Fast vier Monate nach dem diskutablen WEC-Rennen in Spa-Francorchamps (11. Mai 2024) kommt es bald zu einer Verhandlung rund um den 'Fall Ferrari' vor dem Internationalen Berufungsgericht. Motorsport-Magazin.com hatte bereits exklusiv berichtet, dass die Entscheidung über den finalen Ausgang des Spa-Rennens erst im September erwartet wird, jetzt hat die FIA einen konkreten Termin angegeben.

Am Dienstag, 03. September ab 10:30 Uhr tagt das Internationale Berufungsgericht in Genf - zwei Tage nach dem sechsten WEC-Rennen der Saison 2024 am kommenden Wochenende im texanischen Austin.

Ferrari legt Berufung gegen abgewiesenen Protest ein

Zur Verhandlung steht die eingelegte Berufung der Le-Mans-Sieger von Ferrari AF Corse gegen einen zunächst abgelehnten Protest der Sportkommissare beim dritten Saisonrennen in Belgien. Sollten die Italiener den Fall tatsächlich gewinnen, könnte das die WM-Wertung der Langstrecken-Weltmeisterschaft im Nachgang durchwirbeln. Die Chancen stehen erwartungsgemäß aber eher gering. Ferrari hatte am 15. Mai - vier Tage nach dem Spa-Lauf - eine Berufung eingelegt und damit den Gang vor das ICA (International Court of Appeal) eingeleitet.

Der Sportwagenbauer sucht nach einer Klarstellung zum Reglement in Folge des verlängerten Spa-Rennens - wo Ferrari effektiv einen sicher geglaubten Doppelsieg verloren hatte. "Es ist wichtig, die Auslegung der Regeln zu kennen, um sicher zu sein, was in Zukunft passieren wird", erklärte Sportwagenchef Antonello Coletta am Rande der 24 Stunden von Lre Mans. "Wir brauchen Klarheit, weil dies die Strategie und die Entscheidungen, die wir treffen, beeinflussen könnte."

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Ferrari verpasste den Doppelsieg in Spa, Foto: Ferrari

Rennverlängerung kostete Ferrari Doppelsieg in Spa

Ferraris Unmut über die Abläufe des ursprünglich auf 6 Stunden angelegten Spa-Rennens am 11. Mai kam wenig überraschend: Als die Rennleitung um 17:13 Uhr - knapp 2 Stunden vor dem eigentlichen Zieleinlauf - rote Flaggen in Folge des schweren Unfalls zwischen Earl Bamber (Cadillac) und Sean Gelael (WRT-BMW) schwenken ließ, lagen die beiden Werks-Ferrari 499P komfortabel in Führung.

Nach den aufwendigen Reparaturarbeiten der Leitplanken und Fangzäune auf der Kemmel-Geraden entschieden die Sportkommissare für viele überraschend, die während der roten Flaggen verlorene Rennzeit nachzuholen. Das ist per Sportlichem Reglement erlaubt. Damit wurde das Rennen um 1:44 Stunden verlängert. Während der Unterbrechung lief die Zeit gemäß des Reglements weiter. Zum Zeitpunkt der angekündigten Verlängerung (18:56 Uhr) wären regulär nur noch 4 Minuten zu fahren gewesen - das hätte praktisch Ferraris Doppelsieg bedeutet.

FIA argumentiert mit sportlicher Fairness - Ferrari findet's fragwürdig

Laut einem Schreiben der FIA sei das Ziel der Verlängerung gewesen, "allen Wettbewerbern sportliche Fairness zuzugestehen, weil sie ihre Strategien auf ein 6-Stunden-Rennen ausgelegt hatten. Das Rennen zu verkürzen, hätte bedeutet, dass manche Wettbewerber aufgrund dessen etwas gewonnen und andere etwas verloren hätten".

Ferrari hielt diese Entscheidung für fragwürdig und antwortete nach dem Rennende mit einem eingelegten Protest. Die Sportkommissare urteilten jedoch, dass der Protest nicht zulässig sei, weil "Entscheidungen der Stewards unter dem FIA International Sporting Code nicht Gegenstand eines Protests sein können". Für die Italiener war die Angelegenheit damit noch nicht beendet - eine Berufung und der angekündigte Gang vors Internationale Berufungsgericht folgten wenige Tage später.

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Ferrari wehrt sich gegen abgewiesenen Protest beim WEC-Rennen in Belgien, Foto: LAT Images

Jota-Porsche staubt bei Ferraris WEC-Debakel ab

Der Sieg in Spa-Francorchamps ging überraschend an den #12 Jota-Kunden-Porsche (Stevens, Ilott) vor dem #6 Penske-Porsche (Lotterer, Estre, Vanthoor). Beide 963-Prototypen hatten kurz vor der Rotphase ihre Boxenstopps eingelegt und dadurch effektiv eine Minute Zeit gewonnen, während viele Konkurrenten inklusive der beiden Werks-Ferrari direkt nach der Wiederaufnahme die Box zum Nachtanken ansteuern mussten.

Der Ferrari mit der Startnummer #50 (Antonio Fuoco/Miguel Molina/Nicklas Nielsen) beendete das Rennen in Spa auf dem dritten Platz vor dem #51 Schwesterauto mit Antonio Giovinazzi, Alessandro Pier Guidi und James Calado. Bei den nachfolgenden 24 Stunden von Le Mans gelang den Roten in Form des #50 499 P die Titelverteidigung. In der vorläufigen WM-Tabelle liegt Ferrari mit 109 Punkten hinter Spitzenreiter Porsche (126 Punkte) und Toyota (122).