Marc Marquez ist zum vierten Mal MotoGP-Weltmeister. So hart wie für den Titel 2017 musste er aber noch nie arbeiten. Vor allem zu Saisonbeginn lief es für Marquez gar nicht nach Wunsch. Schon nach den ersten beiden Rennen in Katar, wo er Vierter wurde und Argentinien, wo er in Führung liegend zu Sturz kam, hatte Marquez in der Weltmeisterschaft 37 Punkte Rückstand auf Maverick Vinales. Zurück in Europa folgte mit dem zweiten Rennsturz in Le Mans der nächste Tiefschlag.

Bei der Abreise aus Le Mans teilte Marquez seinen engsten Vertrauten etwas mit, was man von ihm bislang noch nicht gehört hatte. "Mir macht das Rennfahren keinen Spaß mehr", sagte er der erstaunten Gruppe rund um Papa Julia und Bruder Alex. Dieses emotionale Tief sollte sich auch bald körperlich auswirken. Am Sonntag in Valencia schilderte Marquez hierzu eine unglaubliche Anekdote: "Ich war nach Mugello bei meiner Friseurin und sie fragte mich, was denn mit mir los sei. Mir gingen reihenweise die Haare aus. Ich konnte mir das nicht erklären. Ich bin ja erst 24 Jahre alt und mein Vater und auch mein Opa haben noch extrem viele Haare."

Beim nächsten Rennen in Barcelona suchte Marquez deshalb MotoGP-Arzt Dr. Angel Charte auf. Dessen Diagnose ließ nicht lange auf sich warten: "Das ist stressbedingter Haarausfall. Du musst deinen Zugang zum Rennsport ändern." Marquez wusste, was zu tun war. Er musste wieder den Spaß am Motorradfahren wiederfinden und die Ergebnisse würden praktisch von alleine kommen. Beim Katalonien-GP gelang Marquez das nur bedingt. Am Samstag stürzte er gleich vier Mal, auch im Warm Up ging er einmal zu Boden. Im Rennen fuhr er aber zu Platz zwei und startete damit einen Erfolgslauf. In zwölf Rennen bis zum Saisonende verpasste Marquez nur zwei Mal das Podium. Bei seinem Motorschaden in Silverstone und mit Rang vier in Sepang.

MotoGP-Weltmeister 2017: Marc Marquez verteidigt Titel: (01:10 Min.)

Was stresste Marquez aber in dieser Saison überhaupt dermaßen? Der alte und neue Weltmeister nennt eine Reihe von Faktoren:

Die neue Honda RC213V

Honda überarbeitete im Winter 2016/2017 seine MotoGP-Maschine. Man stellte den Motor von einer Screamer-Zündreihenfolge auf Big Bang um - eine gewaltige Veränderung. Das sorgte zu Saisonbeginn für einige Anpassungsschwierigkeiten. "So etwas ist für keinen Hersteller einfach und das ist sicher der Hauptgrund, warum wir nicht so gut in die Saison gestartet sind. Es ist aber beeindruckend, wie Honda es geschafft hat, mit diesem neuen Motor alle drei Weltmeistertitel in der MotoGP zu gewinnen. Das ist die Power von Honda."

Die vielen Stürze

Marc Marquez ging in dieser Saison unglaubliche 27 Mal zu Boden. Mit Abstand ein neuer Bestwert für den ohnehin sturzanfälligen Repsol-Honda-Piloten, der in seinen vier MotoGP-Jahren zuvor 15, 11, 13 und 17 Mal crashte. "Ich musste in jeder Session voll ans Limit gehen. Auch für mich ist es nicht einfach, so viele Stürze wegzustecken und trotzdem gleich wieder schnell sein. Ich habe mir aber selbst klargemacht, dass ich einfach keine Angst haben darf", verrät Marquez.

Marc Marquez verbuchte in der MotoGP-Saison 2017 satte 27 Stürze, Foto: LAT Images
Marc Marquez verbuchte in der MotoGP-Saison 2017 satte 27 Stürze, Foto: LAT Images

Die extreme Leistungsdichte in der MotoGP 2017

Was Titelkämpfe in der MotoGP angeht, ist Marc Marquez bereits ein alter Hase. Verglichen mit seinem ersten Gesamtsieg in seiner Rookie-Saison wurde es aber von Jahr zu Jahr schwieriger. "Als ich 2013 Weltmeister geworden bin, waren die Rennen bei weitem nicht so eng. Wenn ich damals einen schlechten Tag hatte, bin ich eben Vierter geworden. Jetzt gibt es aber so viele starke Fahrer und Hersteller. Wenn du da einen Fehler machst, bist du ganz schnell nur noch Zehnter." Die Tatsache, dass bis zur Saisonhalbzeit mit Marquez, Maverick Vinales, Andrea Dovizioso, Valentino Rossi und Dani Pedrosa noch fünf Fahrer realistische Titelchancen hatten, unterstreicht Marquez' These.

Andrea Dovizioso

Der Ducati-Pilot machte Marc Marquez 2017 das Leben extrem schwer. Er gewann sechs Rennen und damit gleich viele wie Weltmeister Marquez. "Dovi war unglaublich schnell und konstant", lobt Marquez seinen Titelrivalen. "Er hat sich immer wieder zurückgekämpft. Ich musste ständig All-In-gehen. Das hat man in Österreich und Japan gesehen, wo ich bis zur letzten Kurve versucht habe, ihn zu schlagen, auch wenn es eigentlich nicht möglich war.