Dass die MotoGP ein Problem mit der immer mehr ausufernden Aerodynamik der Bikes hat, ist längst kein Geheimnis mehr. Zum einen erschweren sie das Überholen, was bereits für den Unmut der Fans sorgt. Nun weisen vor dem Österreich GP in Spielberg mehrere Fahrer aber auf ein anderes Problem hin und dieses hat mit einem noch wichtigerem Thema als Überholmangel zu tun: Sicherheit.

GASGAS-Rückkehrer Pol Espargaro hatte bei seinem Comeback in Silverstone einen starken Eindruck der Auswirkungen der immer ausgeprägteren Flügel bekommen: "Ich habe das in Silverstone stark gespürt. Ich war hinter einer Gruppe in der ersten schnellen Schikane. Ich konnte das Bike kaum einlenken. Da gibt es viele Turbulenzen. Das ist ziemlich gefährlich muss ich sagen." Doch noch gefährlicher wird die Situation unmittelbar hinter einem Konkurrenten, wie Alex Marquez zu berichten wusste: "Der Windschatten macht es manchmal unvorhersehbar. Mir ist das in Mugello passiert. Bei Highspeed kann man leicht einen Fehler machen. Wenn du einen Fahrer überholst, dann versuchst du ihn nicht zu berühren, aber manchmal kannst du das nicht kontrollieren."

Marco Bezzecchi kam in Silverstone zu Sturz, Foto: LAT Images
Marco Bezzecchi kam in Silverstone zu Sturz, Foto: LAT Images

Marco Bezzecchi stürzte zuletzt in Silverstone, als er hinter dem führenden Francesco Bagnaia auf der Hangar-Geraden fuhr. Der Italiener hatte sich nicht genug auf den starken Windschatten-Effekt eingestellt: "Bei mir war es mein Fehler, da ich mich nicht genug [aus dem Windschatten, Anm. d. Red.] bewegte. Wir wissen, dass sich diese Bikes so verhalten. Ich müsste mich mehr bewegen." Espargaro wusste genau, wovon eine Fahrerkollegen sprechen. Auch er hatte das Phänomen des schwierigen Anbremsens im Windschatten schon im Vorjahr erlebt: "Mir ist das letztes Jahr in Katar passiert. Als Bastianini mich überholte, scherte er vor mir wieder ein. Dann ist es so, als würde dich jemand von hinten anschieben und du kannst nicht mehr bremsen. Du gehst weit."

Der Spanier wünscht sich daher, dass die MotoGP-Fahrer ihr Verhalten im Zweikampf ändern: "Wenn du den anderen blockst, dann kann er dich zwar nicht überholen, aber er wird so schnell, dass er dich von hinten abräumen kann." Zweikämpfe sollten angesichts der Umstände der Aerodynamik nurmehr auf eine Art und Weise geführt werden: "In der modernen MotoGP müssen wir Seite an Seite Überholen und Bremsen. Jeder braucht stehts etwas frische Luft."

Problematik: Verbot bestraft die beste Arbeit

"Es ist ein technisches Problem. Als Ducati vor ein paar Jahren anfing, diese Flügel zu produzieren, da habe ich mich bereits darüber beschwert. Ich komme noch aus der Ära ohne Flügel bei Yamaha. Als Ducati damit anfing, spürte ich diese Turbulenzen", konnte der GASGAS-Pilot die Entwicklung des Problems verfolgen. Die Abschaffung der Flügel müsste allerding von allen Teams einstimmig beschlossen werden, was die Bevorteilten wie Ducati natürlich nicht zulassen würden.

Ducati gilt in der Aerodynamik als Vorreiter, Foto: LAT Images
Ducati gilt in der Aerodynamik als Vorreiter, Foto: LAT Images

Die Dorna hätte aber trotzdem das Recht auf eine Änderung, wenn die Thematik ausdrücklich als Sicherheitsrisiko gewertet würde. Überraschenderweise will Espargaro dies aber nicht: "Es ist schwierig, denn die Hersteller stecken eine Menge Geld in diese Dinge. Du würdest sie für ihren technischen Fortschritt bestrafen. Das wäre nicht fair. Wir Fahrer müssen uns also anpassen und auch unsere Linien verändern." Und auch Marc Marquez, dessen Honda aerodynamisch zurückliegt, fordert eine Anpassung bei den Fahrern: "Es zieht dich vor dem Bremspunkt heran. Ich bin Bikes ohne und welche mit Flügel gefahren und die mit sind kritischer. Da müssen wir uns anpassen."

Zweikämpfe nurmehr nebeneinander? Bezzecchi mit vielsagender Antwort

Ob die Fahrer ein solches 'Gentlemens-Agreement' untereinander angesichts ihres sportlichen Ehrgeizes wirklich umsetzten würden, ist eine andere Frage. Marco Bezzecchi drückte das Dilemma aus: "Im Sinne der Sicherheit sollte niemand einen anderen Fahrer blockieren. Wenn ich aggressiv überhole, dann muss ich es auch. Es hängt von der Situation ab, aber Rennfahren ist Rennfahren. Also ja und nein."