Wenn ein in der Hypercar-Klasse engagierter Autohersteller seine Pressemitteilung zu den 24 Stunden von Le Mans mit einem Podesterfolg in der LMGT3-Kategorie aufmacht, kann man sich schon denken, dass es nicht wie erhofft gelaufen ist. So geschehen im Falle von BMW - und übrigens auch Porsche ("Porsche 911 GT3 R siegt bei LMGT3-Premiere in Le Mans") - das in Le Mans einen bitteren Rennausgang verkraften musste.
Nach nur gut 2 der 24 Stunden Renndauer hatten sowohl der #15 BMW M Hybrid V8 (Dries Vanthoor, Marciello, Wittmann) als auch das auffällig lackierte Art Car mit der Startnummer #20 (Sheldon van der Linde, Rast, Frijns) bereits größere Schwierigkeiten erlebt.
Robert Kubica schießt BMW ab: "Auto ist ein Totalschaden"
Der zweifache DTM-Champion Marco Wittmann verlor 20 Minuten nach dem Rennstart die Kontrolle über seinen #15 BMW und schlug in die Leitplanken ein. Nach einem ungeplanten Reparaturstopp war bereits Aufholjagd angesagt, um nicht aus der Führungsrunde zu geraten. Das gelang der #15-Crew auch, bis Dries Vanthoor um 23:10 Uhr in der Nacht von Robert Kubicas #83 AF Corse Ferrari bei hoher Geschwindigkeit in die Leitplanken befördert wurde.
Das bedeutete einen vorzeitigen Feierabend für Wittmann, den jüngeren der Vanthoor-Brüder und BMW-Neuzugang Raffaele Marciello. "Wir hatten uns nach meinem Fehler in der Startphase schon wieder in die Top-10 gekämpft und waren gut unterwegs", sagte Le-Mans-Debütant Wittmann. "Dann nach vielen Wochen intensiver Vorbereitung schon vor Mitternacht mit beiden Hypercars im Prinzip raus zu sein, ist natürlich für das gesamte Team extrem frustrierend."
Dass Ex-BMW-Fahrer Kubica (Formel 1 und DTM) für die Kollision 'nur' mit einer 30 sekündigen Stopp-and-Go-Strafe belegt wurde, sorgte für Diskussionen. Vanthoor wurde im Medical Center untersucht und kam mit Kopfschmerzen davon. "An der Stelle eine Kollision zu haben, ist sehr gefährlich", sagte BMW-Motorsportchef Andreas Roos zu Motorsport-Magazin.com, ohne öffentlich das Strafmaß beurteilen zu wollen. "Das war ein Unfall mit 280 bis 300 km/h, das Auto ist ein Totalschaden."
Ungewöhnlich: Ausgerechnet Wittmann und Frijns crashen
Der #15 BMW schaffte nur 103 der 311 Rennrunden - kurioserweise mehr als das Schwesterauto, das zwar den Zieleinlauf erlebte, mit nur 96 Runden aber nicht in die Wertung kam. Ziemlich genau zwei Stunden nach Wittmanns Einschlag rummste es auch beim #20-BMW mit Werksfahrer Robin Frijns am Steuer. Der Niederländer flog in der Ford-Schikane über einem Kerb ab und verunfallte heftig.
"Wir haben es einfach nicht gut umgesetzt und zu viele Fehler gemacht", sagte Teamkollege Rene Rast, der den Start übernommen und betont vorsichtig zu Werke gegangen war, um Kollisionen zu vermeiden. "Da müssen wir noch besser werden." Dass mit Wittmann und Frijns ausgerechnet zwei Fahrer crashten, die als absolut zuverlässige Piloten mit sehr geringem Schadenspotenzial gelten, macht hellhörig.
"Vor zwei Tagen hat noch jeder gesagt, dass das Fahrer-Lineup von BMW mit das beste ist, das man haben kann", stellte sich Rennsportleiter Roos vor das Team. "So Fehler dürfen nicht passieren, aber sie sind passiert. Insgesamt gab es viele Fehler über das komplette Feld hinweg. Aber ein paar haben es geschafft, und wir nicht." Aus BMW-Kreisen hören wir, dass das Setup bzw. die Fahrbarkeit des Münchner LMDh-Wagens generell eine große Herausforderung darstellen soll.
BMW fährt nach Unfall nur fürs Zielfoto noch mal raus
"Die #20 musste danach repariert werden und hatte ein paar Folgeschäden", erklärte Roos nach dem Frijns-Abflug. "Wir haben das Auto noch mal sorgfältig repariert. Angesichts der schwierigen Wetterbedingungen haben wir aber entschieden, dass es keinen großen Sinn macht, weiterzufahren. Es waren schon genug Teile kaputt, und das nächste Rennen steht vor der Tür. Dann reichte es, dass das Auto nur über die Ziellinie fährt." Am 14. Juli wartet das fünfte WEC-Saisonrennen im brasilianischen Sao Paulo.
Mit zwei ausgeschiedenen Hypercars und dem in der Nacht auf Sonntag verunfallten #46 BMW M4 GT3 um Superstar Valentino Rossi, gilt BMW neben Alpine (zwei Motorschäden) als Verlierer der 24 Stunden von Le Mans. Nur der zweite Platz des #31 BMW M4 GT3 (Leung, Gelael, Farfus) hinter dem Manthey-Porsche konnte als Erfolg verbucht werden. Zwar gaben die Bayern erst dieses Jahr ihr Comeback in der WEC, das allerdings mit einer vollen Saison Erfahrung in der US-amerikanischen IMSA-Serie. Aus eigener Kraft hat BMW mit seinem LMDh-Auto noch kein Rennen gewinnen können.
BMW-Fazit: "Performance da, Ergebnis enttäuschend"
Umso ärgerlicher, weil die BMW mit Blick auf die Performance nicht unterlegen waren und gerade in der Anfangsphase des Rennens bis in die Nacht durchaus mithalten konnten. Zwischenzeitlich ging die zweitschnellste Runde auf das Konto des BMW M Hybrid V8. Vanthoor hatte zudem mit der schnellsten Rundenzeit im Qualifying vor der Hyperpole ein Ausrufezeichen gesetzt.
"Die Performance ist da, das Ergebnis aber enttäuschend", resümierte Roos. "Wenn das Auto in den Trainings und Qualifyings die Pace hat, erwartet man natürlich auch, ein entsprechendes Ergebnis einzufahren. Die Autos so früh im Rennen zu verlieren, ist eine Enttäuschung, das muss man ganz klar sagen. Wir sind hier, um Rennen zu gewinnen, und nicht, um auszufallen." So bleibt es zum Comeback nach 25 Jahren beim einzigen Le-Mans-Sieg aus dem Jahr 1999 mit dem BMW V12 LMR.
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