Moto2-Saisonvorschau 2024: Ein Topfavorit, Rookies und Kalex in Gefahr

Die Moto2-Saison 2024 steht vor der Tür. Motorsport-Magazin.com wirft einen Blick auf die heißesten Themen vor dem Saisonstart der höchsten Nachwuchsklasse in Katar. Ein klarer Titelfavorit, spannende Rookies, ein Konkurrent für Kalex und der Einstieg von Pirelli. Die Saison 2024 verspricht interessant zu werden.

Die Favoriten: Wer kann Fermin Aldeguer fordern?

Wenn ein Fahrer die letzten vier Moto2-Rennen in Serie gewonnen hat, dann stellt sich die Frage nach dem Favoriten eigentlich nicht. Fermin Aldeguer war zuletzt unschlagbar und könnte mit einem Sieg beim Saisonauftakt einen neuen Moto2-Rekord von fünf Triumphen in Folge aufstellen. Gegen den Boscoscuro-Piloten würde momentan wohl niemand wetten. Nicht umsonst scheint Ducati bereits sehr weit, den jungen Spanier mit Blick auf die MotoGP-Saison 2025 für Pramac zu verpflichten.

Erster Herausforderer dürfte Tony Arbolino sein. Der Italiener beendete die Vorsaison als Vizemeister vor Aldeguer in der WM-Wertung. Das Problem ist, dass seine Formkurve entgegengesetzt zum jungen Himmelstürmer verläuft. 2023 startete Arbolino bärenstark und forderte Titelfavorit Pedro Acosta heraus. Nach sechs Podien in den ersten sieben Rennen kamen danach an 12 Wochenenden aber nurmehr zwei hinzu. Der Marc-VDS-Pilot muss wieder zu alter Stärke finden, wenn er eine Chance haben will.

Die Liste der anderen Kandidaten ist weit gefächert. Jake Dixon holte sich 2023 seine ersten Siege und WM-Rang Vier. Aron Canet ist immer für ein Spitzenresultat gut, wartet aber noch immer auf den ersten Sieg. Ai Ogura wird an seine Vizemeister-Saison von 2022 anknüpfen wollen. Dazu sollten auch Celestino Vietti, Somkiat Chantra, Manuel Gonzalez, Filip Salac, Sergio Garcia und Aldeguers Teamkollege Alonso Lopez beachtet werden. Ihnen allen sind Podestplätze und Siege zuzutrauen.

Ein starker Rookie-Jahrgang im Anmarsch?

Sechs Fahrer werden in der Saison 2024 ihr Moto2-Debüt geben. Während wir vom bisher farblosen Mario Aji und Xavier Artigas auf der unterlegenen Forward-Maschine wenig erwarten können, sind die anderen vier Rookies interessanter. Der amtierende Moto3-Champion Jaume Masia wird mit dem SAG Team an den Start gehen. Vizemeister Ayumu Sasaki geht zu VR46 Master Camp. Beide brauchten allerdings einige Jahre in der kleinsten Klasse, bis sie zu Erfolgen kamen. Ein Schnellstart in die Moto2 wäre also vielleicht etwas zu viel verlangt.

Spannend sind auch zwei weitere Piloten. Deniz Öncü darf sein Moto2-Debüt beim Top-Team von Aki Ajo geben. Der Türke galt körperlich für die Moto3 stets als zu groß und schwer. Obwohl er auf den Geraden geschluckt wurde, fuhr er Siege ein. Auf einer Moto2-Maschine dürfte der 20-Jährige sich deutlich leichter tun. Der letzte Rookie ist Diogo Moreira. Mit nur 19 Jahren ist er noch sehr jung, hat aber bereits in seinem zweiten Moto3-Jahr einen Sieg und Podestplätze eingefahren. Der Brasilianer sollte aber in seiner Entwicklung wohl eher langfristig betrachtet werden.

Boscoscuro mit starkem Lineup: Droht Kalex der Titelverlust?

Seit 2013 hat Kalex mit seinem Chassis jeden Fahrer- und Konstrukteurstitel der Moto2-Weltmeisterschaft für sich entschieden. 2024 steht die Dominanz der deutschen Firma aus Bobingen aber zumindest in Frage. Zwar sind sie Konkurrent Boscoscuro trotz deren Verdoppelung auf vier Bikes zahlenmäßig mit 24 Maschinen haushoch überlegen, aber das Line-Up der Italiener ist eine echte Gefahr.

Dass Fermin Aldeguer ein großer Titelfavorit bei den Fahrern ist, haben wir zuvor bereits festgestellt. Doch auch bei den Konstrukteuren könnte es eng werden. Hier zählen stets die Punkte des bestplatzierten Piloten eines Herstellers für die Wertung, nicht etwa die zusammengerechneten Punkte aller Fahrer. Die zahlenmäßige Überlegenheit bringt Kalex also weniger als zunächst angenommen. Im Vorjahr endete das Duell bspw. 462,5 zu 286 für Kalex. Obwohl Boscoscuro nur zwei Bikes hatte, fuhren sie knapp 62% der Kalex-Punkte ein.

Aldeguer allein dürfte für viele Punkte für das Produkt von Luca Boscoscuro sorgen. Wenn er aber stürzt oder ein schwaches Wochenende erlebt, so hat Boscoscuro drei weitere ernstzunehmende Piloten, die den Schaden eingrenzen oder gar Kalex Punkte abnehmen können. Alonso Lopez und Ai Ogura haben zusammen bereits fünf Moto2-Rennen gewonnen. Sergio Garcia war 2023 bester Rookie und hat noch großes Steigerungspotential. Die Chancen, dass Kalex seine eigentlich unantastbare Stellung verliert, sind also so hoch wie seit Ewigkeiten nicht mehr.

Der große Gamechanger? Neue Reifen von Pirelli

Ein Faktor aber könnte vieles durcheinanderwirbeln. Nach Jahren mit Dunlop-Reifen steht ab dieser Saison ein neuer Hersteller parat. Pirelli beliefert die Nachwuchsklassen der MotoGP mit Pneus. In der Moto2 handelt es sich dabei um eine Variante des Superbike-Reifens der Italiener. In der WSBK ist das Produkt von Pirelli äußerst beliebt und gilt als racingfreundlich.

Unterhaltsame Rennen wollen die Fans natürlich sehen, doch die Frage lautet auch: Wer passt sich am besten an und wer bekommt Probleme? Fermin Aldeguer scheint keine zu haben. Bei den Testfahrten in Jerez fuhr er die Bestzeit. Die Überraschung war Joe Roberts auf Rang Zwei. Ansonsten fanden sich vornehmlich die üblichen Verdächtigen in den Top 10: Gonzalez, Arbolino, Canet, Lopez und Ogura waren allesamt mit vorne dabei. Bester Rookie war Deniz Öncü auf Rang 18.

Das Moto2-Starterfeld im Überblick