Porsche hat gegen die Disqualifikation von Pascal Wehrlein und Teamkollege Andre Lotterer beim Samstagsrennen der Formel E in Puebla offiziell und fristgerecht Einspruch eingelegt. Das Rennergebnis des Rennens auf dem mexikanischen Kurs bleibt damit bis zur offiziellen Verhandlung vorläufig. Als Sieger wurde zunächst Audi-Fahrer Lucas di Grassi vor seinem Teamkollegen Rene Rast gewertet.
Weitere Details teilte das Porsche-Team am Sonntag gegenüber Motorsport-Magazin.com mit. "Wir haben einen administrativen Fehler begangen, und übernehmen dafür die Verantwortung", heißt es in dem Statement. "Dieser Vorfall sollte jedoch nicht den Ausgang des Rennens entscheiden, da dieser administrative Fehler keinen Einfluss auf die Leistung des Autos hatte. Für Porsche ist es wichtig, weiteres Potenzial für die Meisterschaft zu erkennen und die Formel E mit dem Ziel zu unterstützen, tollen Rennsport zu liefern - vor allem für die Fans."
Wann es zur Verhandlung vor dem Sportgericht kommt, konnte Porsche zunächst nicht mitteilen. Mit Verweis auf ein laufendes Verfahren gab der Hersteller zudem keine weiteren Details zur konkreten Begründung gegen den Einspruch bekannt.
Formel-E-Boss Agag: Wollte jemanden umbringen!
Der von Experten als mutig erachtete Schritt gegen die FIA-Entscheidung könnte ein größeres Politikum rund um die Formel E auslösen. Bemerkenswert: Auch Formel-E-Gründer Alejandro Agag schlug sich auf die Seite von Porsche - und damit quasi gegen die Ansichten der Regelhüter mit Sitz in Paris.
"Ich habe eine fantastische Show von Porsche und Pascal gesehen", wurde Agag von mehreren britischen Medien zitiert. "Ich war nicht glücklich, dass sie nicht gewonnen haben. Wir sollten uns bei den Fans entschuldigen, weil sie nicht verstehen, was passiert ist. Wir müssen daraus lernen, hier ist es einfach: Überprüft vor dem Rennen, ob jeder die korrekten Reifen angeführt hat. Das ist alles. Jetzt versteht ihr, warum ich so sauer war. Ich wollte jemanden umbringen! Zum Glück habe ich es nicht getan."
Porsche-Leiter: Entscheidung war überhart
Porsche-Einsatzleiter Amiel Lindesay hatte schon vor dem Beginn des Qualifyings am Sonntag bei Sat.1 angekündigt: "Die Entscheidung ist über Maß hart. Wir haben Berufung eingelegt und durchlaufen den üblichen Weg einer Berufung." Wie aus dem offiziellen Rennergebnis hervorgeht, ist das Resultat des Samstagsrennens damit zunächst vorläufig.
Nachdem in der Schlussphase gegen Wehrlein und Teamkollege Andre Lotterer offiziell eine Untersuchung eingeleitet worden war, folgte das Drama wenig später: Wegen eines Formfehlers - falsch eingetragene Reifen im Wagenpass-System der Formel E - wurden beide Piloten vorläufig aus der Wertung genommen.
Wehrlein: Strafe ist Schwachsinn
"Einfach Schwachsinn, diese Strafe", sagte der frühere Formel-1-Fahrer und DTM-Champion in einer ersten Reaktion am Mikro von TV-Partner Sat.1. "Ich habe gehört, dass die Offiziellen den Fehler schon im Grid gesehen, uns aber nichts gesagt, sondern bis zur letzten Sekunde gewartet haben. Ich muss mich ein bisschen zurückhalten mit dem, was ich sage."
Auch eine Weile später war der aus Fahrersicht völlig verständliche Ärger noch nicht verfolgen, als Wehrlein auf seinem Handy in die Tasten hämmerte. Auf Instagram schrieb der 26-Jährige unter anderem direkt an die Formel E gerichtet: "Wenn es euch so wichtig ist, zu wissen, welche der drei Reifensätze wir für das Rennen nutzen, dann überprüft es verdammt noch mal selbst in der halben Stunde in der Startaufstellung, wo die Reifen angebracht werden."
Wehrlein weiter: "Es ist schade, dass all die harte Arbeit und Vorbereitung so vieler Menschen wegen eines Formfehlers für die Tonne ist. Das tut weh, und wie sollen wir das den Fans und Zuschauern erklären? Wenn ihr meint, dass es dafür eine Strafe geben muss, dann bittet uns zur Kasse. Geldstrafen werden für härtere Dinge vergeben und ich würde das liebend gern aus meiner eigenen Tasche zahlen. Das ist meine Meinung und die will ich auch nicht zurückhalten, selbst, wenn das manchen Leuten nicht gefallen mag."
Laut Entscheidung der Rennleitung konnte Reifenpartner Michelin die "notwendigen Messungen der Reifendrücke nicht vornehmen", weil seitens Porsche keine Angaben im Wagenpass über die Nutzung der Reifen im Rennen gemacht worden seien. Ein Verstoß gegen das Sportliche Reglement, das wörtlich besagt, dass die Identifikationsnummern der Reifen, die an allen Autos eingesetzt werden, bis zehn Minuten vor dem Rennstart per Computer dem Technischen Delegierten der FIA übermittelt werden müssen.
Porsche wusste nichts von Grund für Strafe
Porsche selbst wusste während des Rennens offenbar nicht, worum genau es sich bei der Untersuchung gegen Wehrlein und Lotterer handelte. Das Team wies den souverän Führenden Wehrlein an, seinen Vorsprung auf die Verfolger, unter anderem den nachträglichen Sieger Lucas di Grassi sowie dessen Audi-Teamkollege Rene Rast, nach Möglichkeit weiter auszubauen. Wohl in der Annahme, dass Wehrlein eine 5-Sekunden-Zeitstrafe kassieren könnte.
"Leider haben wir einen Fehler gemacht, der uns unseren ersten Sieg in der Formel E gekostet hat", räumte, Amiel Lindesay, Einsatzleiter Formel E bei Porsche, ein. "So etwas darf nicht passieren. Wir werden diesen Vorfall gemeinsam aufarbeiten. Letztlich sind wir ein Team: Wir gewinnen und verlieren zusammen."
Die Sache mit den Reifen...
Kurioserweise passierte genau dieser Fehler auch dem erfahrenen Team Nissan e.dams, wodurch die Fahrer Sebastien Buemi und Oliver Rowland ebenfalls aus der Wertung ausgeschlossen wurden. Die Registrierung der Reifen in der Formel E scheint keine allzu leichte Aufgabe zu sein: In Valencia verlor Mercedes-Pilot Stoffel Vandoorne die Pole Position, weil Mercedes im Wagenpass ein Zahlendreher unterlaufen war.
Es war übrigens nicht das erste Mal, dass eine Angelegenheit rund um die Reifen Wehrlein eine Spitzenposition in der Formel E kostete. 2019, noch in Diensten von Mahindra, verlor er die Pole Position beim Paris ePrix. Damals wurden bei ihm und Teamkollege Jerome D'Ambrosio nach dem Qualifying Reifendrücke gemessen, die nicht dem Reglement entsprachen. Das Prozedere der Überprüfung geriet allerdings in die Kritik und wurde für das nachfolgende Rennen angepasst.
Es war auch nicht das erste Mal, dass ein Fahrer den Sieg wegen einer falschen Eintragung im Wagenpass verlor. Ende 2017 kostete ein 'Fauxpax' Daniel Abt beim Saisonstart in Hongkong den ersten Sieg in der Formel E. Wenig später in Mexiko schlug der frühere Audi-Fahrer zurück und ging als erster deutscher Rennsieger in die Geschichte der Formel E ein.
FIA lässt sich nicht gern an den Karren fahren
"Die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen ist nicht sehr hoch", glaubte der heutige Sat.1-Co-Kommentator Abt jetzt. "Die FIA lässt sich nicht gerne an den Karren fahren. Aber ich finde den Einspruch im Sinne des Sports gut. Das hätte man anders lösen können."
Christian Danner, Formel-E-Experte für Sat.1, aus Puebla: "Das war ein klarer Regelverstoß. Es stellt sich aber die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Strafe. Eine Disqualifikation ist schon sehr hart. Ich glaube nicht, dass Porsche argumentiert, dass man nichts falsch gemacht hat, sondern, dass sie im Sinne des Sports argumentieren."
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