Die MotoGP zeigt sich bei ihrer Premiere in Indien begeistert vom neuen Austragungsort. Der Buddh International Circuit hat die Fahrer mit seinem komplexen und flüssigen Layout überzeugt, das gesamte Paddock lobt die Gastfreundschaft der indischen Bevölkerung. Die Probleme im Vorfeld rund um Sicherheitsbedenken und das Chaos bei der Visa-Vergabe schienen da schnell vergessen.

Am Trainingsfreitag gab es in Indien aber doch wieder Ärger. Auslöser waren die Marshals oder Sportwarte, im deutschen fälschlicherweise auch oft als Streckenposten bezeichnet. Diese Arbeiter, verantwortlich für die Bergung von Motorrädern oder die Ausgabe von Flaggensignalen, erfüllen ihren Dienst an allen Rennstrecken auf freiwilliger Basis. Die Qualität ihrer Ausbildung und dementsprechend auch ihrer Arbeit variiert von Event zu Event aber stark.

Francesco Bagnaia beim Trackwalk am Buddh International Circuit in Indien
Die MotoGP-Premiere ist der erste WM-Lauf am Buddh International Circuit seit zehn Jahren, Foto: LAT Images

In den ersten Sessions zum Indien-Grand-Prix zeigte sich, dass es hier noch Aufholbedarf gibt. Nachdem die ersten Trainings von Moto3, Moto2 und MotoGP noch planmäßig über die Bühne gingen, konnte die zweite Session der Moto3 am Nachmittag nicht wie vorgesehen um 9:45 Uhr unserer Zeit beginnen. "Session delayed due to track condition", ließ die Rennleitung wissen. Eine Meldung, die normalerweise bei Reparaturarbeiten an Sicherheitselementen wie Airfences oder Reinigungsarbeiten nach Unfällen verwendet wird. Von derartigen Vorgängen war in den TV-Bildern aber nichts zu sehen.

Wie sich später herausstellte, waren viele Marshals zum Beginn des zweiten Moto3-Trainings schlicht und ergreifend nicht auf ihren Posten. Wie es dazu kommen konnte, ist unklar. Manche Quellen führen den Vorfall auf ein Kommunikationsproblem zurück, andere sprechen von einem Streik der Marshals, die nach mehreren Stunden bei extremer Hitze und praktisch ohne Wasser bessere Arbeitsbedingungen gefordert hätten.

MotoGP-Training aus Indien
Die Entfernung havarierter Bikes dauerte am Freitag oft zu lange, Foto: LAT Images

Die Marshals kehrten schließlich an ihre Arbeitsplätze zurück, die Nachmittagstrainings aller drei Klassen gingen mit 45 Minuten Verspätung über die Bühne. Damit war der Ärger über die Vorstellung der Sportwarte aber noch nicht vorüber. Wenn Fahrer zu Sturz kamen, oder sich etwa im tiefen Kies von Kurve eins eingruben, dauerte es lange, bis die betroffene Passage wieder freigegeben werden konnte. Das geht auf Strecken mit erfahrenen Marshals deutlich schneller.

"Die Marshals hier brauchen so lange, bis sie ein Motorrad entfernt haben. Da verlierst du beim Sturz eines anderen Fahrers gleich zwei Runden wegen Gelber Flaggen", ärgerte sich KTM-Team-Manager Francesco Guidotti schon während des Nachmittagstrainings. Am Ende der Session sollte eine gestrichene Rundenzeit seinem Spitzenpilot Brad Binder tatsächlich teuer zu stehen kommen. Er fuhr in seinem letzten Umlauf auf Platz vier der Zeitenliste, doch die Runde wurde aufgrund Gelber Flaggen nach einem Sturz von Takaaki Nakagami aberkannt. Nakagamis Crash passierte rund 70 Sekunden bevor Binder an die Unfallstelle kam.

Der Südafrikaner marschierte nach dem Training zur Rennleitung, um eine Klarstellung der Situation zu erhalten. Die MotoGP setzt ja auf eine Mischung aus Lichtpanelen und klassischen Flaggensignalen. Die Lichtpanele werden zentral angesteuert, das Schwenken der Flaggen obliegt den Marshals. In Binders Fall war die Gelbphase laut den Panelen bereits vorüber, der zuständige Marshal schwenkte aber noch die Flagge. "Ich habe die Rundenzeit nicht zurückbekommen", erklärte Binder später in seiner Medienrunde.