Ein Überraschungs-Paket aus Japan für die Formel E: Mit Nick Cassidy hat Virgin Racing einen Fahrer für die kommende Saison verpflichtet, der hierzulande eher unbekannt ist, international jedoch hohes Ansehen genießt. Der Neuseeländer, der zur Saison 7 die Nachfolge des in Richtung Jaguar abgewanderten Sam Bird antritt, hat sich vor allem in den japanischen Rennserien einen Namen gemacht.

In der hochklassigen Super Formula, die in den vergangenen Jahren durch Engagements europäischer Rennfahrer wie Stoffel Vandoorne oder Pierre Gasly immer größere Aufmerksamkeit genoss, sicherte sich Cassidy 2019 die Meisterschaft. 2018 holte der erst 25-Jährige bereits den Vize-Titel. Und damit nicht genug: Parallel zum Formelprogramm startete Cassidy in der Super GT, dem japanischen Pendant zur DTM.

Hier war er ebenfalls äußerst erfolgreich unterwegs und erzielte mit dem Lexus Team TOM'S 2017 die Meisterschaft, 2018 und 2019 holte Cassidy jeweils den Vize-Titel. Sein vorerst letzter Streich im Tourenwagen: Bei der Show-Veranstaltung zwischen Super GT und DTM in Fuji im November 2019 gewann Cassidy das Auftaktrennen von der Pole Position.

Sein Potenzial in einem Formel-E-Rennwagen deutete Cassidy schon einmal an. Am 01. März dieses Jahres, kurz vor der Corona-Zwangspause, trat er bei den Testfahrten unmittelbar nach dem Rennen in Marrakesch für Virgin Racing an. Beim Test, an dem nur Fahrer teilnehmen durften, die noch kein Formel-E-Rennen bestritten haben, sicherte er sich überlegen die Bestzeit.

Nach dem gut fünfjährigen Japan-Abenteuer, das mit einem dritten Platz beim Macau Grand Prix 2014 begann und 2015 mit dem Gewinn der Japanischen Formel-3-Meisterschaft seinen Lauf nahm, steht nun die Rückkehr nach Europa bevor. Cassidy hat angekündigt, seinen Lebensmittelunkt aus Tokio mehr in Richtung des in Silverstone beheimateten Teams verlegen zu wollen.

"Ich habe die Formel E von Beginn an verfolgt, hätte aber nie gedacht, dass mich der Karrierepfad dorthin führen würde", sagte der Elektro-Rookie bei seiner Vorstellung. "Ich habe hier in Japan so viel erreicht und kennengelernt, dass ich das Gefühl hatte, es wäre an der Zeit für etwas Neues. Als sich die Möglichkeit der Testfahrt ergeben hat, war das eine großartige Gelegenheit."

Bei Virgin tritt Cassidy in der kommenden Saison, die im Januar 2021 in Santiago de Chile beginnt, in große Fußstapfen. Vorgänger Sam Bird ging sechs Jahre lang für das einst von Milliardär Richard Branson gegründete Team an den Start und gehört mit neun Siegen sowie 18 Podestplätzen in 63 Rennen zu den Ausnahmekönnern der Formel E.

"Ich habe großen Respekt vor Sam, er hat tolle Dinge in der Formel E erreicht", sagte Cassidy. "Mein Ziel lautet, eine ähnliche Arbeit zu leisten. Die Formel E bedeutet eine riesengroße Herausforderung, die man nicht unterschätzen darf. Das ist schon ein wenig einschüchternd, aber ich habe ein gutes Selbstvertrauen. Auf dem Papier ist die Formel E eine der härtesten Serien im Motorsport."

Nick Cassidy beim Marrakesch-Test im März 2020, Foto: Envision Virgin
Nick Cassidy beim Marrakesch-Test im März 2020, Foto: Envision Virgin

Mit Virgin Racing findet Cassidy ein Team vor, das seit der vergangenen Saison auf Kundenautos von Audi setzt. 2018/19 tanzte das vergleichsweise kleine Team mit Bird und Teamkollege Robin Frijns der Ingolstädter Werksmannschaft sogar eine Weile auf der Nase herum und fuhr bessere Ergebnisse ein. Im Saisonendspurt ging Virgin jedoch meist aber die Puste aus, während den Top-Teams ein weiterer Performance-Fortschritt gelang.

Nach den bisherigen fünf Rennen der laufenden Saison, die mit sechs Rennen in Berlin innerhalb von neun Tagen (05.-13. August 2020) ihren Abschluss findet, belegt Virgin Racing direkt hinter Audi den siebten Platz in der Teammeisterschaft. Den einzigen Saisonsieg erzielte Bird beim Auftakt in Saudi-Arabien.

Virgin-Teammanager Sylvain Filippi: "Als Team ist es immer wichtig, nach vorne zu schauen, um unseren langfristigen Erfolg sicherzustellen. Mit Nick wissen wir, dass wir einen sehr ehrgeizigen, fähigen Fahrer mit großem Talent und Speed haben. Wir wissen, dass die Formel E in der kommenden Saison als Weltmeisterschaft so umkämpft sein wird wie nie zuvor, aber trotz der kurzen Zeit mit Nick - zusammen mit Robin Frijns - sind wir zuversichtlich, zwei Fahrer zu haben, die in der Meisterschaft ganz vorne mitmischen können."