Nach deinem Sturz in Valencia hattest du eine recht langwierige Verletzung, Infektion inklusive. Wie geht´s dir jetzt? Ist schon alles ausgestanden?
Dirk Heidolf: Es sieht eigentlich sehr gut aus. Es sind noch zwei kleine Stellen, an denen es noch ein bisschen eitert, aber die Operationsnarbe ist zugewachsen. Diese Woche habe ich wieder angefangen, richtig zu trainieren und hab bislang - toi, toi, toi - keine größeren Probleme.

Die Infektion ist also wieder völlig abgeklungen?
Dirk Heidolf: Ja, es sieht schon danach aus. Das Ultraschall zeigt, das kein Eiter und keine Flüssigkeit mehr unter der Haut ist, sich also keine Nester gebildet haben. Wir sind auf dem besten Wege und in der nächsten Woche oder den nächsten zehn Tagen müsste das dann abgeschlossen sein.

Die Verlertzung sollte ausgestanden sein, Foto: Dirk Heidolf
Die Verlertzung sollte ausgestanden sein, Foto: Dirk Heidolf

Du hattest dich in diesem Jahr auch an der Hand verletzt und dadurch ein paar Rennen versäumt. Wie sehr zerstören solche Verletzungen eine Saison?
Dirk Heidolf: Das ist halt eine alte Rennfahrerkrankheit. Ein Kahnbeinbruch ist nicht ganz so einfach. Es ist zwar kein großer Knochen, aber dafür ein wichtiger Knochen, weil er den Daumen stützt. Wir haben durch Leistungstests natürlich immer überprüft, ob ich nicht schon früher fahren kann, aber das geht eben nicht so einfach. Bei der natürlichen Heilung spricht jeder von zwölf Wochen und wir haben das auf sieben Wochen reduziert. Aber den Körper und die Wundheilung kann man nicht einfach beschleunigen. Da war es natürlich Schade, dass das fünf Rennen gekostet hat, bei denen ich verletzungsbedingt nicht dabei war.

Wie groß ist bei Verletzungen der Zwiespalt zwischen dem Standpunkt, dass es erst ausheilen sollte und dass man möglichst schnell wieder im Sattel sitzen will?
Dirk Heidolf: Man tendiert schon zum Zweiteren. Man will versuchen, so schnell wie möglich wieder auf dem Motorrad zu sitzen. Da muss man aber auch ehrlich gegenüber sich selbst sein. Denn es bringt überhaupt nichts, wenn man zu einem Rennen kommt und ist nur 50 bis 60 Prozent fit, denn dann fährt man sowieso nur hinterher. Das ist ein Problem, dass der Rennfahrer von außen, also vom Team, von den Ärzten oder vom Sportpsychologen, eingebläut bekommen muss: dass es für ihn relativ sinnlos ist, mit nur 50 Prozent Leistungsfähigkeit zu einem Rennen zu gehen, weil es damit unmöglich ist, irgendwelche Bäume auszureißen. Außerdem wird dadurch der Heilungsprozess auch wieder verlängert. Denn dadurch kommt immer wieder Druck oder Belastung auf die Verletzung und dadurch wird die Genesung um einiges hinausgezögert.

Dirk Heidolf kann wieder lachen, Foto: Dirk Heidolf
Dirk Heidolf kann wieder lachen, Foto: Dirk Heidolf

Was hat in diesem Jahr sonst noch das Erreichen von guten Ergebnissen erschwert? Mit dem Material hat es ja auch nicht immer hundertprozentig gepasst…
Dirk Heidolf: Rein auf dem Papier sieht die Saison schon bescheiden aus, das muss man klar sagen. Mit meinen 15 Punkten und meinem 21. Platz bin ich natürlich auch nicht zufrieden. Wenn man aber sieht, dass ich zwei Mal wegen der Technik ausgeschieden bin und fünf Mal verletzungsbedingt gefehlt habe, dann sind wir schon bei sieben Rennen. Wenn die Saison dann 16 Rennen hat, dann sind noch neun, wo ich wirklich dabei sein konnte und von diesen neun bin ich sieben Mal in die Punkte gefahren. Wenn man das einmal aufschlüsselt und ein bisschen auseinanderzieht, dann ist es im Gesamtbild zwar nicht berauschend, aber bei den Rennen, wo ich in die Punkte kam, da lief es nicht so schlecht. Nach der Sommerpause ging es auch gleich gut los, als ich in Brünn auf den elften Platz gefahren bin. Und dann muss man natürlich sagen, dass der Unterschied zwischen einem Werksmotorrad und einem Production Racer schon gigantisch ist. Es wäre auch schlimm wenn es nicht so wäre, denn die einen bezahlen über eine Million Leasing und wir zahlen für einen Kit 85.000 Euro, also das ist schon ein gewaltiger Unterschied.

Wie läuft jetzt die Vorbereitung für das nächste Jahr?
Dirk Heidolf: Ich mache jetzt Grundlagenausdauer und Krafttraining, damit ich gut gestärkt und mit einem gewissen Grundstock an Fitness in die Saison gehen kann, den ich dann auch so halten kann. Aber von der Leistungsfähigkeit wird man nie alles behalten. Es wird einmal ein Hoch und dann auch ein Tief geben und das wirkt sich dann auch auf die Psyche und den ganzen Körper aus. Ich denke aber, dass ich auf einem guten Weg bin. Ich habe im Trainingsaufbau zwar rund 18 Tage verloren, aber wir sind jetzt gut dabei, das wieder aufzuholen. Wir haben den Trainingsplan etwas umgestellt und was für mich in diesem Winter noch viel wichtiger ist, ist dass ich viel öfter Motorrad fahre. Das heißt, vor allem Supermoto und Motocross und wir versuchen, dass wir bis Ende dieser oder Anfang nächster Woche die zwei Motorräder da haben und dann loslegen können.

Du und das Team, ihr werdet in der kommenden Saison dann schon mehr Erfahrung mit der Aprilia haben. Wie sehr wird das weiterhelfen?
Dirk Heidolf: Das ist natürlich auch ein ganz wichtiges Thema. Vor der vergangenen Saison sind wir von Honda auf Aprilia umgestiegen und deswegen war es das allererste Jahr, in dem das Team mit Aprilia zusammengearbeitet hat und auch jemals an einer Aprilia gearbeitet hat. Da ist es jetzt im zweiten Jahr natürlich hilfreich, wenn wir schon einige Daten haben und die meisten im Team wissen schon, was auf sie zukommt. Aprilia hat das Thema zwar nicht unterschätzt, aber manchmal ist es nicht so einfach, eine Ableitung von Honda zu Aprilia zu ziehen. Deswegen mussten wir in diesem Jahr teilweise auch Leergeld bezahlen, haben aber trotzdem viele Daten erarbeitet. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Kiefer eines der professionellsten Privatteams ist, ich komme mit den Mechanikern sehr gut aus und die beiden Teamchefs sind sehr seriös und stehen voll hinter der Sache. Ich bin auf jeden Fall begeistert, auch wenn wir nur ein kleines Team sind.

Stefan Kiefer hat bei der Vertragsverlängerung ja gefordert, dass du in Zukunft dein volles Potential entfaltest. Siehst du das als Kritik oder als Ansporn?
Dirk Heidolf: Sowohl als auch. Bei uns im Team und auch für mich persönlich hat Kritik ja nichts damit zu tun, dass irgendwer schlecht geredet werden soll. Mit der Kritik an mir sucht er ja nicht nur nach dem Schlechten oder will mich schlecht machen, sondern Kritik ist ein Hinweis, dass irgendetwas nicht ganz so läuft wie es sollte oder man einfach etwas besser machen könnte. Wenn er beispielsweise zu mir sagt, du musst da ein bisschen später bremsen, dann meint er, versuch das halt. Es sieht immer nur nach außen so aus, als ob das Kritik sei, aber im Prinzip ist es einfach ein Ansporn. Ich habe in diesem Jahr zwei, drei Mal gezeigt, dass wir mit dem diesjährigen Material um die Top Ten mitfahren konnten. Nächstes Jahr wird es dann wieder etwas schwerer, weil mehr Werksmotorräder da sein werden. Aber warum sollte uns nichts gelingen, wenn wir wieder als Team zusammenarbeiten. Wenn das Motorrad richtig hält und keine Verletzungen dazwischenkommen, warum sollen wir dann nicht für eine Überraschung gut sein.

Was wäre das Wunschziel für nächste Saison?
Dirk Heidolf: Als Wunschziel muss auf jeden Fall einmal etwas in den Top Ten gelten. Meine letzte Top Ten war 2003 und das ist einfach viel zu lange her. Das gefällt mir selber auch nicht. Wir - damit meine ich das Team, denn wir gewinnen und verlieren als Team - müssen uns um die Top Ten positionieren und natürlich einmal unter die Top Ten fahren. Unser Ziel muss zwischen Platz zehn und 13 liegen.