Berührungen, Safety-CarPhasen, Strafen, Chaos - und auch noch ein Heimpodium! Das Samstags-Rennen der Formel E in Berlin hatte alles, was das Motorsport-Herz begehrt und sorgte für reichlich Diskussionen. Maximilian Günther wird in jedem Fall glücklich damit sein. Der deutsche Maserati-Pilot stürmte in einem von Taktik und Chaos geprägten Rennen von Platz acht auf drei - und feiert damit nicht nur sein erstes Podium anno 2023 - sondern sammelt dazu prompt die ersten Punkte 2023 im eigenen Heimatland.

Dabei lief die Qualifikation für Günther und Maserati nicht den eigenen Erwartungen entsprechend. "Ich habe mich vom ersten Freien Training an hier stark gefühlt. Daher war das Qualifying ein bisschen enttäuschend", spricht der Deutsche über den Verlauf des bisherigen Wochenendes. Mit Startplatz acht hatte Günther zwar gute Chancen auf Punkte, war von den Top-3 allerdings um einige Plätze entfernt. "Ich wusste aber, dass es ein sehr strategisches Rennen wird. Ich habe nicht so sehr mit einem Podest gerechnet - sondern eher auf die Punkte geschaut. Umso besser, dass es mit dem Podest geklappt hat."

Bis zum heutigen Heimrennen hatte der Maserati-Pilot nicht einen einzigen Zähler gesammelt. Der Saisonstart mit seinem neuen Team lief eher ernüchternd - Günther wechselte mit Beginn der Saison 2023 von Nissan zum italienischen Formel-E-Neueinsteiger, der aus dem - Venturi-Team hervorging. "Das ist eine große Erleichterung. Mega hier vor heimischem Publikum auf dem Podium zu stehen", freute sich Günther über den Befreiungsschlag im eigenen Wohnzimmer.

"Wir hatten keinen einfachen Saisonstart. Wir haben zwar immer gesagt, dass es in die richtige Richtung geht, aber wenn man einfach keine Punkte einfährt, ist diese Aussage irgendwann vielleicht nicht mehr so glaubwürdig", weiß der Home-Hero. "Wir haben daran geglaubt und diesen positiven Prozess gesehen - und heute ist der Tag gekommen, an dem wir uns dafür belohnt haben."

Drag-Race auf den letzten Metern gegen Buemi

Ein Selbstläufer war das erste Podest der Saison aber keineswegs. Mehrere Unfälle, zwei Safety-Car-Phasen und ein sehr sensibles Energie-Management standen Günther im Weg. So strategisch wie in Berlin ging es in der Formel E wohl selten zu. Wie schon in Sao Paulo wollte keiner der Piloten gerne die Führung übernehmen.

Kollisionen waren keine Seltenheit, Foto: LAT Images
Kollisionen waren keine Seltenheit, Foto: LAT Images

Das Ergebnis: Ein Ziehharmonika-Effekt, denn selbst der Führende, der keinen Vordermann hat - und so auch keinen Windschatten zum Energie sparen, verlangsamt, um im Vergleich zum Rest des Feldes nicht so viel Energie zu verlieren. Dazu setzten extrem viele der Piloten ihre Attack-Modes ungewöhnlich früh im Rennen. "Für mich eines der schwersten Formel-E-Rennen, die ich je gefahren bin, weil es so strategisch war", berichtet auch Günther selbst. "Es war extrem sensibel mit dem Energie-Management, ich hatte auch ein bisschen weniger als die anderen Jungs. Ich habe meine Attack Modes aber gut gewählt und hinter den Jaguars dann Energie gespart."

Besagte gesparte Energie half dem Maserati-Piloten vor allem in der letzten Runde. Denn bis zur letzten Kurve lag der Deutsche nur auf Platz vier. "Ich habe gesehen, dass Sam [Bird, Anm. d. Red.] und der Seb [Buemi, Anm. d. Red] vorne gekämpft haben. Ich habe versucht dann so nah wie möglich in Kurve 9 und 10 dran zu sein. Seb hat innen verteidigt und da habe ich gesehen, dass er am Limit ist, was die Energie betrifft", berichtet Günther von seiner Strategie.

"Ich hatte aber noch ein bisschen Puffer. Er ist dann früh vom Gas gegangen und ich habe mich außen vorbei gebremst, dann sind wir nebeneinander durch die Kurve", berichtet Günther vom letzten Duell des Rennens. Buemi touchierte den Deutschen während des Zweikampfes sogar noch etwas, das hatte glücklicherweise jedoch keine Auswirkungen. "Es war wie ein Drag-Race bis zur Ziellinie, ich hatte aber einen Ticken mehr Energie, also habe ich es geschafft."