Pascal Wehrlein hat die Revanche für seinen verlorenen Samstags-Sieg beim Formel-E-Rennwochenende in Puebla knapp verpasst. Der Porsche-Pilot musste sich im zweiten Rennen Überraschungs-Sieger Edoardo Mortara geschlagen und mit dem zweiten Platz zufrieden geben.

Allerdings drohte Wehrlein eine nachträgliche Strafe, weil er wegen möglicherweise zu viel verbrauchter Energie unter Beobachtung der Rennleitung stand. "Davon höre ich jetzt zum ersten Mal", sagte Wehrlein kurz nach dem Rennen am Sat.1-Mikro. "Vielleicht habe ich beim Überfahren einer Bodenwelle die 200 kW um einen Tick überschritten."

Die Auflösung mehr als drei Stunden nach dem Rennende:

Obwohl es lange Zeit danach ausgesehen hatte, dass Wehrlein die Führung auf dem permanenten Kurs in Mexiko übernehmen würde, verteidigte sich Venturi-Pilot Mortara bis zur letzten der 32 Runden tapfer und erzielte seinen zweiten Sieg in der Formel E nach Hongkong 2019. "Ich stand unter immensem Druck", sagte Mortara. "Pascal war super-schnell, genau wie gestern."

Porsche-Einspruch nach Wehrleins Disqualifikation

Wehrlein und Porsche können sich zumindest theoretische Hoffnungen auf einen Sieg beim Mexiko-Wochenende ausrechnen. Das Team hat offiziell Einspruch gegen die Disqualifikation von Wehrlein und Teamkollege Andre Lotterer wegen falsch registrierter Reifen eingelegt, die am Samstag zu einem Wertungsausschluss führten und Porsche den ersten Sieg in der Formel E kosteten.

In einem Rennen mit zahlreichen Überholmanövern belegte Nick Cassidy den dritten Platz auf dem Podium und feierte seinen ersten Podesterfolg in der Formel E. Der Rookie vom Audi-Kundenteam Virgin überholte in der Schlussphase Pole-Setter Oliver Rowland (Nissan) für den dritten Platz. Cassidys Teamkollege und bis dato Meisterschaftsführender, Robin Frijns, ging als Elfter leer aus.

Riesen-Aufholjagd von Rast

Für die deutschen Fahrer in der Formel E lief das Sonntagsrennen mittelmäßig. Maximilian Günther (BMW) erzielte nach Start von P11 als Siebter hinter Teamkollege Jake Dennis und Alex Lynn (Mahindra) Punkte für die Meisterschaft. Andre Lotterer erlebte ein schwieriges Wochenende und kam nicht über den 17. Platz hinaus.

Rene Rast legte nach einem Fahrfehler im Qualifying eine große Aufholjagd vom letzten Startplatz hin. Der Audi-Fahrer profitierte wie am Vortag, als er hinter Lucas di Grassi als Zweiter gewertet wurde, vom starken Energie-Management seines Autos und landete auf Platz zehn. Für Teamkollege Lucas di Grassi gab es am Sonntag außer einer 5-Sekunden-Zeitstrafe nach einer Kollision mit Nyck de Vries nichts Zählbares zu holen.

Rast: "Wir haben es mit einer anderen Strategie versucht und am Anfang sehr viel Energie gespart. Leider kam diesmal kein Safety Car. Trotzdem haben wir zehn Plätze gutgemacht und einen weiteren Punkt für die schnellste Rennrunde geholt. Alles in allem nicht so schlecht."

Mortara unter dem Radar zum Sieg

Ein Schlüsselmoment im Rennen waren die ersten Runden, als sich der zu diesem Zeitpunkt Führende Rowland schon in Runde fünf erstmals den Attack Mode abholte. Besonderheit in Puebla: Die Aktivierungszone lag einige Meter abseits der eigentlichen Rennstrecke, was beim Überfahren der Aktivierungsschleifen einen Zeitverlust von mehr als drei Sekunden bedeutete.

Wehrlein holte sich den Attack Mode erstmals in Runde 8, wobei Rowland kurz darauf ein zweites Mal den Extra-Boost aktivierte. Während sich Wehrlein und Rowland um die Positionen stritten, sicherte sich Mortara mit freier Fahrt nach seinen Attack Modes fast schon unter dem Radar die Führung. Der frühere DTM-Pilot übernimmt mit dem Sieg die Führung in der Meisterschaft. Mit 72 Punkten führt Mortara vor Frijns (62 Punkte) und dem amtierenden Champion Antonio Felix da Costa (60 Punkte), der vorzeitig ausfiel.

Formel E 2021: Meisterschaft nach 9/15 Rennen (Top-6)

PositionFahrerTeamPunkte
1Edoardo MortaraVenturi72
2Robin FrijnsVirgin62
3Antonio Felix da CostaTecheetah60
4Rene RastAudi60
5Mitch EvansJaguar60
6Nyck de VriesMercedes59

Formel E in Puebla: So lief das Rennen am Sonntag

Die Startaufstellung: Revanche der Disqualifizierten: Oliver Rowland und Pascal Wehrlein, die beide am Samstag wegen Formfehlern aus der Wertung genommen worden waren, belegten die erste Startreihe. Edo Mortara, Jean-Eric Vergne und Jake Dennis folgten auf den Plätzen drei bis fünf. Andre Lotterer nahm das Rennen von P10 in Angriff, Max Günther folgte direkt dahinter. Rene Rast musste nach einem Fehler im Qualifying vom letzten Platz starten.

Das Wetter: Bei 23 Grad (Strecke: 50 Grad) und trockenen Bedingungen startete das Feld am Sonntagnachmittag um 16:00 Uhr Ortszeit ins neunte Rennen der Formel-E-Saison 2021. Nachdem es in den vergangenen Tagen mehrfach geregnet hatte, dürften sich auch die 10.000 erlaubten Zuschauer auf den Tribünen über die Sonne gefreut haben.

Der Start: Am Samstag hatte Oliver Rowland den Start völlig versemmelt - diesmal ging beim Nissan-Piloten von der Pole Position alles glatt. Hinter dem Briten verlor Pascal Wehrlein den zweiten Platz Verfolger Edo Mortara und fiel auf P3 zurück. Im restlichen Teil des Feldes gab es in den Anfangsrunden mehrere Positionswechsel. Andre Lotterer und Max Günther verbesserten sich auf die Positionen acht und neun, weil Tom Blomqvist von Startplatz neun weit zurückfiel. Jake Dennis überholte Jean-Eric Vergne für den vierten Platz. Rene Rast folgte mit einigem Rückstand als Letzter.

Der Fanboost: Die Mercedes-Fahrer Stoffel Vandoorne und Nyck de Vries sowie Lucas di Grassi, Pascal Wehrlein und Antonio Felix da Costa erhielten die meisten Stimmen beim Fan-Voting und damit einen kurzzeitigen Lesitungszuwachs von 50 kW (250 statt 200 kW).

Die Zwischenfälle: Sergio Sette Camara (Dragon) kassierte für eine Startkollision mit Oliver Turvey (NIO) eine 5-Sekunden-Zeitstrafe. Kuriose Szene in Runde 13: Beim Dreikampf zwischen Andre Lotterer, Max Günther und Alex Sims kam es zu einer Berührung zwischen Lotterer und Sims, der in die Mauer gedrückt wurde und dabei ein Stück Bandenwerbung aufsammelte. Auch Günther erwischte einen Teil der Werbebanner und schleppte sie eine Weile an seinem BMW mit.

Die Ausfälle: In Runde 9 fiel Mercedes-Pilot Nyck de Vries dem Audi von Lucas di Grassi zum Opfer. Der Samstagssieger hatte soeben seinen Attack Mode aktiviert, bevor er de Vries bei der Rückkehr auf die Strecke ins Heck fuhr. Der Niederländer musste seinen stark am Heck beschädigten Silberpfeil abstellen. Di Grassi kassierte dafür eine Durchfahrtsstrafe. "Di Grassi hat nicht gebremst und ist mir ins Heck geknallt. Dadurch bekam ich einen Reifenschaden", sagte de Vries. "Wir haben am Wochenende eigentlich alles richtig gemacht, aber es hat nicht sein sollen."

Mahindra-Pilot Alex Sims fiel in der Schlussphase wegen eines technischen Problems aus, auch Oliver Turvey (NIO) und Norman Nato (Venturi) sahen die Zielflagge nicht. Wenige Minuten vor dem Rennende schlug Meister Antonio Felix da Costa schwer in die Streckenbegrenzung ein und konnte seinen zerstörten Techeetah noch gerade in der Auslaufzone abstellen. Den Portugiesen hatte es in Kurve 7 erwischt, wo sich während des gesamten Wochenendes zahlreiche Unfälle ereigneten.