Faustdicke Überraschung im Qualifying zum 6-Stunden-Rennen der WEC in Fuji: Cadillac hat Lokalmatador Toyota geschlagen und seine erste Pole Position in der Langstrecken-Weltmeisterschaft erobert! Alex Lynn führte das Cadillac V-Series.R genannte LMDh-Auto mit der Startnummer #2 (Lynn, Bamber) zum ersten Startplatz im vorletzten Saisonrennen.
In der knackigen Hyperpole-Session über zehn Minuten gelang dem Briten Lynn das Kunststück in seiner fünften und damit vorletzten Runde. Der Cadillac-Werksfahrer benötigte 1:28.901 Minuten für seinen besten Umlauf auf 4,563 Kilometer langen Rennstrecke am Fuße des Mount Fuji. Damit verdrängte Lynn den Lokalmatador Ryo Hirakawa im #8 Toyota GR010 Hybrid (Buemi, Hartley, Hirakawa) mit nur 0,041 Sekunden von der Spitze.
Zwei-Mann-Duo in der WEC: Vor- oder Nachteil?
Der einzige Cadillac im Starterfeld nahm die vergangenen vier Rennen jeweils aus den Top-4 der Startaufstellung in Angriff, für einen Podestplatz hat es 2024 aber noch nicht gereicht. Zuletzt in Austin scheiterten Lynn und Teamkollege Earl Bamber, die stets nur zu zweit fahren, mit Platz vier denkbar knapp.
„Wir waren oft so nah dran und es macht mich stolz, es jetzt geschafft zu haben“, jubelte Lynn. Teamkollege und Ex-Le-Mans-Sieger Bamber: „Es ist ein Vorteil (zu zweit zu fahren; d. Red.), wir bekommen viel mehr Streckenzeit. Wir haben einen Nachteil wegen der Track Limits, aber das liegt ja an uns.“ In der WEC wird derzeit heiß diskutiert, ob für 2025 weiterhin zwei Piloten auf einem Auto erlaubt sind oder ob Drei-Mann-Teams vorgeschrieben werden.
BMW im Fuji-Qualifying auf starkem dritten Platz
Ebenfalls unerwartet: BMW sicherte sich in Form des #15 BMW M Hybrid V8 (Vanthoor, Marciello, Wittmann) den dritten Startplatz. Quali-Fahrer Dries Vanthoor konnte die starke Trainingsform der Münchner bestätigen und bugsierte den LMDh-BMW mit einer 1:29.059 in die zweite Startreihe. Der #20 BMW (Sheldon van der Linde, Rast, Frijns) verpasste die Hyperpole-Runde mit Robin Frijns am Steuer hingegen um nur 3 Tausendstelsekunden und landete auf Platz elf.
Neben dem Belgier Vanthoor startet Toyota-Veteran Kamui Kobayashi einen Tag nach seinem 38. Geburtstag von Platz vier. Damit qualifizierten sich beide GR010 Hybrid in den ersten beiden Startreihen - und Toyota hat gute Aussichten, seinen dominanten Lauf auf dem Fuji Speedway fortzusetzen: Die Japaner gewannen seit 2012 neun von zehn Rennen auf der Rennstrecke, die sich im Besitz des Automobilgiganten befindet. Nur im Jahr 2015 musste sich Toyota geschlagen geben - damals in der LMP1-Ära machte Porsche den Local Heroes einen Strich durch die Rechnung.
Gelingt den Zuffenhausenern dieses Kunststück beim siebten Lauf des Jahres noch einmal? Die besten Aussichten haben nach dem Qualifying die WM-Spitzenreiter aus dem #6 Porsche 963 (Estre, Lotterer, Laurens Vanthoor). Stamm-Qualifyingfahrer Kevin Estre sortierte sich mit einer persönlichen Bestzeit von 1:29.152 Minuten an fünfter Stelle hinter Kobayashis #7 Toyota (Conway, Kobayashi, De Vries) ein. Die beiden Teams liegen in der WM-Tabelle mit knappem Abstand in Führung.
Alpine in Top-6 - Schumacher-Teamkollege verpasst Hyperpole
Startplatz sechs ging an den #35 Alpine A424 (Habsburg, Milesi, Gounon), auf dem Mercedes-AMG-Werksfahrer Jules Gounon planmäßig den eigentlichen Stammpiloten Paul-Loup Chatin ersetzt. Der beim letzten Rennen in Austin (Platz fünf) extrem schnelle Charles Milesi nahm seine Form mit nach Fuji und fuhr mit 0,253 Sekunden Rückstand in Startreihe drei.
Der zweite Alpine mit der Startnummer #36 (Schumacher, Lapierre, Vaxiviere) um Mick Schumacher verpasste hingegen die Hyperpole und landete nur auf dem 15. Startplatz. Das Team hatte erstmals Matthieu Vaxiviere als Quali-Fahrer nominiert, dem Franzosen fehlten in der Gruppenphase allerdings neun Zehntelsekunden. Gelingt Schumacher und Co. eine Aufholjagd hin zum dritten Punkte-Finish in Folge?
Ferrari tut sich schwer im Qualifying
Der bestplatzierte der drei Ferrari 499P im WEC-Starterfeld, die #50 um die Le-Mans-Sieger Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen, musste sich mit P7 begnügen. Dem etatmäßigen Quali-Starter Fuoco war als einzigem Ferrari-Piloten der Sprung aus der Gruppenphase aller 18 Autos in die Hyperpole-Runde gelungen.
Der Schwester-Ferrari mit der #51 (Pier Guidi, Giovinazzi, Calado), zuletzt in Austin auf der Pole Position, verpasste hingegen die Hyperpole und musste sich mit Platz 12 begnügen. Der Sieger des US-Rennens, der gelbe #83 Ferrari von AF Corse (Kubica, Shwartzman, Ye), landete direkt dahinter auf P13. Robert Kubica nach seinen Runden: „Das war enttäuschend. Aus der Box heraus fehlte der Grip. Ich hatte auch ein wenig Verkehr in Kurve 6, ansonsten hätte es vielleicht für die Top-10 gereicht.“
Die Top-10 der Startaufstellung auf den Plätzen acht bis zehn komplettierten der #5 Porsche (Campbell, Christensen, Makowiecki), der #63 Lamborghini SC 63 (Bortolotti, Kvyat, Mortara) beim ersten Hyperpole-Einzug der Italiener sowie der #99 Kunden-Porsche von Proton (Jani, Andlauer, Tincknell).
LMGT3-Klasse: Erste Ferrari-Pole - Rückschlag für Manthey-Porsche
Ferrari hat seine erste Pole Position in der Saison 2024 bzw. die erste in der neuen LMGT3-Klasse erzielt. Francois Heriau führte den #55 Ferrari 296 GT3 von AF Corse zum ersten Startplatz. In der zehnminütigen Hyperpole-Session nach der Gruppenphase setzte sich der Franzose hauchdünn vor Tom van Rompuy in der #81 TF Sport Corvette Z06 (Van Rompuy, Andrade, Eastwood) durch.
Heriau benötigte mit seiner fünften und letzten schnellen Runde 1:40.893 Minuten und verdrängte die Corvette mit 0,082 Sekunden auf den zweiten Platz. Nur den Top-2 gelang es, die 1:41er-Marke zu knacken. Der Drittplatzierte Josh Caygill im #95 McLaren 720 S GT3 von United Autosports (Caygill, Pino, Sato) hatte mehr als zwei Zehntelsekunden Rückstand. Den vierten Startplatz sicherten sich die Iron Dames mit ihrem pinken #85 Lamborghini Huracan (Bovy, Frey, Gatting), wobei Sarah Bovy ihre vierte Saison-Pole um 0,372 Sekunden verpasste.
Für die beiden deutschen Hersteller Porsche und BMW lief es im Qualifying überhaupt nicht nach Plan. Die beiden Neunelfer des bisher so dominanten Teams Manthey kamen nicht über die Plätze 14 (#92 mit Malykhin, Sturm, Bachler) sowie 15 (#91 mit Shahin, Schuring, Lietz) hinaus und verpassten damit den Sprung in die Hyperpole. „Viel mehr war nicht drin“, sagte der Belarusse Alexander Malykhin, dem eine Sekunde auf die Spitze fehlte.
Ein Rückschlag für den Rennstall aus Meuspath, der die Tabelle mit beiden Autos anführt und theoretisch in Fuji die Fahrer- und Team-Weltmeisterschaft vorzeitig perfekt machen kann. Dafür ist jetzt allerdings eine große Aufholjagd angesagt. Gewinnt der #92 Porsche 911 GT3 R das Rennen, müsste das #91 Schwesterauto um die Le-Mans-Klassensieger Shahin/Schuring/Lietz mindestend Dritter werden, um seine Titelchancen aufrecht zu erhalten.
Im BMW-Lager von WRT war ebenfalls vorzeitig Feierabend: Der #46 BMW M4 GT3 um Superstar Valentino Rossi (Al-Harthy, Rossi, Martin) musste sich mit Platz zwölf begnügen. Das Schwesterauto mit der Startnummer #31 (Leung, Gelael, Farfus) nimmt das Rennen von P16 aus der vorletzten Reihe auf. #46 Qualifying-Fahrer Ahmad Al-Harthy: „Die Balance des Autos ist nicht schlecht, aber leider waren unsere Gegner zu schnell.“
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