Wechselt Sebastian Vettel nach seinem Rücktritt aus der Formel 1 zum Ende der Saison 2022 etwa in die Formel E? Einige Motorsport-Fans sind überzeugt: Diese Kombination würde gut passen. Der vierfache F1-Weltmeister engagiert sich seit geraumer Zeit für den Umweltschutz und würde in der Formel E auf eine Rennserie treffen, die sich seit ihrem Debüt im Jahr 2014 groß auf die Fahnen geschrieben hat, auf den Klimawandel aufmerksam zu machen und für bessere Lebensverhältnisse zu werben.
Der eine oder andere Fahrer und Funktionär würde sich sicherlich freuen, einen weltberühmten Piloten wie Vettel im Starterfeld der Elektro-Weltmeisterschaft begrüßen zu können. "Ich würde es lieben", sagte der zweifache Formel-E-Champion Jean-Eric Vergne am Rande des London-Rennwochenendes zu Motorsport-Magazin.com. "Ich weiß nicht, ob er die Formel E in Betracht zieht. Aber dann hätte ich endlich eine Chance, ihn zu schlagen, denn in der Formel 1 hatte ich mit meinem Toro Rosso nie eine Chance. Revanche!"
Techeetah-Pilot Vergne, einer der erfolgreichsten Fahrer in der Formel E, ging selbst bei 58 Formel-1-Rennen zwischen 2012 und 2014 an den Start - in dieser Zeit holte Vettel mit dem Schwester-Team Red Bull zwei seiner vier WM-Titel und dominierte das Geschehen nach Belieben.
Vergne, der nach seinem Formel-1-Rauswurf reichlich angefressen direkt in die Formel E wechselte und dort mit etwas Anlauf sein neues Glück fand, gratulierte Vettel zu seiner Entscheidung, am Saisonende den Formel-1-Helm an den Nagel zu hängen und fand nichts als lobende Worte: "Ich liebe diesen Kerl! Er hatte so viele Erfolge und hinterlässt ein riesengroßes Vermächtnis. Es ist schön, zu sehen, dass es nicht nur Motorsport im Leben gibt, sondern, dass die Familie irgendwann wichtiger ist. Wenn das der Fall ist, ist es die richtige Entscheidung."
Di Grassi: Formel E wäre schwierig für Vettel
Sicherlich werden einige Rennserien-Vertreter um Vettels Gunst buhlen, schließlich wäre er in jeder Kategorie das absolute Aushängeschild. Ob der Heppenheimer nach seiner F1-Karriere überhaupt weitermachen will, ließ er zunächst offen. Ein möglicher Vorteil: Im Gegensatz zur Formel 1 mit ihren 23 Rennen pro Jahr fallen die Kalender anderer Rennserien deutlich überschaubarer aus. Das spart in Kombination mit weniger PR-Terminen einiges an Freizeit.
Ob die Formel E mit ihren Expansionsplänen - in der Saison 2023 sind 18 Rennen an 13 unterschiedlichen Orten geplant - in Vettels Konzept passen würde? Der frühere Formel-1-Fahrer und Formel-E-Meister Lucas di Grassi hegte zumindest Zweifel. "Die Formel E wäre schwierig für ihn, in dem Sinne, dass die Serie sehr kompetitiv ist und man das gleiche Mindset braucht wie in der Formel 1", sagte der Venturi-Pilot zu Motorsport-Magazin.com. "Da hätte er auch in der Formel 1 bleiben können."
Der Brasilianer, der in der Formel-1-Saison 2010 für das Pleite-Team Virgin an der Seite von Timo Glock startete, hatte eine Alternative parat: die junge Elektro-Offroad-Serie namens Extreme E aus der Feder von Formel-E-Gründer Alejandro Agag. Hier engagieren sich immerhin die F1-Champions Nico Rosberg, Lewis Hamilton und Jenson Button mit eigenen Teams - allerdings nicht als Fahrer.
Di Grassi: "Vielleicht entscheidet er sich für eine andere Serie, wie die Extreme E. Das sind nur fünf Rennen und man reist an exotische Orte. Das ist etwas, was ich mir auch gut vorstellen könnte. Wenn ich aufhöre, fahre ich vielleicht auch Rallye und mache etwas völlig anderes. Sebastian hat viel für den Motorsport getan und dafür sollten wir dankbar sein. Mit dieser Passion ist er ein tolles Aushängeschild für unseren Sport."
Wehrlein: "Was Sebastian erreicht hat, ist sensationell"
Quer durch das Starterfeld der Formel E zollten die Fahrer Vettel und seiner Entscheidung großen Respekt - der angekündigte Abschied des 35-Jährigen war auch beim vorletzten Rennwochenende der Saison in der britischen Hauptstadt ein riesengroßes Thema. So ziemlich jeder Befragte erinnerte sich an spezielle Begebenheiten mit dem Noch-Aston-Martin-Fahrer, der parallel zur Formel E mit der F1 beim Ungarn Grand Prix antritt.
So wie Pascal Wehrlein, für den sich Vettel einst als Simulator-Fahrer bei Ferrari eingesetzt hatte. Der Porsche-Werkspilot zu Motorsport-Magazin.com: "Was Sebastian erreicht hat, ist sensationell und etwas, von dem wir alle träumen. Ich wünsche ihm alles Gute für die Zukunft, dass er die richtige Entscheidung für sich getroffen hat und damit zufrieden ist. Ich freue mich darauf, was man von ihm zu sehen und zu hören bekommt in der Zukunft. Was seine Pläne sind, weiß ich nicht."
Lotterer: "Vettel war damals ein Fan von mir"
Eine schöne Anekdote hatte auch Wehrleins Noch-Porsche-Teamkollege Andre Lotterer parat. Der 40-Jährige, der 2001 und 2002 Formel-1-Testfahrten für Jaguar bestritt und 2014 sogar in Spa-Francorchamps ein Rennen fahren konnte - wenn auch 'nur' für Caterham (Lotterer: "Das war mehr eine Spritztour!") - erinnerte sich: "Hut ab vor seiner Karriere. Ich kenne ihn noch aus Kart-Zeiten. Da hat er sogar mal gesagt, dass er mein Fan war damals. Das war, als ich in der Formel BMW und dann Formel 3 gefahren bin. Dann hat er mich aber schnell eingeholt... Sebastian hat die Formel 1 in Deutschland nach Schumi auf einem sehr hohen Level weiter repräsentiert."
Günther über Vettel: "Er war eine große Inspiration"
Auch jüngere Fahrer aus dem Reigen der Formel E beobachteten Vettels Entscheidung mit regem Interesse, darunter Maximilian Günther. Der heutige Nissan-Werksfahrer unternahm seine ersten Schritte im Automobilsport wie einst Vettel in der Formel BMW, bevor er bis in die FIA Formel 2 kletterte.
Günther zu Motorsport-Magazin.com: "Er war eine große Inspiration. Ich bin auch in Teams gefahren, in denen er zuvor unterwegs war, Mücke Motorsport. Dort habe ich auch einiges über seine Arbeitsweise erfahren. Ich wünsche ihm nur das Beste für seine Zukunft, wie auch immer diese Zukunft aussieht - ob es wirklich nur seine Familie ist oder ob er mal in die Formel E kommt und mit uns fährt. Das wäre wirklich cool! Aber das weiß nur er selbst."
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