Misano war ein unglaublich unglückliches Rennen, schon vor dem Start - erst das Chaos in der Startaufstellung, dann Danis Probleme mit dem Rad. Die Zuschauer an der Strecke und auf der ganzen Welt müssen sich gefragt haben, was da los ist. Können Sie uns sagen, was schiefgelaufen ist?
Shuhei Nakamoto: Wir wissen nicht wirklich, was der Auslöser war, aber die Bremse hatte sich irgendwie verklemmt und dadurch drehte sich das Vorderrad nicht. Wir entschieden, das einzig Machbare wäre der Wechsel auf die Ersatzmaschine. Wir beeilten uns, von der Startaufstellung in die Boxengasse zu kommen, als die Reifen-Heizdecke noch drauf und die Maschine noch am Ständer war. Als wir das taten, war das Vorderrat plötzlich wieder frei. Also brachten wir die Maschine wieder rechtzeitig in die Startaufstellung, damit Dani in die Aufwärm-Runde starten konnte. Wenn man die Maschine in die Boxengasse bewegt, hat das automatisch eine Strafe zufolge, womit Dani auf den letzten Platz der Startaufstellung zurückfiel. Dennoch war Dani in so guter Form, dass ich sehr zuversichtlich für einen Podestplatz war, bis Barbera in ihn hineinfuhr und all unsere Hoffnungen zerstörte. Es folgte eines auf das andere: die Verwirrung des Restarts, ein mechanisches Problem an der Maschine, von ganz hinten starten und dann der Sturz. Eine Riesenmenge Pech allerorts.

Dani sagte nach dem Rennen, es war komplettes Chaos in der Startaufstellung. Keines der Teams war sich sicher, welcher Ablauf nach so einem Restart kommt - ob sie wieder Heizdecken verwenden konnten, ob das Rennen gleich lang blieb, ob es auf 27 oder sogar 26 Runden verkürzt wird. Es gab viel Verwirrung...
Shuhei Nakamoto: Ja, es war so, wie Dani es sagte. Laut den Regeln wären Heizdecken für einen Restart nicht erlaubt. Aber dann begann das Ducati-Team damit, die Heizdecken wieder aufzuziehen und alle anderen folgten einfach. Die Abläufe für den Start waren sehr unklar und alles war chaotisch. Dann kam die Ein-Minuten-Warnung und wir merkten, dass das Vorderrad feststeckte und sich nicht bewegte. Wir wissen noch immer nicht, was daran schuld war - die Daten sagen, der Bremsdruck war OK und es gab kein physisches Problem mit den Bremsen. Wir haben die Scheibe und den Bremsbelag geprüft, doch auch dort war nichts falsch. Es gab kein Problem mit der Heizdecke und es schien nirgendwo einen Schaden zu geben. Vielleicht gab es ein paar Reifenfetzen und die verklemmten das Rad? Was auch immer es war, das Rad hat sich selbst befreit, als wir die Maschine von der Startaufstellung wegschoben und wir konnten das Problem nicht nachstellen. Natürlich wollen wir nicht, dass so etwas wieder passiert, also werden wir ganz genau schauen, was die Ursache war.

Eigentlich kann mal all das nur als Pech bezeichnen. Obwohl Dani von ganz hinten starten musste, dachte er, wäre er ruhig geblieben und hätte keine Fehler gemacht, könnte er nach vorne fahren. Sogar der Sieg wäre noch drin gewesen, doch dann traf ihn Barbera. Wie hätte das Rennen Ihrer Meinung nach ausgehen können, wäre Dani nicht in den Unfall verwickelt worden?
Shuhei Nakamoto: Das ist natürlich reine Spekulation, aber wenn man die Pace bedenkt, die er nachweislich drauf hatte, dann wäre der zweite Platz wohl ziemlich sicher gewesen. Hätte er gewinnen können? Naja, ohne die Notwendigkeit, sich gegen Dani zu wehren, konnte Jorge eine viel angenehmere Pace gehen. Wenn man sich nur Jorges Zeiten ansieht, dann könnte man natürlich denken, Dani hätte gewinnen können, doch so einfach ist das nicht. Es war durch und durch Pech, von mechanischen Problemen bis zum Abschuss durch Barbera und das macht seine Chancen auf die Weltmeisterschaft ein ganzes Stück kleiner. Ich zweifle daran, dass Dani jetzt den Titel holen kann, wenn Jorge nicht irgendeinen Rückschlag erleidet. Wie wir aber gerade gesehen haben, alles kann bei diesen Rennen passieren und bis zum Ende ist nichts sicher. Wir werden sicher nicht damit aufhören, unser Bestes zu geben, damit wir jedes Rennen gewinnen. Wir wollen diesen Titel.

Stefan Bradl beeindruckt Shuhei Nakamoto, Foto: Milagro
Stefan Bradl beeindruckt Shuhei Nakamoto, Foto: Milagro

Wie stehen die Dinge um Danis RC213V?
Shuhei Nakamoto: Sie wird mit jedem Rennen besser, seit sie in Laguna Seca debütiert hat. Wir haben in Brünn den Beweis dafür gesehen, als Dani auf einer Strecke gewann, die ihm normalerweise Probleme macht. Dieses Mal lief es auch gut, er holte im Qualifying die Pole, obwohl es die erste trockene Session des Wochenendes war. Beim Test in Aragon war Dani sehr zufrieden mit dieser Maschine und dem Setup und er glaubt, sie gibt ihm einen viel größeren Vorteil. Dieses Rennen ohne Punkte vergrößert die Lücke zwischen Jorge und Dani von 13 auf 38, aber wir glauben, unsere Maschine hat enormes Potential und wir hoffen, wir können in den verbleibenden fünf Rennen noch aufholen.

Was sagen Sie zur Leistung von Jonathan Rea, der für Casey Stoner einspringt?
Shuhei Nakamoto: Aufgrund des wechselhaften Wetters waren die drei Trainings nicht sehr nützlich, um ihn auf das Rennen vorzubereiten. Trotzdem war es ein sehr solides MotoGP-Debüt von Johnny. Er fährt die Maschine immer noch wie ein Superbike, also holt er noch nicht die volle Power aus dem MotoGP-Bike. Doch er gewöhnt sich schnell daran und da wir zwei Testtage in Aragon vor uns haben, bin ich mir sicher, wir werden ihn bald weiter vorne sehen.

Bautista wurde Dritter und auch Bradl fuhr gut...
Shuhei Nakamoto: Alvaro stand unter Druck, da es das Heimrennen seines Teams war und ich denke, dadurch gewann er die Kraft, sein erstes Podest zu holen. Das wird sein Selbstvertrauen ordentlich aufgebaut haben und ich rechne damit, dass er uns in den verbleibenden fünf Rennen noch Besseres zeigen kann. Ich bin wirklich zufrieden, wie sehr sich Stefan entwickelt hat. Es lag nur am Druckverlust in seinem Vorderreifen, dass er diesmal nicht Zweiter wurde, denke ich. Dieser Fahrer wird nur noch besser werden und ich bin mir sicher, wir werden ihn vor Saisonende noch auf dem Podest sehen.

San Marino ist die Heimstrecke von Marco Simoncelli, der voriges Jahr in Malaysia so tragisch verstorben ist. Die Strecke wurde in seinem Gedenken in Misano World Circuit Marco Simoncelli umbenannt. Ich weiß, Sie hatten große Erwartungen für Marco...
Shuhei Nakamoto: Ich denke, es ist wundervoll, dass der Name eines so großartigen Fahrers im Namen dieser Strecke weiterlebt. Ich habe seine Familie besucht, um ihr meinen Respekt zu erweisen. Habt ihr all die Fans gesehen, die Marcos Nummer 58 trugen? Ich habe keinen Zweifel, wäre er noch bei uns, würde er mitten im Titelkampf drinstecken.