Seit 2021 besteht das Thema eines möglichen MotoGP-Einstiegs des Superbike-Weltmeisters desselben Jahres. Toprak Razgatlioglu entschied damals nicht während der Saison Yamaha-Intern von der Superbike-WM zur MotoGP zu wechseln. Der Türke wollte sich lieber seinen ersten Titel sichern und tat dies auch. Statt ihm bekam Mitte 2021 Franco Morbidelli den Platz neben Starpilot Fabio Quartararo im Yamaha-Werksteam. Der Italiener mit Vertrag bis Ende 2023 fährt seitdem hinterher und daher blieb das Thema Razgatlioglu stets aktuell. Obwohl dieser seinen Titel 2022 an Alvaro Bautista und Duacti verlor, zählt er immer noch zu den Spitzenpiloten seiner Rennserie.

Nun hat das Superbike-Ass am 10. und 11. April bei einem privaten Test in Jerez zum zweiten Mal die Yamaha YZR-M1 fahren dürfen. Der Türke absolvierte zahlreiche Runden und setzte eine Bestzeit von 1:38.860 Minuten. Zum Vergleich: Yamaha-Testfahrer Cal Crutchlow war ebenfalls im Einsatz und fuhr eine hohe 1.37er Zeit. Dennoch war der 26-Jährige zufrieden: "Ich hatte zwei wirklich gute Tage. Ich habe mich darauf konzentriert, so viele Runden wie möglich zu fahren, um das Motorrad besser zu verstehen, anstatt auf eine schnelle Rundenzeit zu drängen, aber es hat trotzdem sehr viel Spaß gemacht!"

Razgatlioglu bei Yamaha? Das sagen Quartararo und Morbidelli

Razgatlioglu ist vor allem für sein starkes Bremsen bekannt. In der MotoGP müsste er sich wohl etwas umstellen und mehr in den Kurvenspeed investieren. Ist er dennoch ein möglicher Teamkollege von Fabio Quartararo? Der Franzose wiegelt zu der Frage ab: "Das ist nicht meine Sache. Es war sicher eine großartige Möglichkeit für ihn, das Bike zu testen. Ich habe mit ihm nicht über den Test gesprochen. Es liegt nicht in meinen Händen. Wer wird mein Teamkollege sein? Es kann Franco sein, aber es kann auch jemand anderes werden."

Franco Morbidelli, dessen Platz akut bedroht ist, zeigte zuletzt beim regnerischen Wochenende in Argentinien mit vierten Rängen in Sprint und Grand Prix die mit Abstand besten Leistungen seiner Zeit beim Werksteam von Yamaha. Der Italiener kämpft um einen Vertrag in der MotoGP. Dennoch fliegen keinerlei Giftpfeile zu seinem Konkurrenten: "Toprak Razgatlioglu ist ein Fahrer, der bei Yamaha unter Vertrag steht und in der Superbike-Weltmeisterschaft hervorragende Leistungen erbracht hat und noch erbringt. Alle Top 5 Superbike-Fahrer haben eine Chance in der MotoGP verdient."

Franco Morbidelli kämpft um seinen Platz, Foto: Yamaha Media
Franco Morbidelli kämpft um seinen Platz, Foto: Yamaha Media

Morbidelli lobte auch den offenen Umgang von Yamaha mit den Fahrern: "Was mich betrifft, so war ich über den Test informiert. Die Firma ist immer sehr fair zu und mit ihren Fahrern." Offen kommuniziert hat auch Teamchef Lin Jarvis, dass er damals lieber Razgatlioglu statt Morbidelli verpflichten hätte sollen. Wird der Türke also verspätet zu seinem MotoGP-Debüt kommen? Wir haben uns die Optionen angesehen und diese liegen nicht nur in Japan.

Option 1: Yamaha

Natürlich ist das Werksteam aus Hamamatsu die offensichtlichste Variante. Razgatlioglu steht dort bereits in der Superbike-WM unter Vertrag und Franco Morbidellis Zukunft wackelt ganz gewaltig. Dazu hat er die M1 bereits getestet, ein anderes MotoGP-Bike kennt er nicht. Allerdings soll Yamaha auch an Pramac-Pilot Jorge Martin baggern. Dieser war letztes Jahr Enea Bastianini im Zweikampf um den Ducati-Werksplatz unterlegen. Der Spanier träumt seitdem davon, es in ein Werksteam zu schaffen. Yamaha könnte ihm diese Möglichkeit bieten. Selbst ein Abschied Morbidellis ist allerdings nicht garantiert. Jarvis verriet erst am Donnerstag im Interview bei 'MotoGP.com', dass es ihm am liebsten wäre, würde der Italiener seine Form finden und sie ihr gemeinsames Engagement fortsetzen können.

Option 2: GASGAS

Pol Espargaro ist, seine vollständige Genesung vorausgesetzt, der Platz beim KTM-Satellit sicher. Der Platz daneben ist jedoch wesentlich offener. Augusto Fernandez hat bisher zwei ordentliche Debüts hingelegt. Razgatlioglu ist in der Motorradszene aber wohl der größere Name und hat Unterstützung von KTM-Sponsor Red Bull. Der wahrscheinlichste Kandidat für den Tech-3-Platz heißt aber Pedro Acosta. Sollte das Supertalent den Sprung in die MotoGP schon 2024 schaffen, dann wird ihn KTM nicht verlieren wollen und einen Platz bei GASGAS zur Verfügung stellen.

Option 3: Pramac

Sollte Jorge Martin wirklich zu Yamaha gehen, wäre bei Pramac ein Platz frei. Johann Zarco hat ebenfalls noch keinen Vertrag über 2023 hinaus, aber eine Verlängerung des erfahrenen Franzosen kann als wahrscheinlich gelten. Das Problem für Razgatlioglu ist aber, dass Ducati gerne aus den eigenen Reihen rekrutiert, und hier würde sich der aktuelle WM-Leader Marco Bezzecchi aufdrängen. Sollte dieser jedoch bei VR46 verbleiben wollen, gäbe es vielleicht eine kleine Chance für den Türken.

Option 4: Gresini

Alex Marquez' Platz bei Gresini dürfte nach seinen ersten Leistungen auf der Ducati bereits sicher sein, das gilt aber nicht für Fabio di Giannantonio. Im Vergleich zu den anderen sieben Ducati-Piloten fällt der Italiener momentan etwas ab. Gut möglich, dass sich Gresini nach einem stärkeren Fahrer sehnen könnte. Das Problem für Razgatlioglu dabei ist aber seine Nationalität. Eigentlich will Gresini zumindest einen Italiener im Team haben.