Ausgerechnet beim ereignisreichsten Rennwochenende in der Geschichte der Formel E hat Sat.1 sein Debüt als neuer TV-Partner in Deutschland gefeiert. Bei all den dramatischen Ereignissen in Saudi-Arabien vor allem am Samstag lässt sich festhalten: Feuertaufe geglückt! Motorsport-Magazin.com analysiert den Fernsehauftritt des Privatsenders, die Quoten und das Team um die Neuzugänge Daniel Abt und Christian Danner im Detail.
Formel E bei Sat. 1: Die TV-Quoten
Trotz aller Livestreams und Social-Media-Aktivitäten bleiben die Einschaltquoten die harte Währung. Beim TV-Debüt der Formel E am Samstagabend in Sat.1 schalteten im Schnitt 520.000 Menschen ein. Das führte zu einem Gesamtmarktanteil von 2,4 Prozent und 3,6 Prozent in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Die Übertragung begann mit einer Stunde Vorlauf samt Werbung, bevor das Rennen um 18:00 Uhr MEZ startete.
Sat.1 lag bei den Quoten ungefähr auf dem Niveau eines Samstagsrennens der DTM, an der der Sender auch in diesem Jahr die Übertagungsrechte hält. Die DTM-Sonntagsrennen waren durchgängig etwas stärker frequentiert. Dabei ist die traditionelle DTM-Startzeit von 13:30 Uhr weniger attraktiv als der abendliche Formel-E-Start zur guten Sendezeit um 18:00 Uhr. Aber: Sat.1 hatte am Samstagabend prominente Konkurrenz in Form der ARD-Sportschau sowie des Topspiels der Fußball-Bundesliga.
Die Sendegruppe entschied sich, den Saisonauftakt am Freitagabend auf dem Spartenkanal Pro Sieben MAXX zu zeigen. Gründe: Eigentlich war Santiago de Chile als Saisonauftakt im Januar vorgesehen und wäre demnach beim 'großen Bruder' in Sat.1 gelaufen. Zudem wurde das Rennen unüblich an einem Freitag - der Beginn des Wochenendes in Saudi-Arabien - ausgetragen.
Pro Sieben MAXX stieg mit 30 Minuten Vorberichterstattung in die Übertragung ein. Das Rennen ab 18:00 Uhr verfolgten im Schnitt 180.000 Zuschauer bei einem Marktanteil von 0,8 Prozent. In der Zielgruppe erreichte der Sender durchschnittlich 90.000 Zuseher und einen Marktanteil von 1,9 Prozent. Die Werte übertrafen den Senderschnitt laut Angaben der Branchenexperten von DWDL leicht.
TV-Vorgänger Eurosport, das die Rennen der Formel E auch 2021 im kostenpflichten Angebot zeigt, erreichte in den vergangenen fünf Jahren als Fernsehpartner nur selten 100.000 Zuschauer im Durchschnitt - Sat.1 hat damit die Reichweite in Deutschland auf Anhieb verfünffacht.
Formel E bei Sat. 1: Die TV-Übertragung
Die Corona-Pandemie und ihre Tücken: Sat.1 konnte wie schon bei letztjährigen DTM-Rennen nur ein kleines Aufgebot an die Strecke entsenden. Fünf Personen inklusive Reporter Matthias Killing und Experte Christian Danner waren vor Ort, während Moderatorin Andrea Kaiser, Kommentator Eddie Mielke und Co-Kommentator Daniel Abt es sich im heimischen Studio samt schicker Kulisse und Formel-E-Demoauto gemütlich machen mussten.
Im Free-TV wurden nur die beiden Rennen live am Abend übertragen. Alle Trainings und die beiden Qualifyings zeigte Sat.1 im Livestream auf der ran-Webseite, jeweils mit Kommentar und ohne Werbeunterbrechung. Wie in der DTM, spielte Sat.1 während der Rennübertragungen Splitscreen-Werbung ein, sodass die Zuschauer das Rennen durchgängig verfolgen konnten. Im Livestream wurde unterdessen fleißig weiterkommentiert.
Beim Abbruch-Rennen am Samstag wurde die Zeit offenbar etwas knapp, Sat.1 stieg noch vor der Siegerehrung und den Sieger-Interviews aus der Übertagung aus. Immerhin: Im Livestream lief das Programm gut 20 Minuten weiter, Rennsieger Sam Bird bekam Reporter Killing trotz aller Corona-Hürden doch noch vors Mikro.
Punkten konnte Sat.1 bei der ausführlichen Vorberichterstattung von einer Stunde inklusive Werbepausen. Selbstproduzierte Beiträge und die wichtigsten Infos zum aufregenden vorangegangenen Training sowie Qualifying samt Mortara-Unfall und Startverbot für die Mercedes-Teams wurden ebenso beleuchtet wie die Grundregeln der Formel E.
Die Verantwortlichen hatten schon im Vorfeld angekündigt, dass die Erklärung der Serie selbst einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Sinnvoll angesichts eines Produktes, das in Deutschland jahrelang unter dem Radar der Öffentlichkeit gesendet wurde.
Formel E bei Sat. 1: Das ran-Team
Mit dem ehemaligen Formel-E-Fahrer Daniel Abt (69 Rennen für Audi und NIO) sowie dem langjährigen RTL-Experten und Ex-Formel-1-Fahrer Christian Danner hat sich Sat.1 prominente Unterstützung ins Boot geholt. Die Rechnung ging voll auf: Sowohl Abt als Co-Kommentator im Studio als auch Danner in bester F1-Manier im Fahrerlager an der Seite von Matthias Killing konnten auf Anhieb überzeugen.
Ein prägender Moment: Als Danner und Killing kurz vor dem Qualifying-Start kritisch und ausgiebig bei Venturi-Teamchefin Susie Wolff bezüglich der Sicherheit der Mercedes-Autos in Folge des Mortara-Unfalls nachhakten, zweifelte Abt die Aussagen aus eigener Erfahrung (Mexiko-Unfall 2020) umgehend an - und sollte damit Recht behalten.
Während die erfahrenen TV-Männer Danner und Killing trotz Corona-Hürden durch die Boxengasse streiften und so ziemlich alle relevanten Personen zeitnah vors Mikro bekamen, meisterte Abt sein Debüt als Co-Kommentator souverän. Ab dem 1. Training wirkte der Kemptener vertraut mit der Fernsehumgebung und machte dem Zuschauer das Geschehen mit seiner Expertise verständlich. Wenn die 'Erklär-Phase' bei Sat.1 einmal beendet ist, können sich die Fans mit Sicherheit auf den einen oder anderen spitzen Kommentar von Abt freuen.
Das Zusammenspiel mit Kommentator Eddie Mielke - bestens vorbereitet und euphorisch wie eh und je ("Die Formel E steht unter Strom!") - klappte auf Anhieb. Die Motorsport-erfahrene Andrea Kaiser führte wie gewohnt unterhaltsam durch den Abend und schlug gekonnt die Schneise zwischen Studio- und Vor-Ort-Crew.
Sat.1: Fazit zum Formel-E-Debüt
Die Formel-E-Premiere von Sat.1 konnte sich sehen lassen! Die sinnvoll zusammengestellte Crew macht schon jetzt Freude auf mehr - vor allem, wenn wieder eine stärkere Vor-Ort-Präsenz möglich ist und noch mehr Informationen einfließen. Die TV-Quoten waren angesichts der Fußball/Sportschau-Konkurrenz für das erste Rennen durchaus respektabel, wie ein Branchenkenner urteilte. Schade nur, dass das Auftaktrennen durch die Abschiebung zu Pro Sieben MAXX keine noch größere Aufmerksamkeit erhielt.
Über das gesamte Premierenwochenende hinweg leistete sich das Sat.1-Team nur einen dicken Patzer. Der rennentscheidende und schwere Unfall von Alex Lynn wurde bis zum Übertragungsende in keiner Silbe erwähnt. Sicherlich war die Situation unübersichtlich und die gezeigten Bilder des World Feed (darauf hat Sat.1 keinen Einfluss) absolut missverständlich und in der Umsetzung höchst diskutabel.
Doch es gab einige Hinweise sowohl im Live-Bild als auch in den sozialen Medien, die ein Redakteur im Hintergrund rechtzeitig hätte erkennen und an die Crew weiterleiten müssen. Sofern dieser Posten im Team nicht besetzt war - bitte schnellstmöglich ändern, vor allem beim traditionellen Drunter und Drüber in der Formel E! Bis zum nächsten Rennen am 10. April in Rom bleibt genügend Zeit zur Aufarbeitung eines ansonsten durchweg überzeugenden TV-Auftritts.
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