrenen Reifen lange Zeit ein Quartett aus Fahrern in Schach, das schon in der ersten Runde gestoppt hatte. So konnte Titelfavorit Mattias Ekström aufschließen und bis auf den zweiten Platz vorfahren. Beim folgenden Wochenende in Zandvoort diente Müller als rollende Blockade, um Ekström vor dem anstürmenden Paffett mit seinen frischeren Reifen zu schützen.

Am Nürburgring eskalierte die Situation, als es zum Crash mit Glock kam, der sich medienwirksam über die Vorgehensweise von Audi beschwerte. "Das ganze Spiel kennen wir ja schon aus Moskau und aus Zandvoort, dass Audi gerne Fahrer für so etwas opfert", sagte Glock zu Motorsport-Magazin.com. "Der Nico macht das sehr geschickt, das kann man nichts gegen sagen. Da sieht man, wie stark die Jungs und Dieter Gass (Audi-Sportchef;d.Red.) da unter Druck sind, dass man solche Strategien rausgibt. Nico tut mir in der Hinsicht nur sehr leid, dass er das über sich ergehen lassen muss. Ich kann ihm da nur mein Beileid aussprechen."

Schwierige Situation für Müller

Müller war nach einem schwierigen Saisonauftakt relativ früh aus dem Titelrennen ausgeschieden. Gang und Gäbe in der DTM, dass sich die Fahrer dann in den Dienst ihrer Markenkollegen stellen. Der Schweizer gilt als schneller Fahrer, der gut mit seinen Reifen umgehen kann - umso wertvoller angesichts der neuen Hankook-Reifen, die viel stärker abbauen als frühere Generationen. So gerät ausgerechnet Müller häufig in Situationen, die den Gegnern nicht schmecken.

Der 25-Jährige am Sonntag auf dem Nürburgring zu Motorsport-Magazin.com auf die Frage, wie es sei, mit abgefahrenen Reifen fahren zu müssen: "In der Situation gibst du einfach dein Bestes. Du versuchst die Rundenzeiten in einem Bereich zu halten, dass du nicht zu viel Zeit verlierst und hoffst dann auf eine Chance am Ende des Rennens. Der Grundgedanke war nicht allzu schlecht lange draußen zu bleiben und am Ende noch einmal anzugreifen. Aber es kam nie so weit."

In keiner der drei Situationen in Moskau, Zandvoort oder am Nürburgring hätte Müller seine Verfolger vorbeiwinken müssen. Sie fuhren effektiv auf der Strecke gegeneinander, für blaue Flaggen gab es also keinen Grund. Zwar hatten die Gegner meist eine bessere Pace wegen frischerer Reifen, doch die Aero-lastigen DTM-Autos lassen selbst mit DRS-Hilfe nur bedingt Überholmanöver zu. "Nico war einfach auf einer Strategie, lange zu fahren", argumentierte Dieter Gass in der Eifel. "Der ist so schnell gefahren, wie er konnte. Dass er keinen Gegner überholen lässt, ist, glaube ich, ganz normal."