Motorsport-Fans erwartet ein vollgepacktes Rennwochenende: Während die Formel 1 in Monza und die MotoGP im spanischen Aragon gastieren, trägt die WEC ihr sechstes Saison-Event in Austin, Texas aus. Gut für heimische Zuschauer: Das Rennen der Langstrecken-WM beginnt wegen der Zeitverschiebung von 7 Stunden am Sonntag um 20:00 Uhr deutscher Zeit und kollidiert deshalb weder mit der F1 noch mit der Motorrad-WM. Eurosport 1 zeigt das 6-Stunden-Rennen in Austin komplett live im Free-TV, Sport1 steigt ab 23:00 Uhr ein.
Eines haben die Rennen in Monza, Aragon und Austin gemeinsam: Es wird absolute Gluthitze erwartet! Im WEC-Fahrerlager steigt das Thermometer auf bis zu 34 Grad, und obendrein hat der Wettergott noch ein Schmankerl parat: Für den Rennsonntag auf dem Circuit of the Americas drohen Sturm und heftige Regenfälle. So könnte das 6-Stunden-Rennen zu einer echten Wasserschlacht ausarten, ähnlich wie schon anno 2014.
Die WEC gastiert nach den letztjährigen US-Gastspielen in Sebring erstmals seit der Übergangs-Saison 2019/20 in Austin. Das letzte Rennen auf dem 'CotA' im Februar 2020 gewann überraschend Rebellion. Mit Siegen von Privatiers ist diesmal weniger zu rechnen, nicht zuletzt, weil sich Isotta Fraschini während der laufenden Saison zurückgezogen hat. Damit gehen erstmals nur 18 Prototypen in der Hypercar-Klasse an den Start und decken sich mit den 18 Fahrzeugen in der LMGT3-Kategorie.
WEC 2024: Die bisherigen Sieger
Rennen | Sieger | Team |
---|---|---|
Katar | Estre/Lotterer/Vanthoor | Porsche |
Imola | Conway/Kobayashi/De Vries | Toyota |
Spa-Francorchamps | Stevens/Ilott | Jota-Porsche |
24h Le Mans | Fuoco/Molina/Nielsen | Ferrari |
Sao Paulo | Buemi/Hartley/Hirakawa | Toyota |
Austin | ? | ? |
Fuji | ? | ? |
Bahrain | ? | ? |
Porsche reist als WEC-Spitzenreiter nach Austin
Wie man in Austin gewinnt, weiß am besten Porsche. Die Zuffenhausener feierten zwischen 2015 und 2017 drei aufeinanderfolgende Siege während der LMP1-Ära. Auch mit dem Nachfolger namens Porsche 963 läuft es seit diesem Jahr blendend: Der deutsche Sportwagenbauer führt alle Fahrer-, Team- und Hersteller-Wertungen in der WEC an. Andre Lotterer, Kevin Estre und Laurens Vanthoor reisen als Spitzenreiter in die USA, ihr Vorsprung auf die Le-Mans-Sieger von Ferrari - Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen - beträgt 19 Punkte.
"Das Ziel ist klar: Wir wollen Weltmeister werden", sagte der deutschsprachige Belgier Vanthoor, und gab einen Einblick in die Team-Strategie: "Ab sofort geht es strategischer zu. Wir legen den Fokus auf konstante Punktegewinne. Natürlich wollen wir jedes Rennen gewinnen, wenn sich eine Chance bietet." Lotterer/Estre/Vanthoor fuhren nach ihrem Auftaktsieg in Katar in jedem Rennen aufs Podium, nur bei den 24 Stunden von Le Mans reichte es lediglich zum undankbaren vierten Platz.
Das US-amerikanische Porsche-Werksteam Penske kann in Austin nicht nur von seinen Erfahrungen aus der IndyCar-Serie und der NASCAR schöpfen, sondern auch auf Daten von Testfahrten zurückgreifen. Ende Juli absolvierte Porsche ebenso wie die meisten anderen Hersteller einige Testtage in Austin, bevor sich die WEC in eine sechswöchige Sommerpause verabschiedete.
"Bei den Tests haben wir insgesamt mehr als drei WEC-Renndistanzen abgespult. Alles lief sehr sauber durch", sagte Urs Kuratle, Porsche-Leiter Werksmotorsport LMDh. "Zudem haben wir in Anwesenheit zahlreicher Mitbewerber in der Hypercar-Klasse bereits erkennen können, dass sich die Fans sehr wahrscheinlich auf einen spannenden Wettbewerb über sechs Stunden freuen dürfen. Ich gehe fest davon aus, dass die beiden Porsche 963 des Werksteams und auch die drei baugleichen Autos unserer Kundenmannschaften weit vorn dabei sein werden."
Toyota auf dem Papier Favorit beim US-Rennen
Als schärfster Gegner auf dem 5,513 Kilometer langen Kurs gilt Toyota. Die Japaner haben beim letzten Rennen in Sao Paulo durch Sebastien Buemi, Brendon Hartley und Ryo Hirakawa ihren zweiten Saisonsieg eingefahren - und das in höchst dominanter Manier. Beim Zieleinlauf betrug der Vorsprung des #8 Toyota GR010 Hybrid mehr als eine Minute auf die Zweitplatzierten Lotterer/Estre/Vanthoor. Hätte der zweite Toyota nicht mit Technikproblemen zu kämpfen gehabt, wäre es wohl auf einen Doppelsieg hinausgelaufen.
Der dominante Auftritt hat Toyota in der Balance of Performance für Austin nicht unbedingt geholfen. Mit 1.065 Kilogramm ist der GR010 das schwerste Auto im Starterfeld, obendrein gab es 9 kW (12 PS) Leistungsabzug. Damit fährt erstmals in dieser Saison ein Hypercar mit weniger als 500 kW Power, der Toyota muss mit 497 kW (675 PS) auskommen.
Trotzdem können sich die Japaner berechtigte Hoffnungen auf ihren ersten Sieg in Austin machen: Der Toyota GR010 gilt weiterhin als das Auto mit der besten Reifennutzung und kann seine Stärken gerade bei enormer Hitze ausspielen. "In Austin wird es wieder heiß, so wie bei unserem Test letzten Monat", sagte Sebastien Buemi, der in Sao Paulo seinen 25. WEC-Sieg einfuhr. "Das Reifen-Management wird eine Herausforderung. Wir haben aber in Sao Paulo gezeigt, dass das zu den Stärken unseres Teams zählt."
Ferrari sieht sich nicht als Favorit in Austin
Zwar hatten die Hersteller Ende Juli die Gelegenheit bei einem Michelin-Test, sich mit den Medium- und Hart-Mischungen vertraut zu machen, aber: Im Anschluss wurde die Strecke zu Teilen neu asphaltiert, um den dauerhaften Bodenwellen Herr zu werden. Das wirkt sich natürlich auf das enorm wichtige Reifen-Management aus. "Dadurch können wir möglicherweise ein aggressiveres Setup fahren", mutmaßte Ferraris Langstrecken-Chef Ferdinando Cannizzo. "Wir müssen den Einfluss des Asphalts neu bewerten."
Ferrari ist in Austin auf Wiedergutmachung aus, nachdem die Roten - und der Gelbe von AF Corse - in Sao Paulo größtenteils chancenlos hinterherfuhren. Sportwagenchef Antonello Coletta hatte im Anschluss auf einen "fairen Kampf" beim nächsten Rennen gepocht und damit offenbar indirekt die Balance of Performance kritisiert. Die 499P-Prototypen durften für Austin 5 Kilogramm ausladen und wiegen nun 10 Kilo weniger als die Toyota. Mit Ausnahme von BMW und Lamborghini verloren allerdings alle Hersteller etwas Leistung.
Im Ferrari-Lager gab man sich vor dem Austin-Rennen eher skeptisch. "Der Circuit of the Americas liegt unserem Auto besser als Sao Paulo", wurde Alessandro Pier Guidi in einer Pressemitteilung zitiert. "Im Vergleich zum letzten Rennen haben wir also eine bessere Chance und ich bin optimistischer. Ich denke nicht, dass wir zu den Favoriten zählen. Wir geben aber unser Bestes, um das Potenzial des Autos zu erschließen."
Nächste WEC-Punkte für Mick Schumacher und Co.?
Porsche, Toyota und Ferrari machen die Meisterschaft ganz klar unter sich aus, die weiteren fünf Hersteller sind nur Statisten im WM-Kampf. Eindeutiger Beweis: Alpine, BMW, Peugeot, Cadillac und Lamborghini haben insgesamt 95 Punkte gesammelt - Ferrari allein hat mit 109 Zählern mehr auf dem Konto.
Aus dem Reigen der WEC-Neueinsteiger gilt Alpine als positive Überraschung. Mick Schumacher und seine Teamkollegen Nicolas Lapierre sowie Matthieu Vaxiviere haben in Sao Paulo ihren ersten WM-Punkt erobert, während das Schwesterauto bei elf Zählern steht. An die erste Punkteausbeute will sicherlich auch das BMW-Trio Marco Wittmann/Raffaele Marciello/Dries Vanthoor anknüpfen. Der Autobauer aus München hofft in Austin gar auf sein erstes Top-5-Resultat.
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