Die ersten fünf Rennen der MotoGP 2016 sind Geschichte und im Gegensatz zur Formel 1 ist im Titelrennen noch alles offen. Marc Marquez, Jorge Lorenzo und Valentino Rossi konnten jeweils bereits mindestens ein Rennen gewinnen und in der Gesamtwertung trennen das Trio aktuell nur zwölf Punkte. In den Rennen gibt es mehr Unsicherheitsfaktoren denn je und alle drei Titelkandidaten leisteten sich bereits Ausrutscher. Motorsport-Magazin.com weiß, worauf es für die Titelkandidaten 2016 ankommt.

Faktor 1: Sitzenbleiben! Oder wieder aufsteigen...

Im Zusammenspiel aus Michelin und neuer Einheitselektronik ist das über Jahre gewachsene sichere Gefühl der Fahrer plötzlich fort. Nur fünf Fahrer (Marquez, beide Espargaro-Brüder, Barbera und Laverty) sahen in allen fünf bisherigen Rennen die Zielflagge. Selbst Lorenzo und Rossi unterliefen Fehler, die zu ihrem Ausfall und jeweils einer Null in der Gesamtwertung führten.

Da die Rennen des MotoGP-Jahrgangs 2016 nur allzu oft in Crash-Orgien ausarten, ist es wichtiger denn je, nach einem Crash wieder auf sein Motorrad aufzusteigen. Der in Le Mans gestürzte Marquez holte dadurch mit einer Runde Rückstand noch drei Punkte, weil nur 13 Fahrer die Zielflagge sahen. Auch in Argentinien holte der Letztplatzierte Dovizioso noch drei Zähler, als Lohn für das Schieben seiner Ducati über die Ziellinie nach einem Crash.

Faktor 2: Gewinne den Start

Frage an alle MotoGP-Fans: Wie viele Tage ist der letzte Führungswechsel in einem Rennen her? Ganze 36 Tage! In Runde 3 des Grand Prix von Argentinien überholte Marquez Andrea Dovizioso und schnappte sich damit Platz eins. Seither führte Marquez 18 Runden in Argentinien und 21 in Austin, Rossi 27 in Jerez (der erste Start-Ziel-Sieg von Pole Position seiner Karriere!) und Lorenzo 28 in Le Mans.

Valentino Rossi feierte in Jerez seinen ersten Start/Ziel-Sieg von Pole Position, Foto: Milagro
Valentino Rossi feierte in Jerez seinen ersten Start/Ziel-Sieg von Pole Position, Foto: Milagro

Konnten wir MotoGP-Journalisten uns in den vergangenen Jahren im Vergleich mit unseren Kollegen aus der Formel 1 oft mit den spannenden Duellen an der Spitze brüsten, ist uns dieses Argument 2016 gehörig abhandengekommen. Insgesamt gab es in dieser Saison erst drei Führungswechsel: Dovizioso vorbei an Iannone in Katar, Lorenzo vorbei an Dovizioso in Katar und Marquez vorbei an Dovizioso in Argentinien.

Ein entscheidender Faktor scheint plötzlich der Start zu sein. Ist man dem Feld erst einmal voraus, scheint nichts und niemand mehr den jeweiligen Führenden einholen zu können. Das war bis zum Vorjahr unter Bridgestone-Monopol nicht so. Reifen-Management war wichtiger und immer wieder brach ein Fahrer gegen Ende völlig ein. Das ist auf Michelin nicht mehr der Fall. Lorenzos Rundenzeiten in Le Mans befanden sich allesamt in einem Fenster von rund acht Zehntelsekunden. Der Reifen baute über die 27 Runden also nur wenig ab. Gute Arbeit von Michelin, nur leider für die Spannung wenig zuträglich.

Faktor 3: Kenne deine Grenzen

Iannone verspielte bereits über 60 Punkte, Foto: Milagro
Iannone verspielte bereits über 60 Punkte, Foto: Milagro

Ist der Start erst einmal verhaut, wird zu großes Risiko im MotoGP-Jahrgang 2016 gnadenlos bestraft. Andrea Iannone ist das beste Beispiel hierfür: In Führung liegend in Katar, auf sicherem Platz drei in Argentinien und auf Kurs zu Rang zwei in Le Mans (auch wenn es noch sehr früh im Rennen war) pushte der Italiener seine Ducati zu stark, stürzte und versenkte damit vielleicht bis zu 61 Punkte im Kies. Damit wäre Iannone mittendrin im WM-Rennen anstatt um einen Platz in den Top-10 kämpfen zu müssen - wie aktuell.

Selbst Heißsporn Marquez hat begriffen, dass man an manchen Tagen lieber einen sicheren dritten Platz mitnehmen muss, als per Harakiri-Aktion vier bis fünf WM-Punkte mehr zu attackieren. "In Jerez habe ich etwas langsamer gemacht, damit ich den dritten Platz halten kann. Es war eine schwierige Entscheidung, aber die 16 Punkte waren genug", sagte der Weltmeister von 2013 und 2014.