Greift der amtierende und zweifache Formel-E-Champion Jean-Eric Vergne beim großen Saisonfinale in Berlin verspätet in den Kampf um die Meisterschaft ein? Nach einer bislang durchschnittlichen Saison bieten die sechs Rennen auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof die perfekte Gelegenheit, den Titelkampf völlig auf den Kopf zu stellen.

Bei den drei Doppel-Rennen vom 05. bis 13. August 2020 werden insgesamt 180 Punkte vergeben - da erscheint Vergnes aktueller Rückstand von 36 Zählern auf Spitzenreiter und Techeetah-Teamkollege Antonio Felix da Costa vergleichsweise gering.

"Das wird das Schwierigste, was uns in unserer Karriere als Fahrer, Mechaniker und Ingenieure erwartet", blickte Vergne auf die anstrengende Rennwoche in der deutschen Hauptstadt voraus. "Wer aus diesen sechs Rennen als Stärkster hervorgeht, holt den Titel. Wenn man sich zu sehr auf die Meisterschaft fokussiert, kommt man schnell vom Weg ab. Also halte ich es wie in den vergangenen beiden Saisons und schaue von Rennen zu Rennen."

Französische Kämpfernatur

Dass sich Vergne in der Formel E zu einer Kämpfernatur entwickelt hat, zeigte der Franzose in der Saison 2018/19. Nach fünf von 13 Rennen lag er in der Gesamtwertung 26 Punkte hinter dem Führenden Sam Bird zurück, bevor er das Blatt wendete und beim Finale in New York als erster Fahrer den Titel verteidigen konnte.

In der aktuellen Konstellation fehlen Vergne sogar noch zehn Punkte mehr in Richtung Tabellenspitze. Doch die Leistungen von Neuzugang Felix da Costa und Vergnes Podestplatz beim letzten Rennen in Marrakesch Ende Februar zeigen, wozu die amtierende Meister-Mannschaft DS Techeetah in der Lage ist.

Formel-E-Finale Berlin: BMW-Titelanwärter Max Günther exklusiv: (16:55 Min.)

Vergne: Druck ist der Schlüssel

Vergne, der Anteile am Team besitzt und über ein gehöriges Mitspracherecht verfügt: "Dem Druck standzuhalten ist der Schlüssel, das habe ich über die Jahre hinweg immer weiter verbessert. Aber so etwas wie Perfektion gibt es nicht, deshalb arbeite ich in allen Aspekten weiter hart an mir. Performance und mentale Stärke bleiben nicht einfach so für immer erhalten, sie müssen bewahrt werden."

Am Randes eines privaten Tests, bei dem Techeetah unter anderem einen neuen Motor für die nächste Saison testete, war Vergne überzeugt, dass er noch ein Wörtchen mitreden kann. "Wir waren stark, aber auch unglücklich in den Rennen", meinte der 30-Jährige. "Ich glaube daran, dass sich das Glück wendet. Ich hatte einiges an Pech und es geht jetzt darum, sich auf problemfreie Zeiten zu fokussieren."

Das Berlin-Finale 2020 der Formel E

Mittwoch, 5. August 2020: Track Layout 1
Donnerstag, 6. August 2020: Track Layout 1
Samstag, 8. August 2020: Track Layout 2
Sonntag, 9. August 2020: Track Layout 2
Mittwoch, 12. August 2020: Track Layout 3
Donnerstag, 13. August 2020: Track Layout 3

Vergne: Motivierter als je zuvor

Als Schwachstelle in der aktuellen Saison hat Vergne die Performance im Qualifying ausgemacht. Die Zahlen geben ihm Recht: In drei der fünf Qualifyings landete er auf dem elften Platz, sein bestes Ergebnis war Startposition vier beim vierten Rennen in Mexiko-City. Dabei gehört Vergne mit zehn Pole Positions und 14 Starts aus der ersten Reihe in 61 Rennen zu den stärksten Qualifyingpiloten der Formel E.

"Da müssen wir uns verbessern", sagte der frühere Formel-1-Fahrer. "In der ersten Saisonhälfte fiel es mir schwer, mit dem Auto zu bremsen. Mit der Bremse hatte ich Probleme, seit wir das neue System zum Jahresbeginn installiert haben. Hoffentlich können wir das für Berlin in den Griff bekommen."

Das große Rollfeld auf dem stillgelegten Flughafengelände Tempelhof war bisher ein erfolgreiches Pflaster für Vergne. 2018 eroberte er den dritten Platz hinter Audis Siegerduo Daniel Abt und Lucas di Grassi. 2019 fuhr Vergne hinter Sieger di Grassi und Sebastien Buemi erneut auf Rang drei. Seine Kampfansage in Richtung der Konkurrenz: "Ich bin motivierter als je zuvor!"