Nach fünf Saisons gehen die Lichter aus: An diesem Donnerstagabend um 19:00 Uhr wird Eurosport 1 zum vorerst letzten Mal ein Rennen der Formel E im Fernsehen übertragen. Der Verlust über das Motorsportprodukt dürfte sich in Grenzen halten: selten schalteten durchschnittlich mehr als 100.000 Zuschauer ein, wenn die Elektro-Serie ihre Rennen rund um den Kontinent austrug.

Ab 2021 erhofft sich die Formel E einen Anstieg auf dem wichtigen deutschen Markt. Sat.1 übernimmt zur kommenden Saison, die im Januar beginnt und erstmals innerhalb eines Kalenderjahres ausgetragen wird, die TV-Übertragungsrechte.

Mit der Übernahme der Formel E hat sich 7Sports, die Sportbusiness-Unit der ProSiebenSat.1 Group, für die kommenden Jahre im Motorsport-Bereich abgesichert. Zum aktuellen Stand ist noch immer unklar, ob die DTM, mit der sich Sat.1 und ran Anfang 2018 zurückgemeldet hatten, in der Saison 2021 fortgeführt wird. Den TV-Vertrag mit der DTM-Dachorganisation ITR hatte 7Sports erst im vergangenen November bis einschließlich 2021 verlängert.

Sat.1: Ordentliche DTM-Quoten

Mit der DTM konnte Sat.1 keine überragenden, aber dennoch ordentliche Quoten vorlegen. Im Schnitt verfolgten in der Saison 2019 616.000 Zuschauer die Übertragungen vor dem Fernseher, obendrauf kamen kostenfreie Livestream-Angebote der Rennen.

Der diesjährige und wegen Corona verspätete DTM-Auftakt in Spa-Francorchamps orientierte sich am Vorjahrestrend. 600.000 Zuschauer (4,7 Prozent Marktanteil) am Samstag sowie 510.000 Zuschauer (5,3 Prozent Marktanteil) beim Sonntagsrennen waren die erwarteten Zahlen.

Auf einen ähnlichen Schnitt dürften alle Beteiligten ab 2021 mit der Formel E hoffen, die zumindest bei Motorsport-Fans in Deutschland nicht den leichtesten Stand hat. Die engagierten Hersteller Audi, BMW, Porsche und Mercedes dürften sich in jedem Fall freuen: mit den Eurosport-Zahlen konnten die Motorsportabteilungen bei den Entscheidern in der jeweiligen Vorstandsetage sicherlich nicht punkten - Livestream-Angebote hin oder her.

Formel E, Berlin: Audi-Star Rene Rast im Exklusiv-Interview (22:33 Min.)

Wie sich Sat.1 in Position brachte

Sat.1 hatte sich seit längerer Zeit für die Formel E in Position gebracht. Per Live-Stream zeigte Sat.1 'ran' die Rennen der Formel-E-Rahmenserie Jaguar I-Pace eTrophy, die weltweit nur wenig Aufmerksamkeit erfuhr und zum Saisonende nach zwei Jahren eingestellt wird. Im Markenpokal des britischen Herstellers trat sogar ein Team mit dem Namen 'Jaguar ran racing Team Germany' an. Während der Corona-Pause konnten Zuschauer auch die virtuellen Rennen der Formel E 'Race at Home Challenge' samt deutschem Kommentar auf der ran-Webseite verfolgen.

Von der Möglichkeit des Senderwechsels in Deutschland zur ProSiebenSat.1 Group hatte Motorsport-Magazin.com bereits exklusiv Anfang Juni berichtet. Dies hat sich nach der offiziellen Bekanntgabe am Dienstag dieser Woche bestätigt. Der Deal dürfte intern bereits länger festgestanden haben, das Saisonfinale in Berlin diente offenbar als würdiger Ort für die öffentliche Mitteilung.

Was wurde aus ARD und ZDF?

Der Wechsel der Formel E in Deutschland zu Sat.1 lässt allerdings eine Frage offen: was wurde aus dem Interesse von ARD und ZDF? Die öffentlich-rechtlichen Sender zeigten seit dem Berlin-Rennen 2018 vereinzelt Rennen im Fernsehen oder per Livestream und wurden lange Zeit mit einer Rechteübernahme in Verbindung gebracht. Die große Reichweite beider Sender sowie der Dritten wäre ein Segen gewesen für die Formel E.

Doch die zunächst angestrebte Partnerschaft war plötzlich kein Thema mehr. Ursprünglich war geplant, auch die sechs Rennen in Berlin im Livestream und vereinzelt sogar im Fernsehen auszustrahlen. Das Doppel-Rennen am vergangenen Wochenende hätten ARD und ZDF im TV-Wechsel ausgestrahlt, wenn nicht die Übertragung der Deutschen Leichtathletik Meisterschaft dazwischengefunkt hätte.

Stattdessen verzichteten die Öffentlich-Rechtlichen, die sich seit 2018 Sublizensierungsrechte von Eurosport (gehört zum Discovery-Konzern, der zusammen mit Liberty 40 Prozent der Rechte an der Formel E hält) gesichert hatten, komplett auf eine Übertragung.

Das ran-Team seit 2018: Eddie Mielke, Timo Scheider, Andrea Kaiser und Matthias Killing, Foto: API Markus Kehl
Das ran-Team seit 2018: Eddie Mielke, Timo Scheider, Andrea Kaiser und Matthias Killing, Foto: API Markus Kehl

Unstimmigkeiten mit der Formel E

Aus Kreisen von ARD und ZDF hat Motorsport-Magazin.com erfahren, dass es zu Unstimmigkeiten mit den Rechtehaltern kam. Die Öffentlich-Rechtlichen wünschten sich ein Mitspracherecht bei den Startzeiten (in Berlin jeweils 19:00 Uhr), um die Rennen sinnvoll ins Sportprogramm einbetten zu können - doch da spielte die Formel E offenbar nicht mit.

Was 2018 beim Berlin ePrix noch funktioniert hatte - das Rennen begann zur ungewöhnlichen Zeit um 18:00 Uhr, damit die ARD es in sein TV-Programm rund um die DFB-Pokalfinals der Damen und Herren einbetten konnte - stieß jetzt auf wenig Entgegenkommen der Rechtehalter, die sich bei den Startzeiten partout nicht reinreden lassen wollten.

Angesichts des Charakters einer Randsportart im Gesamtbild und Aussicht auf mittelmäßige Quoten wurde es ARD und ZDF offenbar zu bunt und die Verhandlungen für 2021 abgebrochen. Die aktuell düsteren Aussichten der nahen DTM-Zukunft dürften auf der Gegenseite 7Sports respektive Sat.1 zuletzt darin bestärkt haben, beim Interesse an der Formel E einen weiteren Gang hochzuschalten.

Besonders in Deutschland gilt die Formel E als attraktives Paket auch im Werbungsbereich. Mit Audi, BMW, Mercedes und Porsche engagieren sich vier deutsche Autobauer mit Werksprogrammen in der Serie, zudem werben zahlreiche namhafte Unternehmen mit Sitz in Deutschland auf der Plattform von Gründer Alejandro Agag.