Zwischen Audi und Techeetah flogen schon mehrfach die Fetzen - so auch beim Formel-E-Finale in Berlin. Und das gleich doppelt, denn Audi-Star Lucas di Grassi legte sich sowohl im Qualifying als auch im Rennen mit den ehemaligen und neuen Champions Jean-Eric Vergne und Antonio Felix da Costa an.
Das Unheil nahm seinen Lauf bereits im Qualifying am Mittwochmittag, als das Favoriten-Quartett bestehend aus di Grassi, Felix da Costa, Vergne und Sebastien Buemi es kollektiv verpasste, in der ersten Qualifying-Gruppe eine Rundenzeit zu setzen - die Fahrer hatten es nicht rechtzeitig geschafft, über den Strich zu fahren und mussten das Rennen von den letzten Plätzen aufnehmen.
Di Grassi machte die beiden Techeetahs als Verantwortliche für das Qualifying-Debakel aus und meinte, sie seien in der Aufwärmrunde vor dem schnellen Run zu langsam gefahren und hätten ihn dadurch aufgehalten. "Ein sehr schlechtes Verhalten dieses Teams", sagte der nicht selten streitlustige Brasilianer. "Ich habe ein paar Mal versucht, sie zu überholen, aber sie haben es nicht erlaubt."
Auf der Gegenseite steht mit Vergne ein Fahrer, der ähnlich wie di Grassi selten ein Blatt vor den Mund nimmt. Nach dem Rennen machte sich der zweifache Champion, konfrontiert mit di Grassis Kritik, sogar lustig über den Audi-Werksfahrer und meinte voller Ironie: "Das ist komplett unsere Schuld. Wir haben das mit Absicht gemacht - und es geschafft. Was soll das, er ist doch ein erwachsener Mann..."
Tatsächlich hatte sich das Quartett äußerst spät auf die Strecke begeben in der Hoffnung auf bestmögliche Bedingungen. Es war klar, dass die Fahrer aus Gruppe 1 es aufgrund der enormen Streckenverbesserung schwer haben würden, mit den Fahrern aus späteren Gruppen zu konkurrieren.
Während di Grassi, Felix da Costa, Vergne und Buemi lange Zeit in der Box warteten, drehten mit Max Günther und Mitch Evans die beiden anderen Fahrer der Gruppe bereits eine Runde. Sie hatten keine Schwierigkeiten, eine gezeitete Runde zu setzen, wurden im Laufe des Qualifyings aber auf die Plätze 13 und 14 durchgereicht.
Während Vergne sicher war, dass di Grassi doch einfach hätte überholen können, um seinen Run früher zu beginnen, räumte Techeetah-Teamchef Mark Preston zumindest eine äußerst risikoreiche Strategie ein: "Obwohl es nicht funktioniert hat wie geplant, war es die richtige Entscheidung, es zu probieren. Manchmal klappt es, manchmal nicht."
Mit dem Qualifying-Chaos war das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht. Im Rennen kam es in Runde 13 zu einer Kollision zwischen di Grassi und Felix da Costa beim Kampf um den 15. Platz. Der Audi-Fahrer zog sich einen Reifenschaden zu, musste an die Box und kassierte obendrein eine 5-Sekunden-Zeitstrafe.
Unverständlich für den früheren Formel-1-Piloten, der zuvor im Rennen Maximilian Günther am Heck getroffen und dadurch dem BMW-Fahrer einen Reifenschaden zugefügt hatte. Di Grassi: "Ich dachte erst, die Strafe sei wegen Günther. Aber wegen da Costa? Das verstehe ich nicht. Das war doch eindeutig seine Schuld."
Den Vorfall, als di Grassi in Kurve 13 von der Außenseite kommend auf die Innenbahn zog und dort Felix da Costa erwischte, bewertete nicht nur die Rennleitung anders, sondern auch der Portugiese: "Er muss blind sein! Glaubt der, dass ich einfach so verschwinden kann? Oder dass wir hier eine Sonntagsfahrt unternehmen und ich einfach Platz mache? Er muss die Leute respektieren. Ich weiß nicht, was er damit erreichen will."
Genutzt hat die ganze Aufregung zwischen di Grassi und Techeetah am Ende nichts. Vergne kassierte früh im Rennen eine Durchfahrtsstrafe, weil das Team seine Batterie stärker als erlaubt gekühlt hatte, und fuhr auf den 18. Platz. Di Grassi landete wegen des ungeplanten Reifenwechsels und der 5-Sekunden-Strafe auf P21, während Felix da Costa nach einer Aufholjagd mit technischen Problemen vorzeitig ausfiel.
Bei all dem Gemecker im Laufe des Tages auf beiden Seiten fand di Grassi zumindest einen positiven Aspekt. Er startet im Qualifying zum letzten Rennen am Donnerstag (19:00 Uhr live bei Eurosport 1) zum dritten Mal in dieser Saison nicht aus der ungeliebten Gruppe 1, weil er in der Meisterschaft auf den siebten Gesamtrang zurückgefallen ist. Die jeweiligen Gruppenplätze werden nach dem Meisterschaftsstand vergeben.
Di Grassi: "Es hilft sehr, jetzt in Gruppe 2 zu starten. Ich war fast immer in Gruppe 1, das hat meinen Qualifying-Schnitt zerstört. Und in den beiden Rennen, in denen ich aufs Podest gefahren bin, war ich zuvor nicht in der ersten Gruppe. Ich hoffe, dass wir das im letzten Rennen der Saison strategisch nutzen können."
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