Zu wenig Punkte und eine geprellte Hand: Für Pascal Wehrlein (Porsche) gab es beim Formel-E-Rennwochenende in Rom nicht viel Positives zu holen. Der frühere DTM-Meister und Formel-1-Fahrer erschien nach dem Sonntagsrennen mit einer Bandage an seiner rechten Hand zum Medientermin und fügte sich in eine längere Liste an Formel-E-Piloten ein, die sich im Laufe des Jahres Handverletzungen zugezogen haben.

"Ich denke, es ist eine Prellung", gab Wehrlein im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com zunächst Entwarnung. "Ich habe das Lenkrad draufbekommen, wie wir es schon ein paar Mal dieses Jahr gesehen haben, wenn Kontakt bei einem Stau entsteht. Wir haben ja keine Servolenkung." Der physisch schweren Lenkung in den Gen3-Autos sind schon einige Fahrer zum Opfer gefallen, am prominentesten der Abt-Pilot Robin Frijns, der sich sogar mehrere Knochen brach und wochenlang pausieren musste.

Wehrlein verletzt sich früh im Rennen

Wehrlein bleibt zu hoffen, dass ihm ein ähnliches Schicksal erspart bleibt. Das bekannte und mehrfach angeprangerte Problem mit den Gen3-Rennwagen: Ohne die fehlende Servolenkung müssen die Fahrer noch mehr Kraft aufbringen und das Steuer fester anpacken, um zu lenken. Ein Kontakt auf die inzwischen freistehenden Räder wirkt sich deutlich stärker aus als beim Vorgänger-Auto.

Für Wehrlein dürfte das Sonntagsrennen auf dem anspruchsvollen Kurs in Rom mit seinen 19 Kurven eine schmerzhafte Angelegenheit gewesen sein. Die Handverletzung zog sich der Porsche-Werksfahrer bereits in der zweiten Runde aus, als sich das Feld in der engen Kurve 7 plötzlich aufstaute. Auslöser war der spektakuläre Abflug von Mitch Evans (Jaguar) auf das 'Dach' von Nick Cassidys Envision-Jaguar. Wehrlein konnte in dieser Situation einen Kontakt mit Vordermann Jean-Eric Vergne (DS Penske) nicht vermeiden: "Das passiert alles so schnell."

Formel E 2023 Rom: Titelanwärter-Crash! Alle Renn-Highlights (05:15 Min.)

VW-Boss Blume schaut in Rom vorbei

Sicherlich mit Schmerzen an der Hand, kämpfte sich Wehrlein unter den Augen des anwesenden VW- und Porsche-CEO Oliver Blume vom 15. Startplatz bis auf die siebte Position nach vorne: "Allgemein versuche ich immer das Maximale herauszuholen und auch mit ein bisschen Handschmerzen die Punkte heimzubringen." Der tapfere Ritt brachte ihm sechs WM-Punkte - besser als nichts angesichts der schwierigen Ausgangslage, aber vermutlich zu wenig für den Gewinn der Meisterschaft. Wehrlein, der lange Zeit die Formel-E-Tabelle anführte, ist in Rom auf den vierten Gesamtplatz zurückgefallen.

Die Chancen auf den ersten Titelgewinn seit dem DTM-Triumph 2015 sind zwei Rennen vor dem Saisonende (29./30. Juli in London) höchst überschaubar. Bei noch 58 zu vergebenen Punkten liegt Wehrlein 49 Zähler hinter dem Sonntags-Sieger und neuen Spitzenreiter Jake Dennis (Andretti-Porsche). "Wir schauen jetzt eher auf die Team-Meisterschaft", machte sich Wehrlein keine allzu großen Hoffnungen in der Einzelwertung.

Pascal Wehrleins Bilanz 2023 in der Formel E

RennenStartaufstellungErgebnis
Mexiko-City62
Saudi-Arabien I91
Saudi-Arabien II51
Hyderabad124
Kapstadt6Unfall
Sao Paulo187
Berlin I156
Berlin II67
Monaco1210
Jakarta I31
Jakarta II66
Portland188
Rom I109
Rom II157

Formel E: Wehrlein fehlen die dicken Punkte

In Rom gelang es Wehrlein zwar in den beiden Rennen zu punkten (P9 am Samstag nach 5-Sekunden-Zeitstrafe und P7 am Sonntag) und damit zum 13. Mal im 14. Saisonrennen in die Top-10 zu fahren. Dem 28-Jährigen fehlen im Vergleich zur Konkurrenz aber die titelentscheidenden 'Big Points'.

Zum Vergleich: Während Wehrlein im Verlauf der letzten vier Rennen nur 20 Zähler sammelte, kam WM-Leader Dennis - mit einem Kunden-Porsche wohlgemerkt - auf beachtliche 81 Punkte. Der Brite fuhr in sechs der letzten sieben Rennen aufs Podium, während Wehrlein seit seinem Jakarta-Sieg vor fünf Rennen auf die nächste Podestplatzierung wartet.

Pascal Wehrlein verpasst in Rom die dicken Punkte, Foto: DPPI/Hankook
Pascal Wehrlein verpasst in Rom die dicken Punkte, Foto: DPPI/Hankook

Qualifying bleibt Schwachstelle von Porsche

Andretti-Ass Dennis ist nicht nur im Rennen, sondern auch im Qualifying eine Macht. Wehrlein und vor allem Porsche samt Teamkollege Antonio Felix da Costa tun sich hingegen schwer auf einer schnellen Runde. Es ist eine echte Quali-Achterbahn beim Sportwagenbauer: Wehrlein startete sechsmal aus den ersten drei Reihen, verpasste im Gegenzug aber auch sechsmal die Top-10 der Startaufstellung.

"Das Qualifying war nicht gut genug für den Kampf ums Podest oder den Sieg", resümierte Wehrlein. "Das ist unsere Schwachstelle seit ein paar Rennen, und in der gesamten Saison waren wir da nicht super-stark. Manchmal schaffen wir es in die Duelle, aber in Rom waren wir zu weit weg. Das macht unser Leben schwer. Von P15 auf P7 zu fahren, war gut. Wenn wir aber aus den Top-3 gestartet wären, hätten wir sicherlich um den Sieg kämpfen können."

Porsche hofft auf Gewinn der Team-WM

Der dominante Sieg von Wehrleins speziellem Freund Dennis zeigte einmal mehr auf, welches Potenzial das Porsche-Paket birgt. Möglicherweise wäre es für Wehrlein am Sonntag noch weiter nach vorne gegangen, doch die verkürzte Rundenvorgabe (24 Runden statt 25 wie am Samstag) führte zu einem erhöhten Vollgasanteil, der effektiv weniger Überholmöglichkeiten über das Energie-Management zuließ.

"Das war ein weiterer harter Renntag in Rom", fasste Porsche-Gesamtprojektleiter Florian Modlinger zusammen. Wehrleins Teamkollege, der Portugiese Felix da Costa, fiel in Folge einer nachträglichen Zeitstrafe (Kollision) sogar aus den Punkterängen heraus, statt einen Zähler für den zehnten Platz abzustauben. In der Team-Meisterschaft belegen die Zuffenhausener mit 239 Punkten den zweiten Rang hinter dem Jaguar-Kundenteam Envision, das durch Cassidy und Sebastien Buemi 253 WM-Zähler sammeln konnte.