Kenny Roberts jr.

Kenny, warum bist Du ein guter Testfahrer?
Kenny Roberts: Ich brauche immer viel Grip und gutes Verhalten beim Umlegen. Deswegen verbringe ich sehr viel Zeit damit, die Reifen kennenzulernen. Ich bin darin offenbar gut, gebe brauchbares Feedback. Du musst einfach versuchen, den Michelin Jungs genau zu sagen, wie sich der Reifen beim Umlegen und Bremsen anfühlt, welchen Grip er aufbaut, wie er slidet und so fort. Es geht darum zu verstehen, wie ein Reifen arbeitet.

Wie wichtig sind die Wintertests dabei?
Kenny Roberts: Wir probieren eine ganze Menge neuer Sachen über den Winter, aber ich denke, Reifentests sind das Wichtigste überhaupt. Zusammen mit dem Chassis-Set-up machen sie bestimmt 60 bis 70 Prozent der Testarbeit aus.

Warum ist Michelin in der MotoGP so erfolgreich?
Kenny Roberts: Es scheint, als sei das ganze Unternehmen sehr motiviert und konzentriert auf alles, was zum Erfolg benötigt wird. Sie wollen Weltmeisterschaften gewinnen, sie wollen jedes Rennen gewinnen und sie wollen das Qualifying gewinnen. Für Michelin ist MotoGP nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine sportliche. Und sie besitzen immense Erfahrung.

Wie viele Reifen probierst du bei jedem Test aus?
Kenny Roberts: Zwischen zehn und 30 pro Session. Wir fahren fünf bis sieben Runden, um ein erstes Bild vom Reifen zu bekommen. Dann folgt je nach Ergebnis eine Renndistanz.

Hinterreifen haben einen breiteren Grenzbereich, da das Sliden in der MotoGP zum Standard gehört. Ist es schwieriger, das Limit eines Vorderreifens herauszufinden?
Kenny Roberts: In gewissem Sinn ist es sogar einfacher, ein erstes Gefühl für die Charakteristik eines Vorderreifens zu gewinnen. Entscheidend ist das Umlegen und Einlenken, und das fühlst du nicht, wenn du viel slidest. Ohnehin rutscht du wenig mit dem Vorderreifen - zumindest nicht absichtlich.

Nur mit vollem Einsatz gewinnt man brauchbare Informationen, Foto: Yamaha
Nur mit vollem Einsatz gewinnt man brauchbare Informationen, Foto: Yamaha

Colin Edwards

Colin, was zeichnet einen guten Testfahrer aus?
Colin Edwards: Zuerst mal muss ein guter Fahrer wissen, was er will - sonst verzettelst du dich schnell. Ich bin Rennfahrer, kein Ingenieur oder Aufhängungs-Guru, also versuche ich, meinen Jungs die Eindrücke von der Strecke so gut es geht zu übersetzen. Vieles am Testen ist einfach das Ausschließen von Wegen, die nicht funktionieren.

Wie schwierig ist es, mit einem neuen Reifentyp ans Limit zu gehen?
Colin Edwards: Mir fallen Reifentests am leichtesten, weil diese Dinger deine Verbindung zur Fahrbahn sind und du meist innerhalb von ein oder zwei Runden sagen kannst, ob ein Reifen besser oder schlechter funktioniert. In anderen Bereichen sind manchmal nur schwer Unterschiede festzustellen. Aber einfach sind Reifentests deswegen nicht. Du fährst 98 oder 99 Prozent, in manchen Runden auch 100, weil du nur so brauchbare Informationen gewinnst. Mit 90 Prozent brauchst du erst gar nicht loszufahren.

Dir scheint das Testen mehr zu liegen als manch anderem. Wie kommt das?
Colin Edwards: Nicht alle mögen es, Runde um Runde abzuspulen. Aber als ich in der Superbike-WM fuhr, kniete ich mich richtig rein und fuhr drei Mal im Jahr nach Ladoux, um auf der Michelin Teststrecke bei Clermont-Ferrand ein paar tausend Runden zu fahren. Ich erkannte, wie groß unsere Fortschritte waren. Ich glaube, wir fahren mehr Tests als Rennen, aber wenn du die Ergebnisse siehst, ist es die Mühe allemal wert. Manchmal funktionieren die Sachen, die wir ausprobieren, besser als das Ausgangsprodukt, manchmal nicht - dann testest du eben die nächste Option. Auch wenn es sich bisweilen anfühlt, als drehst du endlos Runden für nichts, sammelst du doch ständig wichtige Daten. 90 Prozent meiner Tests drehen sich um die Reifen, was vor allem durch die Langstreckentests kommt, wenn Michelin wissen will, ob ein guter Reifen über die Distanz hält.