Elf von achtzehn Rennsiegen in der MotoGP-Saison 2010 gingen an das Fiat Yamaha-Werksteam aus Jorge Lorenzo und Valentino Rossi. Gemeinsam gewann man dieses Jahr einmal mehr alles, was in der Motorradweltmeisterschaft zu gewinnen ging - wie schon in den beiden vorangegangenen Jahren. Nur eines war dieses Jahr anders: Der Fahrertitel der MotoGP-Klasse ging erstmals an den Spanier Jorge Lorenzo, der eine saubere und perfekte Saison fuhr. Dafür hatte Teamkollege Valentino Rossi mit den Problemen zu kämpfen, die in den letzten Jahren eher Lorenzo hatte: Verletzungen.

Jorge Lorenzo eroberte den MotoGP-WM-Titel 2010 souverän und verdient., Foto: Milagro
Jorge Lorenzo eroberte den MotoGP-WM-Titel 2010 souverän und verdient., Foto: Milagro

Und natürlich wurden immer wieder Stimmen laut, dass der Fahrertitel innerhalb des Yamaha-Werksteams nur wechselte, da sich Rossi gleich zwei Mal verletzte. Ein Mal beim MotoCross-Training an der Schulter und ein Mal bei seinem Sturz im Training von Mugello am Bein. Andersherum musste aber auch Lorenzo in den letzten Jahren immer wieder viel Lehrgeld zahlen und wurde zum Beispiel auch im Rollstuhl auf das Podest gebracht. Dieses Jahr war eben "der andere" aus der Box einmal dran.

Doch egal was man auch auskramen will, Lorenzo war in 2010 einfach in einer bestechenden Form und sicherte sich somit seinen dritten WM-Titel, den ersten in der MotoGP-Klasse. Und "ganz nebenbei" stellte der Mallorkiner einen neuen Punkterekord auf, holte mit 383 Zählern mehr Punkte, als je zuvor ein anderer Fahrer in der großen Klasse der Motorrad-Weltmeisterschaft.

In Japan sah man den schönsten Kampf der Saison zwischen Lorenzo und Rossi - mit dem besseren Ausgang für den Italiener., Foto: Yamaha
In Japan sah man den schönsten Kampf der Saison zwischen Lorenzo und Rossi - mit dem besseren Ausgang für den Italiener., Foto: Yamaha

Bei 18 Rennen stand der erst 23-jährige Lorenzo ganze 16 Mal auf dem Podest. Neun Mal schaffte er es auf das oberste Treppchen, fünf Mal wurde er Zweiter und zwei Mal Dritter. In den ersten zehn Läufen war er gar nie schlechter als auf Rang zwei über die Ziellinie gedonnert und in den beiden Fällen, als er nicht auf das Podium fuhr, waren zwei vierte Ränge das schlechteste, was er in diesem Jahr zu bieten hatte.

Lorenzo hatte es dabei keineswegs einfach, denn die Konkurrenz war in dieser Saison mitnichten schwächer als in den letzten Jahren. Und trotzdem sammelte er mit seiner unglaublichen Konstanz an der Spitze 138 Punkte mehr, als Vize-Weltmeister Dani Pedrosa hinter ihm. Und auch Pedrosa konnte, wie Rossi und Casey Stoner auch, im zurückliegenden Jahr Rennen gewinnen.

Als der WM-Titel perfekt war, siegte Lorenzo auch wieder. Nur zwei Mal stand er 2010 nicht auf dem Podest., Foto: Ronny Lekl
Als der WM-Titel perfekt war, siegte Lorenzo auch wieder. Nur zwei Mal stand er 2010 nicht auf dem Podest., Foto: Ronny Lekl

Als es in die alles entscheidende Phase der Saison ging, nahm Lorenzo ein klein wenig Dampf heraus, wurde zwei Mal Vierter und machte dann mit einem dritten Rang in Malaysia den Titel perfekt. Dann drehte er wieder auf und holte in Australien einen zweiten Platz und gewann die letzten beiden Rennen des Jahres. Doch zuvor hatte er noch eine schmerzende Niederlage hinnehmen müssen - im direkten Kampf gegen Teamkollege Rossi beim Rennen in Japan.

Dort gerieten der Spanier und der Italiener im Kampf um Rang drei aneinander und fochten den wohl spektakulärsten Kampf miteinander aus, den man von diesen beiden je gesehen hat. Denn der zog sich noch länger und intensiver hin, als in Barcelona 2009. Und wieder behielt Rossi hier die Oberhand, was dem neunfachen Weltmeister schließlich auch sichtlich gut tat.

Beinbruch und Weggang

Rossis Saison hingegen stand nicht unter einem so glücklichen Stern wie sonst immer. Den Saisonauftakt in Katar konnte er noch gewinnen, nachdem Ducati-Dominator Casey Stoner in Führung liegend gestürzt war. Doch dann folgte Verletzung Nummer eins. Beim MotoCross-Training zurück in Italien lädierte sich Rossi die Schulter. Diese Verletzung sollte auch noch lange im Jahr Gesprächsthema sein.

In Mugello erwischte es Rossi erstmals so richtig. Beinbruch, vier Rennen Pause., Foto: Milagro
In Mugello erwischte es Rossi erstmals so richtig. Beinbruch, vier Rennen Pause., Foto: Milagro

Dann kam Mugello und der Trainingssturz. Rossi verletzte sich das Bein, konnte erstmals in seiner Grand Prix-Karriere bei einem Rennen nicht am Start stehen. Und aus dem einen Rennen wurden gleich deren vier - oder eben nur vier. Denn eigentlich hatten die Ärzte eine viel längere Genesungszeit vorausgesagt, doch auf dem Sachsenring wagte Rossi das Comeback und schwang sich wieder in den Sattel seiner Yamaha M1. Und natürlich humpelte er da noch mit Krücken zum Motorrad.

Rossi wurde in Deutschland Vierter, da ihn Stoner in der Queckenberg-Kurve vor dem Ziel noch überholte. Doch für den Italiener war es dennoch eine zufriedenstellende Rückkehr in den MotoGP-Zirkus, hatte er doch mit mehr Problemen gerechnet und sich viel weiter hinten gesehen. Eine Woche später stand er dann in den USA in Laguna Seca als Dritter wieder auf dem Podest.

In Sepang holte Rossi Sieg Nummer 46 auf Yamaha., Foto: Milagro
In Sepang holte Rossi Sieg Nummer 46 auf Yamaha., Foto: Milagro

Doch ganz oben auf dem Podest konnte sich Rossi nur noch ein Mal platzieren: Bei seinem Lieblingsrennen in Sepang holte der Italiener seinen 46. Sieg für die Marke Yamaha, was auch seiner legendären Startnummer entspricht. Und hinzu kam, dass er diesen 46. Sieg holte, als Teamkollege Lorenzo gerade seinen WM-Titel feierte.

Rein von der Statistik war 2010 die zweitschlechteste Saison Rossis, seit er die 250ccm-Klasse Ende 1999 als Weltmeister verlassen hat. In seinem Debütjahr bei den 500ern konnte er damals auch nur zwei Siege feiern, stand aber wie dieses Jahr auch insgesamt zehn Mal auf dem Podium. 1999 holte er 209 Punkte, dieses Jahr 233.

Doch die Saison 2010 soll eh nicht als Rossis beste Yamaha-Saison in die Geschichtsbücher eingehen. Sie wird vielmehr als das Jahr in Erinnerung bleiben, in welchem er seinen von vielen Fans und Fachleuten lange ersehnten Wechsel zum italienischen Hersteller Ducati bekannt gegeben hat. Anders als bei seinem Weggang von Honda zu Yamaha Ende der Saison 2003 aber konnte das nicht lange geheim bleiben - auch weil Rossi es selbst nicht so richtig geheim halten wollten, denn sein Weggang von Yamaha lag sicher nicht an der Stimmung dort. Nach sieben erfolgreichen Jahren beim Hersteller mit den drei Stimmgabeln suchte der 31-jährige noch eine neue Herausforderung. Und die wird er angehen.