Die erste Startreihe des Australien GP 2016 sieht anders aus, als es MotoGP-Fans gewohnt sind. Der Weltmeister steht zwar an der Spitze, doch dahinter reihen sich neue Gesichter ein. Cal Crutchlow wurde Zweiter, Pol Espargaro landete auf Rang drei. Motorsport-Magazin.com hat sich die Strategien der drei Piloten angesehen:
Marc Marquez: Der Meister-Stratege
Weltmeister, Polesetter, Meister-Stratege: Die Titel, die man Marquez geben kann, häufen sich. Der Fünffach-Champ machte auch am Qualifying-Samstag von Australien wieder einmal alles richtig. "Man muss schnell sein, aber auch eine gute Strategie haben", erklärt er. "Wir sind zur richtigen Zeit mit dem richtigen Reifen auf die Strecke gegangen, jedes Mal." Ehre, wem Ehre gebührt. Im Gegensatz zum Großteil der Konkurrenz kam Marquez bereits nach einer Runde im zweiten Qualifying gleich wieder in die Box – zum Reifenwechsel. "Als ich draußen war, habe ich gesehen, dass alles komplett trocken war. Ich bin dann zurück in die Box gefahren und habe dort drei Minuten verloren. Dafür hatte ich dann den richtigen Reifen", fasst der Honda-Pilot zusammen.
Der richtige Reifen war in diesem Fall das Slick-Pneu. Kein Problem in einem Qualifying unter normalen Bedingungen – im Fall Phillip Island 2016 jedoch ein vermeidliches Rennen gegen die Zeit. Ab etwa Mitte der Session sollte es zu starken Regenfällen kommen, die eine Bestzeit-Jagd unmöglich gemacht hätten. Marquez setzte auf Risiko und fuhr auf Slick-Reifen Bestzeit um Bestzeit, während sich andere Piloten auf Intermediate-Pneus durchschlugen.
Doch trotz goldrichtiger Strategie gab es auch Probleme für den Polesetter. Nicht nur das unvollkommene Setup seiner RC213V machte es Marquez ein Stück weit schwerer, sondern auch ein Blick auf die Konkurrenz. Da der erwartete Regen ausblieb, folgten auch andere Piloten dem Beispiel Marquez' und kamen zum Bike-Wechsel an die Box. "Jemand anderes hätte auch schneller sein können als ich, wenn es sich einen neuen Reifen geholt hätte", schlussfolgert Marquez. Doch die Sorgen blieben unbegründet, denn der Honda-Pilot fuhr die Session auf Slicks ebenfalls zu Ende und schlug die Konkurrenz um 0.792 Sekunden.
Cal Crutchlow: Der Zweifler
Während Marquez die Slick-Idee spontan umsetzte, verpasste Cal Crutchlow seine Chance durch zu viel Nachdenken. Dem LCR-Piloten kam in der ersten Qualifying-Session derselbe Gedanke. "Nach dem ersten Qualifying wollte ich auf Slicks wechseln, aber ich habe dann meine Meinung geändert", seufzt Crutchlow. "Ich bin ein bisschen enttäuscht, denn ich hätte auch die Pole haben können. Normalerweise bin ich der Erste, der auf Slicks wechselt." In diesem Fall machte sich der Brite jedoch selbst einen Strich durch die Rechnung – und kostete sich damit die zweite Pole Position des Jahres.
Dabei hatte Crutchlow nach eigenem Ermessen sogar einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz aus dem zweiten Qualifying. Der LCR-Pilot musste sich zuvor in Qualifying Nummer eins gegen Valentino Rossi, Jorge Lorenzo und Co. durchsetzen, was ihm meisterhaft gelang. "Dadurch hatte ich etwas an zusätzlicher Erfahrung", ist sich Crutchlow sicher. Durch die falsche Entscheidung war dieser Vorteil jedoch dahin und Crutchlow die Pole los. Nur eine Fliegende Runde blieb dem Briten auf Slick-Reifen. Damit konnte er den Rhythmus von Marquez nicht mehr angreifen.
Pol Espargaro: Der Nachzügler
Marquez und Crutchlow heckten die Slick-Idee selbstständig aus, Pol Espargaro auf Platz drei hingegen besah sich erst der Konkurrenz, bevor er entschied, in die Box zu gehen. Die eigentliche Idee des Tech3-Piloten war nämlich eine andere. "Ich wollte auf Intermediate-Reifen schnell rausgehen und meine Bestzeit setzen, bevor der Regen aufkommt", erklärt Espargaro. Der Regen blieb aus und damit auch die Chance Espargaros, auf Intermediate-Pneus die Slick-Performance von Marquez zu toppen. Einfach machte sich der jüngere Espargaro die Entscheidung nicht, dem Beispiel des Weltmeisters zu folgen. "Ich habe hinter Marc gepusht, aber er ist dann an die Box gefahren. Ich habe mit mir gehadert, an die Box zu kommen und für eine Runde zu pushen", gibt er zu. "Aber habe dann verstanden, dass es keine gute Idee wäre, draußen zu bleiben."
Wesentlich später hätte Espargaro die Entscheidung auch nicht treffen dürfen, denn die Möglichkeit auf die angekündigten schweren Regenfälle stand während der ganzen Qualifying-Session im Raum. "Ich habe dann die Reifen gewechselt, was ein großes Risiko war", stellt Espargaro daher auch fest. "Wenn es geregnet hätte, wäre ich der Letzte gewesen." Doch genauso wie Marquez und Crutchlow wurde auch Espargaro für seinen Mut belohnt – mit dem besten Qualifying-Ergbnis des Jahres.
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