Der Motorradsport ist für Sie ja nichts gänzlich Neues. Sie haben ja bereits in den 70ern einen Motorradmotor entwickelt?
Mario Illien: (lacht) Ja, der ist aber nie gelaufen.

Danach waren Sie sehr erfolgreich in der Indycar und in der Formel 1 als Motorkonstrukteur tätig. Wie kamen Sie zu dem Entschluss, nun ein MotoGP-Projekt zu starten?
Mario Illien: Wir hatten schon mehrere Jahre ein Interesse daran, aber es hat sich nie wirklich ergeben. Wir haben einmal eine zeitlang mit Kawasaki gearbeitet, weil sie einen Motor entwickeln wollten, aber nach drei Monaten hat sich das Management dann anders besonnen. Dann haben wir einmal mit Harley Davidson zusammen gearbeitet, aber dort hat man sich auch anders entschieden. Im Juli des letzten Jahres habe ich dann Ilmor wieder aus Teilen von Mercedes - das waren die Special Projects- herausgenommen und neu gegründet. Das war für uns der Hauptanlass, zu dem wir gesagt haben, jetzt kommt 2007 ein neues Reglement und wir sind in dem Sinne jetzt frei und wir können entscheiden, in welche Richtung wir gehen wollen. Und durch das Reglement war es sicher interessant, so ein Projekt anzugehen und das war auch ein Grund, warum wir das letzten Endes begonnen haben.

Die Ilmor X3 im Einsatz, Foto: Ilmor Engineering
Die Ilmor X3 im Einsatz, Foto: Ilmor Engineering

Wie ist es dann zur Zusammenarbeit mit Eskil Suter gekommen?
Mario Illien: Eskil haben wir kennen gelernt, als wir am Kawasaki-Projekt gearbeitet haben. Er hat ja einmal für Kawasaki gearbeitet und die Chassis gemacht und da kam die Verbindung zustande. Als wir uns dann im letzten Jahr entschieden haben, das Motorrad zu bauen, war es nahe liegend, das mit Eskil zu machen.

Sie haben gesagt, die Entscheidung für das Projekt fiel im vorigen Jahr, aber wie lange hat die Entwicklung bislang wirklich gedauert?
Mario Illien: Begonnen hat es eigentlich schon im Juli letzten Jahres bei der Neugründung der Firma. Ich war da aber nur am Rande dabei, weil ich bis zum Ende des Jahres noch bei Mercedes war. Wir haben aber unmittelbar nach dem Entschluss, das Projekt anzugehen, mit den Arbeiten begonnen.

Nun war Ihr Team in diesem Jahr bereits zwei Mal mit einer Wildcard im Renneinsatz. Zwar ging es da gegen die stärkeren 990cc-Maschinen, aber welche Bilanz würden Sie ziehen?
Mario Illien: Der Grund für die Einsätze war, zu testen. Wir sind sehr früh in die Rennen gegangen, um einfach Renn-Erfahrung zu sammeln. Für uns war das sicher ein sehr guter Test und auch ein guter Vergleich mit der Konkurrenz. Außerdem hat das auf das Team auch ein wenig Druck ausgeübt, da wir sicherstellen mussten, dass wir da sind und eine einigermaßen gute Figur machen. Unter Druck zu arbeiten, finde ich immer wieder positiver, als wenn man nur für sich alleine Testen geht. Man hat aber auch ganz deutlich gesehen, dass wir noch einiges am Projekt zu arbeiten haben. Wir müssen vor allem Speed finden. Wir hatten jetzt so viel Neues bei diesen zwei Rennen, inklusive der Reifen und der Abstimmung der Maschine auf diese Reifen und so weiter. Das braucht Zeit und da braucht man noch weitere Testtage.

Wie würden Sie die Wertigkeit von Rennkilometern im Vergleich zu Testkilometern einstufen?
Mario Illien: Ich würde die Rennkilometer wesentlich höher Einstufen, weil man da unter Zwang etwas bieten muss. Jeder konzentriert sich da viel mehr auf das, was geschieht. Es gibt einen ganz klaren Zeitplan und die Leute müssen zusammen arbeiten und in möglichst kurzer Zeit Lösungen finden. Das ist sicher positiv und auch die Erkenntnisse, die man danach daraus ziehen kann, sind sicher wesentlich.

Am Mittwoch und Donnerstag waren nun Testfahrten, bei denen auch die meisten anderen Teams mit ihren neuen Maschinen unterwegs waren. Wie würden Sie sich da im Vergleich sehen?
Mario Illien: Es war ganz eindeutig, dass wir Zeit gewinnen müssen. Wir haben über diese zwei Tage Fortschritte gemacht, aber auch Erkenntnisse gewonnen, wo wir weiter Fortschritte machen können und müssen. Wir haben aber auch noch andere Fahrer getestet und dadurch anderes Feedback gehabt, was sicher auch positiv war. Mit den Erkenntnissen der letzten beiden Tage und auch aus den zwei Rennen, die wir hatten, glaube ich schon, dass wir einen Schritt weiterkommen.

Sie haben die Fahrer gerade angesprochen. Gary McCoy, Jeremy McWilliams und Andrew Pitt haben für sie getestet und McCoy ist die Rennen gefahren. Können Sie schon etwas darüber sagen, wer nächstes Jahr für Sie unterwegs sein wird?
Mario Illien: Nein, das ist zurzeit noch offen. Es war sehr interessant, mit den anderen Fahrern zu arbeiten und deren Meinung zu hören sowie Feedback zu bekommen. Wenn man die Rundenzeiten betrachtet, dann waren sicher alle ähnlich schnell. Gary hat für uns während der Rennen und auch während der Tests sicher einen sehr guten Job gemacht mit den Möglichkeiten, die er hatte.

Gary McCoy war bei den beiden Wildcard-Einsätzen unterwegs, Foto: Ilmor Engineering
Gary McCoy war bei den beiden Wildcard-Einsätzen unterwegs, Foto: Ilmor Engineering

Wenn Sie sich einen Fahrer aussuchen könnten, wer wäre denn ihr Traumpilot?
Mario Illien: (lacht) Ich glaube da gibt es nur einen, das ist gar keine Frage. Sicher wünscht sich jedes Team oder jeder Hersteller, dass sie einen Rossi haben könnten. Er ist im Moment das Ultimative, aber da müssen wir uns Gedulden, ich glaube nicht, dass das so schnell passieren wird.

Abgesehen von der Schnelligkeit die Rossi hat. Ist er in ihren Augen auch so ein guter Entwickler?
Mario Illien: Das kann ich nicht beurteilen. Ich kenne ihn nur von den beiden Rennen, an denen wir teilgenommen haben. Ich habe nie mit ihm gesprochen. Ich muss einfach annehmen, dass er ein Fahrer ist, der von seinem Team sehr viel fordert und auch sehr gutes Feedback bringt und weiß, was er will und wohin er will.

Die MotoGP ist der höchste Level des Straßen-Motorradsports und es ist schwierig, sofort ganz vorne mitzumischen. Wie sieht ihr Zeitfenster aus, in dem Sie vorne dabei sein wollen?
Mario Illien: Für mich ist klar, im nächsten Jahr müssen wir schon einigermaßen dabei sein. Ich könnte mir vorstellen, wenn wir alles umsetzen, was wir vorhaben, dann müsste ab und zu sogar ein Top-Fünf-Platz möglich sein.

Das Abenteuer MotoGP ist sicher nicht billig. Bislang waren Sie ohne Sponsoren unterwegs, wollen Sie da noch welche ins Boot holen oder eigenständig weitermachen?
Mario Illien: Wir wollen sicher noch einige Sponsoren ins Boot holen. Wir haben auch einige sehr gute Gespräche und ich hoffe, dass wir vor Saisonbeginn ein paar Partner gewinnen können.

Was sind jetzt noch die wichtigsten Wegpunkte bis zur nächsten Saison?
Mario Illien: Wir arbeiten am Motor. Wir werden bis zum Beginn des nächsten Jahres eine Ausbaustufe haben. Dann sind da sicher die Reifen, die wir im nächsten Jahr fahren können von größter Bedeutung und die Fahrerwahl ist auch sehr wichtig. Das sind alles Dinge, die wir in den nächsten Wochen klären müssen.

Vorher haben Sie schon angesprochen, dass im ersten Jahr hin und wieder ein Top-Fünf-Platz möglich sein könnte, aber was erwarten Sie sich generell von der ersten Saison?
Mario Illien: Also die Top Fünf werden wir nicht regelmäßig erreichen. Ich erwarte, dass wir die ersten Zehn erreichen können.