Das Rennen auf dem Sachsenring steht vor der Tür und mit einem Blick auf den WM-Stand in der MotoGP dürfte es durchaus spannend werden. Wenn ich jetzt eine Einschätzung über die Chancenverteilung am Wochenende treffen müsste, dann würde ich sagen, die drei Spitzenreiter - Valentino Rossi, Dani Pedrosa und Casey Stoner - haben alle in etwa die gleichen Karten, wobei Stoner einen leichten Vorteil hat. Ich denke, er wird dort richtig schnell sein. Gut, er war zuletzt sowieso richtig schnell, aber ich habe bislang kein schlechtes Wort von ihm über die Strecke gehört und das nicht nur in den offiziellen Pressemitteilungen, sondern auch inoffiziell.

Offiziell wird ja ohnehin immer alles schön geredet, aber er hat auch so immer positiv über den Sachsenring gesprochen. Die Anderen haben hier und da dann schon einmal den Ausdruck Micky-Maus-Strecke fallen lassen, er aber eben nicht. Und deswegen denke ich, dass er durchaus mit einem leichten Vorteil ins Wochenende gehen könnte. Mit einem absoluten Alleingang rechne ich deswegen aber noch nicht.

Auch wieder mit dabei sein wird Loris Capirossi und es ist jetzt müßig, darüber zu diskutieren, ob er sich wegen der Verletzung von Assen noch etwas Zeit hätte geben sollen. Denn bei ihm drängt die Zeit mittlerweile etwas und er muss schauen, dass Resultate kommen. Denn nun ist die Phase in der Saison, in der es um die Fahrerplätze für nächste Saison geht. Da kann er nicht sagen, er setzt jetzt am Sachsenring aus, zumal Ben Spies bei seinem Einsatz doch recht gut ausgesehen hat. Er war besser als erwartet und deswegen wird an Loris' Stuhl schon ein wenig gerüttelt. Aus diesem Grund muss er einfach wieder auf die Maschine, egal ob das zu früh ist oder nicht.

Loris Capirossi muss wieder in den Sattel, Foto: Rizla Suzuki
Loris Capirossi muss wieder in den Sattel, Foto: Rizla Suzuki

John Hopkins hat das Glück, dass er für 2009 fest im Sattel sitzt und sich auskurieren kann, wobei er mit seinen Verletzungen wohl wirklich unter keinen Umständen hätte fahren können. Was seinen Unfall und generell die Unfälle in Ramshoek in Assen betrifft, so muss ich Nicky Hayden zustimmen, der gemeint hatte, wenn wir uns nun wegen der schnellen Kurve aufregen, dann werden wir nachher herumheulen, weil dort eine Schikane eingebaut wurde. Assen ist nach dem Umbau ohnehin verstümmelt und wenn dort so weitergemacht wird, dann wird man irgendwann ein Einzelzeitfahren machen müssen, damit sich die Jungs nicht gegenseitig in die Maschine fahren können. Dann würde es aber sehr, sehr langweilig.

Assen hat aber auch gezeigt, wie dünn das Fahrerfeld in der MotoGP mittlerweile ist. Nach den Ausfällen von Capirossi und Hopkins sind im Rennen auch noch ein paar Fahrer gestürzt und es waren kaum noch Maschinen unterwegs. Die Entwicklung lässt bereits einigen Leuten die Haare zu Berge stehen. Vor allem an der Strecke merkt man, wie wenig da eigentlich los ist. Im Fernsehen lässt sich das noch kaschieren, aber an der Strecke ist es schon deutlich zu spüren, wenn da einmal lange nichts passiert, nachdem die Fahrer vorbeigekommen sind. Für die Zuschauer wird das dann recht eintönig.

Da bleibt natürlich die Frage, wie sich das ändern lässt. Die Antwort könnte lauten, dass die Teams einfach mehr unterstützt werden müssen. Die Dorna hätte bei einigen Herstellern zwar gerne ein drittes Motorrad - namentlich Kawasaki und Suzuki -, doch so einfach ist das nicht. Irgendwo muss das Budget dafür ja herkommen. Das geht bei der Technikabteilung los, die mehr Ersatzteile produzieren muss. Das geht dann bis zu den Leuten, die an der Strecke arbeiten - von Mechanikern, über LKW-Fahrer, bis zu den Flugreisen. Das ist ein riesiger Tross, der da dranhängt. Ein drittes Motorrad fahren zu lassen ist einfach gesagt, aber nicht so einfach umgesetzt. Und in der Hinsicht würde ich schon auch die Dorna ein wenig in der Pflicht sehen, dass sie da ein wenig Unterstützung bietet.

Die kleinen Klassen

Mancherorts wird ja schon vom möglichen Heimsieg für Stefan Bradl oder Sandro Cortese in der 125er-Klasse gesprochen. Wie es in dieser Saison aussieht, hat anscheinend fast jeder überall die Chance auf den Sieg, aber allzu viel Druck sollte man deswegen jetzt nicht machen. Denn davon haben sie ohnehin schon genug, auch wenn sie nicht in Deutschland sind. Der Stefan hat beim freien Test auf dem Sachsenring richtig gut ausgesehen und eine super Rundenzeit gefahren. Wenn er im Rennen auch so locker fahren kann, dann sollte schon einiges möglich sein. Sandro hat sich in Assen auch gut präsentiert, die Chance besteht also in jedem Fall, die Erwartungen sollten aber nicht zu hoch angesetzt werden. Zu wünschen wäre es ihnen natürlich.

Bei Gabor Talmacsi geht es wieder bergauf, Foto: Aprilia
Bei Gabor Talmacsi geht es wieder bergauf, Foto: Aprilia

Wieder im Aufwind ist nach dem Sieg in Assen natürlich auch Gabor Talmacsi. Denn er hat nun das Gefühl, dass der WM-Zug in diesem Jahr vielleicht doch nicht abgefahren ist. Er hat allerdings schon ein ordentliches Stück aufzuholen, aber theoretisch besteht die Chance noch. Wenn er dann noch mit einem Sieg in die Sommerpause gehen könnte, würde ihm das weiteren Auftrieb geben - Pech hat er diese Saison ohnehin schon genug gehabt.

In der 250er-Klasse hat Piaggo nun reagiert. Bautista hatte in Assen zwar ein gutes Rennen, aber nur auf ihn kann sich der Konzern nicht verlassen und setzt nun auf das heiße Eisen Marco Simoncelli, der bei den Tests in Brünn eine RSA-Maschine probieren durfte. Denn wenn man nicht will, dass KTM "aus Versehen" Weltmeister wird, dann müssen sie ihre besten Fahrer schon mit dem besten Material ausrüsten.

Thomas Lüthi hat vor allem den Rennbeginn verbessert, Foto: Aprilia
Thomas Lüthi hat vor allem den Rennbeginn verbessert, Foto: Aprilia

Stark nach oben zeigt im Moment auch die Formkurve bei Thomas Lüthi. Nach seinem ersten Podestplatz in Mugello kam in Assen nun ein weiterer dazu. Bis zum ersten Sieg ist es allerdings wohl noch ein harter Weg. Denn es gibt drei Fahrer, die ihm das richtig schwer machen - Simoncelli, Bautista und Kallio. An denen muss er erst einmal vorbei. Seine Leistungen haben aber wirklich gut ausgesehen und er hat sich im Vergleich zu Saisonbeginn vor allem in den ersten zwei, drei Runden gesteigert. Früher hat es so ausgesehen, als ob er im Training zwar gute Zeiten fuhr, dann aber mit einem schlechten Start oder einem guten Start und Fehlern danach, in den ersten Runden immer mindestens fünf Plätze verloren hat. Das scheint er nun im Griff zu haben, denn er hat zuletzt seine Position gehalten oder sogar verbessert. Und das ist der Schlüssel zum Erfolg.

Besonders spannend wird das Sachsenring-Wochenende für mich persönlich, weil Sebastian Kreuziger in der 125er-Klasse mit dabei sein wird, den ich ja auch betreue. Die Resultate werden dabei aber eher nebensächlich sein, denn ich denke, er ist noch nicht ganz soweit, um da ein gutes Ergebnis herausfahren zu können. Es geht eher darum, viel zu lernen. Die IDM ist in diesem Jahr sicher auf einem ordentlichen Niveau, aber bei weitem noch nicht so schnell wie eine Weltmeisterschaft. Ich habe das Gefühl, dass sich die Jungs in Deutschland ab und zu mit dem Tempo zufrieden geben, das hier an den Strecken vorgelegt wird und dabei übersehen, dass es noch viel schneller geht. Ich denke, es wird ihnen gut tun, zu sehen, was mit identischen Motorrädern überhaupt möglich ist.