Es ist die alles überstrahlende Nachricht an diesem vollgepackten Motorsport-Wochenende mit Formel 1, Formel E und dem 24h-Rennen Spa-Francorchamps: Sebastian Vettel beendet seine F1-Karriere nach dem Ablauf der Saison 2022. Ein Paukenschlag des vierfachen Weltmeisters, der so ziemlich keinen Rennfahrer oder Weggefährten unberührt lässt.

Dazu zählt auch Gerhard Berger. Der DTM-Boss und Vettel kennen sich bestens seit vielen Jahren. Als dem Österreicher damals die Hälfte des früheren Toro-Rosso-Rennstalls gehörte, war es Vettel, der dem Team 2008 in Monza den ersten Grand-Prix-Sieg bescherte. Schon vorher teilten Berger und Vettel das Wappen auf dem Hemd, als der Österreicher nach seinem Karriereende die Motorsportleitung bei BMW übernahm, während Vettel 2003 in der Formel BMW ADAC erste Erfolge feierte.

Berger und Vettel feiern 2008 den Sieg beim Italien GP, Foto: Sutton
Berger und Vettel feiern 2008 den Sieg beim Italien GP, Foto: Sutton

Berger: "Immer erfreulich, wenn man selbst entscheidet"

"Jede Sportlerkarriere geht irgendwann zu Ende, aber es ist immer erfreulich, wenn man selbst entscheidet, wann der richtige Zeitpunkt ist, aufzuhören", sagt Berger zu Motorsport-Magazin.com. "Sebastian Vettel kann bis heute auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurückblicken - er ist viermaliger Weltmeister und einer der besten Formel 1-Fahrer, die es gibt."

Über die gemeinsamen Zeiten sagt Berger: "Ich habe seinen Namen das erste Mal von Michael Schumacher gehört als er etwa 11 Jahre alt war und Kartrennen gefahren ist. Über BMW und Sauber ist er in den Kader von Helmut Marko gekommen und er hat dort vom ersten Tag mit Reife, Schnelligkeit, Engagement und Hingabe überzeugt. Seinen ersten Grand Prix hat er unter Franz Tost und mir bei Toro Rosso gewonnen. Er ist immer bodenständig geblieben und hat auch außerhalb der Formel 1 Haltung zu wichtigen Themen gezeigt - das schätze ich sehr an ihm."

Sebastian Vettel in die DTM? Das sagt Gerhard Berger

Nun könnte man annehmen, dass Berger in Bälde zum Hörer greift, um sich bei Vettel nach dessen Plänen für die Zukunft nach der Formel 1 zu erkundigen. Schließlich hat der Heppenheimer nicht von einem Ende seiner Rennfahrer-Karriere gesprochen. Und Berger hat in der Vergangenheit nicht selten davon geschwärmt, einen Superstar wie Vettel gern in der DTM sehen zu wollen.

Und es ist kein Geheimnis, dass der 35-Jährige der DTM bzw. der ITR-Plattform grundsätzlich nicht abgeneigt ist. Mehrfach wurde Vettel in der Vergangenheit in privater Kleidung samt Papa Norbert bei DTM-Saisonfinals auf dem Hockenheimring unweit seiner Heimatstadt gesichtet. Außerdem fuhr Vettel 2005 und 2006 mit der F3 Euro Series mehrfach im Rahmenprogramm der DTM.

Doch Berger lässt kurz nach Vettels Rücktritts-Ankündigung Vorsicht walten und sagt: "Ich bin überzeugt, dass er dank seiner vielfältigen Interessen weiß, was er nach seinem Karriereende machen wird. Natürlich würde es mich sehr freuen, wenn er die DTM nicht aus den Augen verliert, aber ich könnte mir auch gut vorstellen, dass sich seine Zukunft in erster Linie außerhalb des Motorsports abspielt."

Foto: LAT Images
Foto: LAT Images

Norbert Haug über Vettel: Zukunfts-Spekulationen jetzt nicht angemessen

Ähnlich denkt auch der langjährige Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug, der am Donnerstag zu Motorsport-Magazin.com sagte: "Am Tag seines Rücktritts darüber zu spekulieren, ob Sebastian künftig eventuell in anderen Rennserien antreten wird, halte ich für nicht angemessen." Haug zeigte Respekt für Vettels Entscheidung, sie scheine wohl überlegt und damit die einzig richtige gewesen zu sein.

Haug weiter: "Sebastian Vettel ist nach Michael Schumacher der zweiterfolgreichste deutsche Rennfahrer und rangiert in der Ewigen-Liste der besten Grand Prix-Piloten nach Lewis Hamilton und Schumacher mit 53 Siegen und vier Weltmeistertiteln auf Rang 3. Alleine diese Aufzählung sagt alles: Mit Vettel verabschiedet sich einer der Allergrößten von seinem Sport, und er wird ganz sicher eine bemerkbare Lücke hinterlassen."

Norbert Haug und Sebastian Vettel im Jahr 2007, Foto: Sutton
Norbert Haug und Sebastian Vettel im Jahr 2007, Foto: Sutton

Rast: "Dann wird Vettel vermutlich nur grünen Motorsport unterstützen"

Bei allem Respekt und Achtung vor Vettels höchst erwachsen vorgetragener Entscheidung, den Formel-1-Helm am Saisonende an den Nagel zu hängen, schwingt bei vielen Beobachtern doch ein wenig Spannung über eine mögliche Zukunft im Rennsportgeschäft mit. Immerhin sind die Rennkalender zahlreicher anderer Serien deutlich überschaubarer im Vergleich zur Formel 1, die praktisch keine Freizeit zulässt.

"So wie ich das sehe und höre, will Sebastian ja mehr Zeit mit der Familie verbringen und aus dem Grund und auch durch seinen Einsatz beim Thema Umweltschutz, könnte ich mir vorstellen, dass er dem Motorsport komplett den Rücken kehrt", sagt der dreifache DTM-Champion Rene Rast zu Motorsport-Magazin.com. "Wenn Vettel sich zukünftig tatsächlich noch mit Rennsport beschäftigt, dann wird er vermutlich nur grünen Motorsport unterstützen."

Das sagt Vettel über seine Zukunft

Vettel selbst wollte nicht ausschließen, dass er irgendwann in der Zukunft wieder an einem Rennen teilnimmt. "Ich kann dazu nicht ja oder nein sagen, weil die Entscheidung, die ich jetzt getroffen habe, ist, dass dieses Kapitel endet", erklärte Vettel auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Der Aston-Martin-Pilot am Rande des Ungarn Grand Prix weiter: "Ich sage nicht, dass dieses Kapitel endet, weil ein anderes direkt beginnt und ich nächstes Jahr andere Autos fahre. Das ist nicht die Entscheidung, die ich getroffen habe. Wie ich mit dieser großen Veränderung umgehen werde, weiß ich nicht. Die Zeit wird es zeigen. Mehr kann ich nicht dazu sagen."