166 Tage nach dem letztjährigen Finale in Berlin startet die Formel E am kommenden Wochenende in die Saison 2022. In Saudi-Arabien trägt die Elektro-Rennserie am Freitag, 28. Januar und Samstag, 29. Januar die ersten beiden Rennen ihrer achten Saison aus - wie im Vorjahr unter künstlichem Flutlicht in den Abendstunden. ProSieben als neue TV-Heimat in Deutschland zeigt die Läufe an beiden Tagen live ab 18:00 Uhr (20:00 Uhr Ortszeit).

Während Weltmeister Nyck de Vries mit Mercedes zum Projekt Titelverteidigung startet, haben sich zwei andere Werksteams mit Sitz in Deutschland aus der Formel E verabschiedet: Audi und BMW leben nur noch in Form ihrer Kundenteams (Andretti mit BMW, Envision mit Audi) für eine weitere Saison weiter.

Während US-Rennstall Andretti samt minimal vorhandener BMW-Unterstützung bei den Motoren auf eigene Faust weitermacht, war im Zuge des Audi-Ausstieges gleichzeitig Feierabend für Formel-E-Pionier Abt Sportsline. Damit starten in Saudi-Arabien elf statt wie bisher zwölf Teams mit 22 Fahrern und einigen Neuzugängen in die Saison, die Mitte August im südkoreanischen Seoul endet.

Mercedes sagt 'Goodbye' zu HWA

Im Reigen der Top-Teams hat sich nicht allzu viel verändert. Weltmeister Mercedes ist zwar komplett von HWA in Affalterbach zur Formel-1-Mannschaft ins britische Brackley gezogen, tritt aber zum dritten Mal in Folge mit de Vries und dessen Teamkollege Stoffel Vandoorne an. Und auch gleichzeitig zum letzten Mal, nachdem die Marke mit dem Stern zum Saisonende ebenfalls den Werks-Stecker ziehen wird.

Vize-Weltmeister Jaguar setzt erneut auf das starke und bisher titellose Duo Mitch Evans und Sam Bird, dessen Vertrag vor Kurzem vorzeitig verlängert worden ist. Und DS Techeetah, Serienmeister zwischen 2018 und 2020, führt weiterhin 2020-Champion Antonio Felix da Costa sowie den zweifachen Meister Jean-Eric Vergne ins Feld.

Giovinazzi beim Chaos-Team der Formel E

Abwechslung gibt es dennoch ausreichend im Starterfeld der Saison 2022. Der prominenteste Neuzugang ist sicherlich Antonio Giovinazzi, der nach 62 Formel-1-Rennen und dem Rauswurf bei Alfa Romeo erstmals in der Formel E startet. Bei allem Talent sind allerdings keine Wunderdinge vom Italiener zu erwarten: Giovinazzi steigt für das nicht selten chaotisch aufgestellte und vergleichsweise kleine US-Team Dragon/Penske ins Cockpit.

Der Königstransfer zur Formel-E-Saison 2022 geht auf das Konto von Venturi unter der Leitung von Geschäftsführerin Susie Wolff. Mit Ex-Audianer Lucas di Grassi hat der Rennstall aus Monaco einen der erfolgreichsten Piloten in der Geschichte der Elektro-Rennserie verpflichtet. Der Champion von 2017 folgt bei Venturi auf den mit Ausnahme des Berlin-Sieges blass gebliebenen Norman Nato und bildet zusammen mit Vize-Weltmeister Edoardo Mortara ein Duo, das nur so vor Erfahrung strotzt.

Maxi Günther wechselt das Werk

Spannend besonders aus deutscher Sicht: Maximilian Günther hat nach dem Formel-E-Ausstieg seines ehemaligen Arbeitgebers BMW bei Nissan einen neuen Vertrag als Werksfahrer ergattert. Bei den Japanern trifft der 24-Jährige mit Sebastien Buemi auf den nach Siegen (13) erfolgreichsten Piloten in der Geschichte der Formel E. Und auf einen Schweizer, der eine absolute Horror-Saison hinter sich hat: Platz 21 in der Meisterschaft für den dreifachen Le-Mans-Sieger mit Formel-1-Vergangenheit.

Günther ist einer von drei verbliebenen Deutschen im Starterfeld der Formel E, zusammen mit den beiden Porsche-Werkspiloten Pascal Wehrlein und Andre Lotterer. Das Team mit Sitz in Weissach hat sich in der Winterpause mit einem prominenten Ingenieur verstärkt: Florian Modlinger übernimmt nach erfolgreichen Jahren bei Audi Sport und Abt Sportsline den Posten des Formel-E-Gesamtprojektleiters.

Unter Modlingers Führung will Porsche in seiner dritten Formel-E-Saison nicht nur nach dem ersten Sieg, sondern gleich nach der Weltmeisterschaft greifen. Experten haben hier vor allem Wehrlein weit oben auf dem Zettel. Der frühere DTM-Champion und Formel-1-Fahrer zählt zu den besten Qualifying-Piloten und kann von den Regeländerungen eigentlich nur profitieren.

K.o.-Qualifying - Revolution!

Denn das revolutionierte Qualifying-Format samt K.o.-Phase schickt sich an, dem Lotteriespiel der vergangenen Saison ein Ende zu setzen und zudem die Fahrer noch mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Die jeweils besten vier Piloten aus zwei Gruppen zu je elf Fahrern ziehen ins Viertelfinale ein, Zweierduelle entscheiden im Anschluss über den Pole-Setter.

Damit sind wie bisher die besten Fahrer in der Meisterschaft nicht mehr benachteiligt, nachdem sie zuletzt stets in der ersten von vier Qualifyinggruppen mit den schlechtesten Streckenbedingungen starten mussten. "Ich finde das fairer", sagte Wehrlein. "Man sieht es auch nicht mehr so wie letzte Saison, dass beim letzten Rennwochenende noch 18 Fahrer Chancen haben, den Titel zu gewinnen. Es wird sich schon vorher herauskristallisieren, welche Fahrer und Teams am stärksten sind."

Mit 16 Rennen in zwölf Metropolen steht die Formel E - vorbehaltlich der andauernden Corona-Pandemie - vor dem umfangreichsten Rennkalender ihrer bisherigen Geschichte. Nach dem Doubleheader-Auftakt in Saudi-Arabien folgen weitere ePrix unter anderem in Berlin, Monaco, London, New York oder Vancouver. Das Saisonfinale steigt am 13./14. August 2022 mit einem Doppelrennen im südkoreanischen Seoul.