Als die ROWE-Mannschaft um Alex Sims, Nicky Catsburg und Nick Yelloly den Sieg beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring auf dem Podium feierte und BMW den 20. Gesamterfolg in der Geschichte des Eifel-Klassikers bescherte, fragten sich nicht wenige Zuschauer: Wo steckt eigentlich Philipp Eng?

Der DTM-Fahrer durfte nicht mit dem Trio jubeln, das den BMW M6 GT3 mit der Startnummer #99 zum Triumph in der aufreibenden 48. Auflage des Rennens geführt hatte - obwohl er eigentlich auf dem Auto als Fahrer genannt war. Eng wird jedoch nicht in der Siegerliste aufgeführt und muss nach fünf Teilnahmen weiter auf seinen ersten 24-Stunden-Triumph auf dem Nürburgring warten.

Eng: Platz vier statt Sieg

Stattdessen erzielte der Österreicher den vierten Platz mit dem #98 Schwesterauto von ROWE, das er sich mit DTM-Kollege Marco Wittmann und Tom Blomqvist teilte. Eng war im Vorfeld auf beiden Autos genannt, was häufiger vorkommt und per Reglement erlaubt ist. Der zum Auftakt des Rennens ebenfalls auf dem #98 BMW genannte Lucas Auer taucht hingegen überhaupt nicht im finalen Ergebnis auf.

In der Ergebnisliste mit dem Zwischenstand nach 18 Stunden - inklusive der neuneinhalbstündigen Unterbrechung während der Nacht - wurde Eng noch auf dem #98 sowie auf dem #99 BMW von ROWE aufgelistet. Auer wurde bis zu diesem Zeitpunkt auf der #98 genannt. Beim nächsten Ergebnis-Zwischenstand nach 20 Stunden tauchte Eng nur noch in der Besatzung des #98 BMW auf, während Auer überhaupt nicht mehr geführt wurde.

Das ROWE-Siegertrio: Alex Sims, Nicky Catsburg und Nick Yelloly, Foto: BMW Group
Das ROWE-Siegertrio: Alex Sims, Nicky Catsburg und Nick Yelloly, Foto: BMW Group

Eng auf #98 - Auer abgemeldet

Mehr als vier Stunden vor dem turbulenten Rennende hatte sich BMW dazu entschieden, Eng nur noch auf der #98 einzusetzen und Auer von diesem Auto komplett abzumelden.

"Wegen der Unterbrechung mit roten Flaggen und Ruhezeiten konnte ich nicht die 15 verpflichtenden Runden auf dem Siegerauto mit der #99 fahren", teilte Eng mit, und sagte zudem: "Herzlichen Glückwunsch an meine Teamkollegen. Wir haben mit dem #98 BMW M6 GT3 leider das Podium knapp verpasst, aber heute steht der Gesamterfolg für das Team und BMW Motorsport im Vordergrund."

24h-Reglement: Ohne 15 Runden keine Wertung

Der Hintergrund: Laut Reglement müssen alle auf einem Auto genannten Fahrer mindestens 15 Rennrunden absolvieren. Sollte ein Fahrer dazu nicht in der Lage sein, muss er mit schriftlicher Begründung beim Rennleiter abgemeldet werden. Erfolgt diese Abmeldung bei einer verbleibenden Renndauer von weniger als vier Stunden, kann das betreffende Team nicht mehr gewertet werden.

Die schwierigen Bedingungen und der zwischenzeitliche Rennabbruch um 22:32 Uhr am Samstagabend führten BMW und ROWE dazu, die eigentlichen Pläne über den Haufen werfen zu müssen. Bis zum Abbruch nach 39 Runden hatte Eng auf dem #98 BMW 13 Runden am Stück zurückgelegt, während Auer keine einzige Rennrunde absolvierte. Auf dem später siegreichen Auto mit der #99 war Eng bis zum Rennabbruch keine Runde gefahren, die Arbeit hatten Yelloly, Sims und Catsburg übernommen.

Nach dem Re-Start hinter dem Safety Car am frühen Sonntagmorgen verblieben 7:10 Stunden unter Rennbedingungen. Laut Reglement darf ein Pilot maximal drei Stunden am Stück im Auto sitzen, bei mehr als zwei Stunden muss er eine zweistündige Pause einlegen, ansonsten drohen Zeitstrafen.

24h Nürburgring: 1. Sieg für ROWE, 20. für BMW, Foto: BMW Group
24h Nürburgring: 1. Sieg für ROWE, 20. für BMW, Foto: BMW Group

Auer ohne Runde beim 24h-Rennen Nürburgring

Da Auer noch mindestens 15 Runden hätte fahren müssen und über die geringste Langstreckenerfahrung mit dem BMW M6 GT3 verfügt, entschied man angesichts der äußerst schwierigen und wechselhaften Wetterbedingungen, den erfahrenen Eng permanent auf die #98 zu setzen und Landsmann Auer - mit bis dato null Runden - sicherheitshalber abzumelden. Dies geschah innerhalb der Reglement-Frist.

Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung ließ sich der weitere Rennverlauf noch nicht abschätzen. Nachdem sich alle BMW-Teams bei starkem Regen auf den Full-Wet-Regenreifen schwergetan hatten, ging es auf abtrockender Strecke mit Drying-Wet-Bereifung und später Slicks aber plötzlich voran. So schaffte es mit Schnitzer ein weiteres BMW-Team aufs Podium. Nur Walkenhorst, das im Gegensatz zu ROWE und Schnitzer (beide Michelin) auf Yokohama-Reifen antrat, fiel mit Platz zwölf etwas ab.

Bis zum Rennabbruch war es beiden ROWE-Teams gelungen, in der wichtigen Führungsrunde zu bleiben, wobei die #99 den vierten Platz belegte und die #98 auf Position zwölf fuhr. Nach dem Re-Start am Sonntagmorgen gelang es Sims im #99 BMW mit einer schnellsten Rennrunde nach der anderen, sein Team auf Podestkurs zu führen. In der 67. von insgesamt 85 Runden fuhren erstmals beide ROWE-BMW auf den Podiumsplätzen.

ROWE und Schnitzer lassen BMW auf dem Nürburgring jubeln, Foto: 24h Nürburgring
ROWE und Schnitzer lassen BMW auf dem Nürburgring jubeln, Foto: 24h Nürburgring

Naundorf: Wahnsinnig gute Teamleistung

Als gut 90 Minuten vor dem Rennende der Regen über dem Eifelkurs wieder zunahm, reagierte ROWE rechtzeitig und wechselte bei der Zweitplatzierten #99 mit Catsburg am Steuer auf Regenreifen. Bei Sieggegner Car Collection im #3 Audi R8 LMS GT3 (Bortolotti, Haase, Winkelhock) lief es hingegen nicht wie geplant und Haase verlor mit seinen Slick-Reifen auf regennasser Piste mehr als eine Minute. Nach dem Audi-Boxenstopp hatte Catsburg einen Vorsprung von 18 Sekunden und verwaltete diesen bis zum Zieleinlauf.

ROWE-Teamchef Hans-Peter Naundorf: "Das war eine wahnsinnig gute Teamleistung. Wir haben schon am Anfang des Wochenendes gemerkt, dass die Atmosphäre im Team zwischen Fahrern, Ingenieuren und Mechanikern optimal passt. Entscheidend war, dass sie die Fahrer perfekt an die Strategie gehalten haben. Sie sind mit all ihrem Talent und mit viel Köpfchen gefahren und haben bei teilweise schwierigsten Bedingungen eine absolut fehlerfreie Leistung abgeliefert."

24h Nürburgring 2020: Rennen als Zusammenfassung mit Highlights: (06:36 Min.)