Nach einem Jahr Auszeit kehrt Rene Rast zur Saison 2023 mit McLaren in die Formel E zurück. Parallel dazu startet der dreifache DTM-Champion auch noch für BMW M Motorsport - ein Hammer-Programm und ein großer Coup nach seiner Trennung von Audi Sport!

Wie Rast die beiden Werksprogramme mit vielfältigen Möglichkeiten auf Seiten von BMW (GT3 und/oder LMDh) unter einen Hut bekommt, steht noch nicht fest. Erst müssen alle Kalender-Termine geklärt sein, hier gibt es in den unterschiedlichen Rennserien noch einige Baustellen. So steht der DTM-Rennkalender 2023 bislang ebenso wenig fest wie die Termine zur kommenden WEC-Saison. Auch der Formel-E-Kalender wurde noch nicht vollständig bestätigt.

Welcher Hersteller für Rast bei möglichen Überschneidungen Priorität genießt, lässt sich aktuell nicht sagen. Die Parteien hoffen auf einen guten Austausch und eine Lösung im besten Sinne für alle Beteiligten. Vermutlich wird Rast kommendes Jahr alle Rennen für Neueinsteiger McLaren in der Formel E bestreiten können - vor allem, wenn er beim Kampf um die Weltmeisterschaft mitmischen kann.

McLaren: Zweiter Formel-E-Fahrer steht schon fest

Geht es nach McLaren-Teamchef Ian James, zuletzt bei Mercedes mit dem Gewinn von zwei Fahrer- und Team-Weltmeisterschaften höchst erfolgreich, will der britische Rennstall nach der Startlizenz-Übernahme von Aussteiger Mercedes nahtlos an die bisherigen Leistungen anknüpfen. 2021 gewannen die Silberpfeile den Titel mit Nyck de Vries, 2022 mit Stoffel Vandoorne.

Kommendes Jahr ist die Konstellation allerdings eine andere: Zwar übernimmt McLaren einen Großteil des bisherigen Werksteams, tritt aber als Kundenteam in der Formel E an. Die Autos und Antriebsstränge kommen vom neuen Partner Nissan, der aktuell den neuen und leistungsstärkeren Gen3-Boliden entwickelt. Rast saß bislang nicht im McLaren mit Nissan-Power. Das schränkt die Testmöglichkeiten für McLaren ein.

Wer Rasts Teamkollege bei McLaren wird - Vandoorne und de Vries wechseln nicht mit von Mercedes- steht nur offiziell noch nicht fest. Teamchef James ließ durchblicken: "Wir werden das in kurzer Zeit kommunizieren. Heute liegt der Fokus auf Rene. Der Fahrer steht schon fest."

Überschneidungen mit BMW? McLaren-Teamchef: "Keine Sorgen"

"Wir wollen nicht nur um Podestplätze, sondern eventuell auch um die Meisterschaft kämpfen", sagte der deutschsprachige Brite James bei einer Medienrunde von Rasts Agentur Pole Promotion auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Da spielt der Fahrer eine ganz wichtige Rolle. Bei der Zusammenarbeit, die wir aktuell mit Rene, Dennis (Rostek, Rasts Manager) und Andreas (Roos, BMW-Motorsportchef) haben, mache ich mir keine Sorgen. Es gibt mehrere Möglichkeiten."

Dass Rast mit BMW einen zweiten Arbeitgeber hat, war für James kein Problem. Schließlich durften auch die bisherigen Mercedes-Stammfahrer de Vries und Vandoorne ausgewählte Rennen in anderen Kategorien für unterschiedliche Marken bestreiten. Der langjährige Mercedes-Mitarbeiter, der nach rund 20 Jahren zum Rennstall mit Sitz in Woking wechselt. "Wir haben von Beginn an sehr offen mit Rene und Dennis gesprochen. Es passt perfekt, dass er nicht nur in einer Serie fahren kann. Er hat mehrere Gelegenheiten, das ist für einen Fahrer sehr gesund."

Rast: "Von so etwas träumt jeder Rennfahrer"

Für Rast erscheint der Doppel-Deal mit zwei Marken als Arbeitgeber nach über einem Jahrzehnt bei Audi kein Problem darzustellen. "Ich bin für beide Werksfahrer und fühle mich für beide zuständig", versicherte der 35-Jährige auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Es ist eine große Ehre, für zwei Premium-Hersteller zu fahren. Dazu hat man nur ganz selten die Gelegenheit. Von so etwas träumt jeder Rennfahrer und ich habe auch von Fahrerkollegen viel Zuspruch erhalten."

Mit Rast wissen James und McLaren mindestens einen Fahrer in den eigenen Reihen, der in so ziemlich jedem Rennwagen schnell war, den er bislang gesteuert hat. Mit Audi bestritt Rast das Formel-E-Finale 2020 samt sechs Rennen in Berlin, bevor er 2021 die komplette Saison fuhr. In 22 Rennen - inklusive eines Gaststarts 2016 für Aguri - erzielte Rast zwei Podestplätze, zwei schnellste Rennrunden und drei Starts aus den ersten beiden Reihen. In der kuriosen Saison 2021, als ein Großteil des Feldes bis zum letzten Rennwochenende Chancen auf die Meisterschaft hatte, landete Rast auf dem 13. Platz mit 21 Punkten Rückstand auf Weltmeister de Vries.

Zwei WM-Titel mit Mercedes in der Formel E: Teamchef Ian James, Foto: LAT Images for Mercedes-Benz AG
Zwei WM-Titel mit Mercedes in der Formel E: Teamchef Ian James, Foto: LAT Images for Mercedes-Benz AG

James: "Rene war eine echte Nervensäge"

James zeigte sich von Rasts Fähigkeiten auch im vergleichsweise ungewöhnlichen Formel-E-Auto überzeugt. "Ich hatte auch in Saison 7 (2021) ein Auge auf die Konkurrenz - und Rene war eine echte Nervensäge (O-Ton: 'Pain in the ass')! Mit Audi hat er uns viel zu viele Punkte weggenommen."

"Die Geschwindigkeit ist wichtig im Qualifying, aber auch die Konstanz. Wir haben dieses Jahr gesehen, wie wichtig das ist. Beides hat Rene auf jeden Fall. Für mich fast am wichtigsten ist der Charakter. Wir haben ein Team aufgebaut, dass mit 'Operational Excellence' arbeitet. Das war für uns schon in den vergangenen Jahren ein sehr großer Vorteil. Ich weiß, dass auch Rene diesen Charakter hat."

Rast: Wiedersehen mit einstigem DTM-Rivalen Paffett

Bei McLaren trifft Rast übrigens auf einen alten DTM-Rivalen: Gary Paffett, zuletzt Teammanager bei Mercedes' Formel-E-Team, der ebenfalls mit zum Rennstall aus Woking wechselt. Hier spulte der Brite einst mehr Kilometer im Formel-1-Testauto ab als wohl jeder andere Fahrer. Für ein Stammcockpit in der F1 reichte es allerdings nicht. Stattdessen gewann Paffett zwei DTM-Meisterschaften und verwehrte Rast in der Mercedes-Ausstiegssaison 2018 knapp einen weiteren Titelgewinn.

Rast über den einstigen DTM-Rivalen: "Ich freue mich schon auf Gary! Ich hatte viele Kämpfe mit ihm. Hauptsächlich bin ich gegen ihn gefahren und habe nie wirklich als Person mit ihm gearbeitet. Gary hat eine große Erfahrung, die einen extremen Mehrwert bringen kann. Ich bin gespannt, wie wir zusammenarbeiten werden. Gary ist ein super-netter und sehr umgänglicher Typ."