Action ohne Ende. Zwei Safety-Car-Phasen. Acht verschiedene Führende (Rekord!) und zahlreiche Überholmanöver: Die Gen3-Autos der Formel E bereiteten den Fans in Berlin ein Entertainment-Spektakel. Zu viel, wenn es nach Rene Rast geht.

In einer von Action geprägten Anfangsphase verlor Sergio Sette Camara (Nio 333) in der neunten Runde nach einer Kollision seinen Frontflügel, fiel zurück und war dann in einen Zweikampf mit McLaren-Pilot Rast verwickelt. In Runde 11 fuhr der dreifache DTM-Champion Sette Camara ins Heck und drehte den Brasilianer.

Die Schuld für den Unfall sah die Rennleitung bei Rast und verhängte für den Zwischenfall eine 5-Sekunden-Zeitstrafe. Die Punktehoffnungen waren damit begraben, Rast überquerte die Ziellinie am Ende mit einer Runde Rückstand auf Sieger Mitch Evans.

Rast: Müssen mit dem Rennleiter sprechen

Rast, der 2020 beim Heim-ePrix schon einmal auf dem Podium stand, erklärte den Unfallhergang nach dem Rennen wie folgt: "Ich habe Andre [Lotterer] neben mir gehabt und in den Spiegel geguckt. Sette Camara hatte ein beschädigtes Auto und ist extrem langsam gefahren in Kurve 1 und dann passiert das halt. Das tut mir leid für ihn."

Rast sah die Schuld bei sich, deutete aber auch an, dass es im ersten der beiden Heimrennen in Berlin generell zu vielen Kollisionen und Berührungen kam: "Es gab so viele Zwischenfälle heute und es ist so viel passiert. Da muss man mal mit dem Rennleiter sprechen und gucken, was man da machen kann."

Zahlreiche Zweikämpfe und Führungswechsel: Teil Eins des Berlin-Wochenendes war ein Spektakel, Foto: LAT Images
Zahlreiche Zweikämpfe und Führungswechsel: Teil Eins des Berlin-Wochenendes war ein Spektakel, Foto: LAT Images

Das Problem, das Rast in der Formel E aktuell sieht: Der berüchtigte Ziehharmonika-Effekt. "Im Moment versuchen wir nur noch zu vermeiden, den Leuten nicht hinten reinzufahren. Wir fahren nicht mehr, um schnell zu fahren, wir versuchen nur die Position zu halten und dem Vordermann nicht reinzufahren, weil sich alles immer zusammenstaucht", schildert der Mindener. Was in Sao Paulo bereits zu kuriosen Szenen führte, spielte sich - wenn auch in geringerem Maße - in Berlin ab: Kein Pilot wollte das Rennen langfristig anführen.

Rast: Das ist wie Krieg

Das führende Auto verbraucht in der neuen Formel-E-Genration wegen des zusätzlichen Luftwiderstandes viel mehr Energie als die Autos, die dahinter vom Windschatten profitieren. Dem Führenden blieb nur die Möglichkeit, den ersten Platz abzugeben oder sparsamer zu fahren, wie Rast bei ProSieben erklärte. Weil aber keiner die Führung abgeben will, versuchen die Piloten ihre Rundenzeiten eher zu überbieten, anstatt sie zu unterbieten, weshalb sich das Feld wie sonst in anderen Rennserien auch nicht entzerrt. "Dadurch staucht sich hinten alles zusammen. Es ist einfach gerade in den ersten zehn Runden Krieg da draußen", gibt Rast frustriert zu Kunde.

Formel-E-Experte Daniel Abt sieht ebenfalls die Rennleitung in der Pflicht. "Ich glaube, dass Problem ist, dass man extra eine Reduzierung des Energielimits für dieses Rennen vorgenommen hat. Das ist seitens der FIA ein Fehler gewesen", macht der Kemptener klar. Der Gewinner des Berlin-ePrix 2018 plädiert für einen besseren Kompromiss: "Das war heute ein bisschen zu viel. Es macht natürlich Spaß, Überholmanöver zu sehen. Aber man muss das noch ein bisschen anpassen, dass es zwar eine gute Show bleibt, aber auch ein bisschen mehr klassisches Racing ist."

Auf die Rast-Aussage angesprochen, meinte Andretti-Pilot Andre Lotterer gegenüber Motorsport-Magazin.com: "Haha, das ganze Rennen ist Krieg!" Der dreifache Le-Mans-Sieger erwischte einen besseren Tag und beendete das Rennen auf dem fünften Platz, kassierte wegen einer Kollision mit seinem früheren Kollegen Jean-Eric Vergne aber eine 5-Sekunden-Zeitstrafe. Lotterer weiter: "Am Ende fällt das Feld ein bisschen mehr auseinander, dann geht's sauberer zur Sache. Wenn in den ersten Runden so viele Autos zusammen sind, du versuchst, zu überholen, es vorne aber steht, dann ist es einfach schwierig. Das ist halt Formel E. Das ist nix Neues. Vielleicht ein bisschen mehr jetzt."

Rast war schon nach dem Qualifying äußerst unzufrieden mit dem 14. Startplatz: "Die Pace ist einfach nicht da. Alle Autos von Nissan haben gerade Probleme. Leider ging heute nicht mehr." Auch im Rennen "ging es eher nach hinten anstatt nach vorne", resümierte der gebürtige Mindener nach dem Rennen. "[Nach der Kollision] sind wir nur noch hinterhergefahren und haben versucht so viele Runden wie möglich zu fahren, um für morgen noch ein bisschen was zu lernen." Das zweite Rennen des Berlin-Double-Headers startet am morgigen Sonntag um 15:00 Uhr.