Bei BMW schwebten nach dem Qualifying von Hockenheim tausend virtuelle Fragezeichen über den Köpfen. Augusto Farfus als Speerspitze auf Startplatz vier, gefolgt von Antonio Felix da Costa auf Rang neun. Selbst Meister Marco Wittmann erlebte einen herben Rückschlag. Zum ersten Mal in dieser Saison erreichte der BMW-Mann nicht Q3 und war ratlos.

"Ich bin Rennfahrer und ehrgeizig. Beim letzten Rennen war das Ziel, nochmals vorne dabei zu sein. Heute war aber einfach kein optimaler Tag", erklärte Wittmann auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Wir waren nun neun Mal hintereinander in Q3 und ich habe mich selbst schon gefragt, wann diese Serie reißt." Die Performance sei aber immer im Auto gewesen, nur zwei, drei Umstände hätten im Qualifying nicht zum Erfolg beigetragen. "Aber ich weiß, dass wir schnell sind, das haben wir im Training gezeigt. Daher mache ich mir keinen Kopf und werde morgen vom Mittelfeld aus angreifen."

Völlige Ratlosigkeit bei Glock

Der Angriff aus dem Mittelfeld muss bei Timo Glock zu Beginn des Rennens wohl erst noch warten. Der Sieger des Vorjahres startet nur von Position 19 und hielt das zunächst für einen schlechten Scherz. "Ich saß zwar im Auto, aber ich habe trotzdem keine Erklärung dafür, warum wir im Nirgendwo waren", sagte der ehemalige Formel-1-Pilot auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Timo Glock konnte sich Startplatz 19 nicht erklären, Foto: BMW AG
Timo Glock konnte sich Startplatz 19 nicht erklären, Foto: BMW AG

Im Freien Training war das Gefühl noch gut. Durch einen Fehler in der zweiten Session konnte Glock das Potenzial des Autos zwar nicht voll ausschöpfen, die Erwartungshaltung war aber groß - der Fall im Qualifying umso größer. "Das Auto fühlte sich auf dem ersten Run in Q1 gut an, aber die Zeit war nicht der Kracher", schilderte Glock seine Eindrücke. Zunächst ging er von einem schlechten Reifensatz oder Fehlern beim Aufwärmen der Pneus aus und wurde mit seinem zweiten Satz bestätigt - glaubte er. "Ich war auf meinem zweiten Satz dann vier Zehntel schneller und dachte, es wäre eine gute Runde gewesen. Dann meinte aber mein Ingenieur, dass wir bereits in Q1 raus sind."

Mit einer Zeit von 1:33.775 Minuten scheiterte Glock denkbar knapp am Einzug ins zweite Segment: Nur sieben Hundertstel trennten ihn von seinem Markenkollegen Augusto Farfus, der den Sprung in Q2 meisterte. "Das ist einfach unbegreiflich, denn mein Auto war gut und auch meine Runde - sie war nur sieben Hundertstel zu langsam." Die einzig denkbare Erklärung: BMW strauchelte bei steigender Streckentemperatur. "Es sieht so aus, als hätten wir mehr Probleme gehabt, als die Strecke wärmer wurde. Audi konnte im Gegenzug sogar noch zulegen." Für den Sonntag bleibt nun nur noch "ein totaler Reset" und die Hoffnung auf ein Safety Car. Glock will auf Standardreifen losfahren und so vielleicht noch den ein oder anderen Zähler ergattern.

Bruno Spenger kämpfte mit altbekannten Problemen, Foto: BMW AG
Bruno Spenger kämpfte mit altbekannten Problemen, Foto: BMW AG

Spengler fehlte die Performance

Fünf Plätze vor Glock sortierte sich der Meister von 2012 ein. Für Bruno Spengler keine schöne, aber eine bekannte Erfahrung. "Wie schon in einigen Qualifyings zuvor in diesem Jahr, hatte ich einfach keine Performance im Auto", resümierte der Kanadier. "Ich war nicht zufrieden mit dem Auto und wenn das nicht gut passt, kannst du nichts machen. Das ist leider so."

Wie Kollege Glock setzt auch Spengler auf den Einsatz des Safety Cars, das die Autos wieder zusammenschieben soll. "Wenn das Auto über die Distanz gut ist, kann man hier auch überholen", zeigte sich der Kanadier optimistisch. "Der Sieg wird es zwar nicht werden, aber es ist schon noch etwas drin."

Herstellertitel fest im Visier

BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt bleibt trotz aller Schwierigkeiten aber fest entschlossen, das Blatt am Sonntag zugunsten seiner Mannschaft zu wenden. Nicht zuletzt, weil der Herstellertitel auf dem Spiel steht. Aktuell liegt BMW mit 361 Punkten an der Spitze - Audi folgt mit 21 Zählern Abstand. Nach dem Qualifying scheint Audi aber alle Trümpfe in der Hand zu haben. "Wir können das natürlich drehen", so die klare Kampfansage in Richtung der Konkurrenz aus Ingolstadt. "Die müssen das vorne untereinander ausmachen und wir müssen schauen, dass wir dort noch hineinkommen." Die Strecke hätte laut Marquardt auf jeden Fall Überholpotenzial und auch DRS sei hilfreich.

Bevor an eine Aufholjagd im Rennen gedacht werden kann, muss BMW aber erst herausfinden, wieso das Qualifying nicht funktionierte. "Keiner der Fahrer sagte, dass etwas am Auto nicht passen würde", verstand Marquardt die Situation nicht. Das erzielte Ergebnis würde in keiner Weise seine Eindrücke oder das Feedback der Fahrer widerspiegeln - sowohl nach dem Training als auch nach dem Qualifying. "Der Tenor war, dass die Balance des Autos passte, sie die Zeiten aber nicht herausholen konnten, obwohl sie das Gefühl hatten, in einem Top-Rennauto zu sitzen." Ob BMW das gefühlte Top-Rennauto des Samstags auch in ein wirkliches Top-Auto am Sonntag umwandeln kann, wird wohl über Sieg und Niederlage im Kampf um den Herstellertitel entscheiden.