Pascal Wehrlein führt als erster Deutscher in der Geschichte der Formel E die Gesamtwertung an, Jake Dennis aus dem neuen Porsche-Kundenteam Andretti liegt mit sechs Zählern Rückstand auf Platz zwei und Porsche-Motoren errangen in den bisherigen drei Saisonrennen in Mexiko sowie beim Double-Header in Saudi-Arabien drei Doppelsiege.
Bei Porsches Formel-E-Gesamtprojektleiter Florian Modlinger, der am heutigen Donnerstag seinen 42. Geburtstag feiert, müsste eigentlich helle Begeisterung herrschen. Zwar ist die Stimmung im Werksteam nach dem dominanten Start in die neunte Saison der Formel E optimistisch, aber eines muss den erfahrenen Modlinger mächtig fuchsen: Porsche-Neuzugang Antonio Felix da Costa, der im Vergleich mit Doppel-Rennsieger Wehrlein bislang völlig abfällt.
Felix da Costa vor 100. Formel-E-Rennen
Während der frühere DTM-Champion und Formel-1-Fahrer Wehrlein schon 68 Punkte sammeln konnte, krebst sein portugiesischer Teamkollege mit nur sechs Zählern auf dem zwölften Platz herum. Der Formel-E-Meister von 2020, der dieses Wochenende bei der Rennpremiere im indischen Hyderabad (Samstag, 12. Februar) sein 100. Rennen in der Elektro-Weltmeisterschaft bestreitet, fuhr in Mexiko auf den siebten Platz und ging zuletzt im saudischen Wüstenstaat komplett leer aus.
Zwar hat die neue Saison gerade erst begonnen, doch der Abstand zwischen den beiden Porsche-Fahrern ist eklatant. "Nicht optimal" gelaufen seien die ersten Rennen aus Sicht des ehrgeizigen Felix da Costa, der mit sieben Siegen und 13 Podestplätzen zu den erfolgreichsten Piloten der Formel E zählt. Und dem schon jetzt droht, im möglichen Titelkampf mit dem starken Porsche-Paket den Anschluss zu verlieren. Vor allem im Qualifying hakt es noch ganz gehörig beim eigentlich pfeilschnellen Felix da Costa (8 Pole Positions) - von den Startplätzen 13 und 17 gab es in Diriyah nichts zu gewinnen.
Teamkollegen-Phänomen bei Porsche-Teams
Ein ähnliches Phänomen in etwas abgeschwächter Form erlebt das Porsche-Kundenteam Andretti, das die Team-Meisterschaft aktuell anführt. Dennis, der den Rennstall um Teamchef Roger Griffith seit BMW-Zeiten kennt, holte immerhin 48 Punkte mehr als sein erfahrener Teamkollege Lotterer, der vor der Saison vom Porsche-Werksteam gewechselt war und Platz für Felix da Costa gemacht hatte. Mit den Plätzen vier, neun und zwölf fällt die Zwischenbilanz des 41-Jährigen zumindest etwas positiver aus.
Was Felix da Costa beim Werks- und Lotterer beim Kundenteam ebenfalls eint: Beide müssen sich als Neuzugänge an die Umgebung und die teaminternen Abläufe gewöhnen. Zwar sind die Gen3-Autos für alle Fahrer neu, doch es dauert meist eine ganze Weile, bis sich die Ingenieure und Software-Spezialisten auf einen Fahrer eingeschossen haben. Klar ist: Felix da Costa und Lotterer sind genauso siegfähig wie ihre jeweiligen Teamkollegen Wehrlein und Dennis.
"Antonio ist einer der besten Fahrer in der Formel E", sagt Wehrlein. "Das hat er mit vielen Siegen und dem Titel bewiesen. Er ist neu im Team, das ist nie eine einfache Aufgabe. Du musst dich an die Umgebung und die Leute gewöhnen, eine Beziehung zu den Ingenieuren aufbauen. Sie müssen verstehen, wie dein Fahrstil ist. Man muss ihm ein bisschen Zeit geben. Ich erwarte von ihm, dass er Rennen gewinnt, aufs Podium fährt und wir tolle Ergebnisse teilen können."
Am Donnerstag in Hyderabad machte Wehrlein sogar 'Werbung' für seinen Teampartner: Der 28-Jährige tauchte plötzlich mit einer weißen Shorts im Fahrerlager auf, die übersät war mit Portraitfotos von Felix da Costa! Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten... "Antonio hat mir ein schönes Weihnachtsgeschenk gemacht", löste Wehrlein später grinsend auf und ließ damit eine Lockerheit durchblicken, die man von ihm aus DTM- oder Formel-1-Zeiten so überhaupt nicht kannte.
Wehrlein: "Antonio ist ein echter Teamplayer"
Schon vor dem 'Hosen-Gag' lobte Wehrlein, der in der Formel E bislang auf Jerome D'Ambrosio (Mahindra 2018-2020) sowie Lotterer (Porsche 2021-2022) und zu Formel-1-Zeiten auf Ryo Haryanto und Esteban Ocon (Manor 2016) bzw. Marcus Ericsson (Sauber 2017) traf, seinen neuen Teamkollegen in vollen Zügen.
Wehrlein über Felix da Costa: "Antonio ist wahrscheinlich der beste Teamkollege, den ich bis jetzt hatte. Zum einen wegen seines Talents, zum anderen und noch mehr wegen der persönlichen Beziehung. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der sich so über gute Ergebnisse eines Teamkollegen gefreut hat. Antonio ist eine tolle Persönlichkeit und ein echter Teamplayer."
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