BMW M Motorsport hat zur 60. Auflage der 24 Stunden von Daytona groß aufgeschlagen und ein paar echte Schmuckstücke nach Florida verfrachtet. Auf dem Weg ins Fahrerlager können Fans einen Blick unter anderem auf drei Rennwagen werfen, mit denen der Autobauer aus München bereits Klassensiege im 'World Center auf Racing' gefeiert hat: der BMW 3.0 CSL von 1975, der BMW Z4 GTLM von 2015 und der 2019 in Daytona siegreiche BMW M8 GTE.
Ob der brandneue BMW M4 GT3 auch einmal einen Platz in dieser prominent besetzten Reihe einnehmen darf? Ausgerechnet zum 50. Geburtstag der BMW M GmbH gibt der neue Top-Kundensportler aus München sein Debüt beim 24h-Rennen in Daytona und präsentiert sich erstmals auf dem wichtigen US-amerikanischen Absatzmarkt.
Es ist gleichzeitig der letzte Auftritt für BMW-Motorsportchef Mike Krack, der das Unternehmen nach dem Rennen und nach acht Jahren in Richtung Formel 1 verlässt, wo er neuer Teamchef von Aston Martin wird. "Es geht hier nicht um mich und ich bin da auch nicht so emotional", sagte Krack am Freitag in Daytona zu Motorsport-Magazin.com. "Ich bin einfach froh, dass ich dieses Rennen noch mitmachen kann."
Was wäre ein schönes Abschiedsgeschenk bei einem der wichtigsten Langstreckenrennen der Welt? Krack: "Man muss berücksichtigen, wo wir stehen. Ich wäre echt froh, wenn beide Autos ohne Fehler, Strafen und Kratzer ins Ziel kommen. Wenn wir das schaffen, bin ich happy am Sonntagabend."
Am fahrerischen Können dürfte es nicht scheitern. Der zweifache DTM-Champion Marco Wittmann teilt sich einen der beiden BMW M4 GT3 in der GTD-Pro-Klasse mit Sheldon van der Linde, Philipp Eng und Nick Yelloly. Das Schwesterauto ist mit dem zweifachen Daytona-Klassensieger Augusto Farfus, Jesse Krohn, Connor De Phillippi und John Edwards kaum weniger prominent besetzt.
Fragezeichen stehen eher über der Leistungsfähigkeit des BMW M4 GT3 nach der Einstufung in der Balance of Performance. Im 100-minütigen Qualifyingrennen vor einer Woche kamen die beiden GTD-Pro-BMW nicht über die letzten beiden Plätze hinaus und nehmen das 24h-Rennen an diesem Wochenende demnach von den Schlusspositionen in der Klasse auf. Die regnerischen Trainings am Donnerstag und die einzige halbwegs trockene Session am Freitagmittag waren kaum aussagekräftig.
So konnten weder BMW noch die BoP-Verantwortlichen verifizieren, ob zuletzt vorgenommene Anpassungen wie gewünscht funktionieren. Dem BMW M4 GT3 wurden in dieser Woche zehn zusätzliche Kilogramm aufgelastet. Dafür darf der Heckflügel um 2,2 Grad flacher gestellt werden, um den bisher vorhandenen Nachteil beim Topspeed auszugleichen - der wohl wichtigsten Komponente auf dem Ovalkurs mit vielen Geraden und wenigen Kurven im Infield-Bereich.
Krack wies darauf hin, dass es immer schwierig sei, die BoP bei einem nagelneuen Rennwagen direkt auf den Punkt zu treffen, sagte aber auch: "Jeder hat seine Sichtweise. IMSA erklärt uns, warum sie Dinge machen. Und wie sie es erklären, ist es nachvollziehbar. Wir hätten es aber anders gemacht. Jetzt haben wir wahrscheinlich nicht das Performance-Niveau, das wir uns wünschen."
Der Luxemburger weiter: "Aber wir haben das Regelwerk mit der Einschreibung akzeptiert. Man kann nicht mit einem neuen Auto ankommen und alles anfechten. Natürlich würden wir uns wünschen, von Beginn an vorne mitzufahren. Das ist nicht so, aber wir sind ja Racer und holen deshalb das Maximum aus den vorhandenen Möglichkeiten raus."
Der flachere Heckflügel am BMW M4 GT3 dürfte den Fahrern zwar eine Erleichterung in Sachen Topspeed bringen, gleichzeitig erschwert sich dadurch die Fahrbarkeit in den Kurvenpassagen. "Das spürt man schon ordentlich im Auto", sagte Jens Klingmann, der in der GTD-Klasse für Turner Motorsport startet, am Freitagabend zu Motorsport-Magazin.com.
Bedenken bei der Konkurrenz, dass BMW sogenanntes Sandbagging - also absichtliches Langsamfahren - betrieben haben könnte, hielten sich vor dem Rennstart in Grenzen. "Man weiß erst nach dem Rennende, was gewesen ist. Wir gehen aktuell aber nicht davon aus", sagte Sebastian Golz, Projektleiter Porsche 911 GT3 R, zu Motorsport-Magazin.com. "IMSA macht wirklich einen guten Job und wir vertrauen darauf, dass sie dich richtigen Hebel in Bewegung gesetzt haben."
2019 und 2020 errang BMW mit dem inzwischen eingemotteten BMW M8 GTE Klassensiege bei den 24 Stunden von Daytona. Das neueingeschlagene Kapitel mit dem BMW M4 GT3 dürfte eine Weile brauchen, um Früchte zu tragen. Krack vor seinem letzten Rennen als BMW-Motorsportleiter: "Wir wollen auch nicht hierherkommen, die bestmögliche Einstufung erhalten und allen um die Ohren fahren. Das wäre auch nicht okay. Deshalb muss man realistisch sein."
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