Wie wohl viele andere Menschen bin auch ich zu Beginn immer eher skeptisch. Diese Einstellung wahrte ich auch in Marc Marquez' erstem MotoGP-Jahr. Der Youngster stieg in die höchste aller Motorradklassen ein und räumte einfach ab. Sein zweites Jahr begann wie das erste geendet hatte: Ein Sieg jagte den nächsten, der amtierende Weltmeister ließ keinen seiner Verfolger an sich heran, sorgte für Monotonie, aber er strahlte, lachte, war freundlich zu allen und immer glücklich. Als grundsätzlich kritische Person, denke ich mir: Da stimmt doch etwas nicht. Kann ein Mensch so perfekt sein?

In dieser Saison lernte ich, mir diese Frage selbst zu beantworten: Ja, er kann und er ist sogar ansteckend. Er mag schnell sein und siegen, aber auch nach über einem Jahr MotoGP war ich noch fest davon überzeugt, dass Marquez' Lachen und Freundlichkeit nur eine Fassade sein können - er macht es Medien und Fans eben recht, der ideale neue Markenbotschafter der Königsklasse. Die Dorna kann sich freuen: Sollte Valentino Rossi seinen Helm doch eines Tages an den Nagel hängen, gibt es eine neue Nummer eins.

Marc Marquez ist einfach immer freundlich - und das ist keine Fassade, Foto: Motorsport-Magazin.com
Marc Marquez ist einfach immer freundlich - und das ist keine Fassade, Foto: Motorsport-Magazin.com

Beim neunten Saisonrennen 2014 auf dem Sachsenring bekam ich die Chance, Marquez persönlich zu interviewen. Unser Termin war am Freitag, doch schon am Donnerstag bekam ich eine beunruhigende Nachricht: "Marc geht es nicht so gut, gestern hatte er noch Fieber. Er möchte sich am Freitag aufs Fahren konzentrieren." Diva eben - oder doch nicht? Marquez verschob das Interview kurzerhand auf den Donnerstagnachmittag und wartete trotz recht warmer Temperaturen mit Schal im HRC-Truck auf mich.

Marquez war wirklich stark erkältet und während sich wohl jeder andere Fahrer einfach in seinem Motorhome lang gelegt hätte, saß er da und gab lange Interviews. Ob die Frage ernst, nachdenklich oder lustig war, spielte keine Rolle: Marquez lächelte und lachte einfach immer. Er lachte so herzlich, dass alle Anwesenden automatisch mitlachen mussten. Seine natürliche gute Laune ist kaum zu beschreiben. In diesem Moment wusste ich, dass der Spanier kein Schauspieler ist, sondern einfach jeden Tag genießt und genau das über TV-Bildschirme rüberbringt.

Während er seine Erkältung glücklicherweise nicht übertrug, steckte die gute Laune einfach an. Ich ging strahlend wieder hinaus ins Fahrerlager und behielt die ausgelassene Stimmung noch lange. Die Lebensfreude, Heiterkeit und das Lachen des nunmehr zweifachen MotoGP-Weltmeisters machen ihn aus. Ganz abgesehen von seinem Tempo, seinen atemberaubenden Zweikämpfen und seinen Rekorden, hat Marquez der Königsklasse noch etwas mehr gegeben: seinen natürlich fröhlichen Charakter, der gleichzeitig genau das ist, was mich in diesem Jahr (vor Lachen) vom Hocker gehauen hat.