Soweit sollte es nicht mehr kommen: Daniel Abt hatte schon vor dem Eklat beim virtuellen Rennen der Formel E am vergangenen Samstag geplant, seinen Abschied aus der Elektro-Rennserie bekanntgeben zu wollen. Das hat Motorsport-Magazin.com aus unterschiedlichen Quellen erfahren.

Die Folgen des ausgelösten Skandals, die letztendlich zum vorzeitigen Rauswurf durch eine Entscheidung des Audi-Konzerns führten, trafen Abt komplett unerwartet. Statt sich angemessen als Formel-E-Pionier und nach sechs Jahren aus der Serie verabschieden zu können, wurde der Kemptener drei Tage nach dem Vorfall ohne große Diskussion gefeuert.

Spekulationen, dass Audi einen Vorwand gesucht und dann gefunden habe, um im eigenen Formel-E-Team ein freies Cockpit für die kommende Saison zu schaffen, sind aus der Luft gegriffen. Involvierte wussten lange vor dem Vorfall, dass der 27-Jährige nach dem Ende der laufenden Formel-E-Saison voraussichtlich keine Zukunft im Audi-Werksteam haben würde.

Abt, der in den vergangenen beiden Saisons jeweils mit einem Ein-Jahres-Vertrag ausgestattet worden war, stand ohnehin seit längerer Zeit intern zur Diskussion. Spätestens seit der Konzern-Entscheidung vom 27. April, Ende 2020 aus der DTM auszusteigen, war weitestgehend klar, dass Abt sein Formel-E-Cockpit verlieren würde.

Audi wirft Daniel Abt raus: gerecht oder zu hart? (43:08 Min.)

Der Skandal verhinderte einen würdigen Abschied nach 63 Rennen, zwei Siegen und zehn Podestplätzen. Abt war angesichts seiner reichlich unbedachten Schnapsidee - "Es war niemals meine Intention, einen anderen Fahrer für mich fahren zu lassen und danach das Thema zu verschweigen, damit ich besser dastehe" - am Boden zerstört, nachdem sich zunächst ein weltweiter Shitstorm über dem Kemptener entladen hatte.

All das schien die in diesen Zeiten äußerst sensiblen Vorstandsetagen nicht interessiert zu haben. Anstatt eine für alle Seiten galante Lösung zu finden, etwa, Abt nach dem Saisonende einfach durch einen anderen Fahrer abzulösen, preschte der Konzern vor und warf ihn ohne größere Worte raus.

Eine offizielle Pressemitteilung zu dieser Entscheidung gibt es bis heute nicht, erst am Mittwochnachmittag, 27 Stunden nach der Verkündung im kleinen Medien-Kreis, wandte sich der Autobauer erstmals an die Öffentlichkeit.

Nach einem Video-Statement von Abt am selben Abend, in dem er erstmals öffentlich seine "lustige Idee" auflöste und einräumte, einen "riesengroßen Fehler begangen und die Ernsthaftigkeit sowie Konsequenzen unterschätzt" zu haben, brach über Ex-Arbeitgeber Audi ein Shitstorm herein.

Einer, den sich der dem VW-Konzern angehörige Hersteller nur zu gern erspart hätte. Volkswagen steht aktuell unter enormem Druck. Der Bundesgerichtshof verdonnerte die Wolfsburger Anfang dieser Woche zu Schadensersatzzahlungen, zudem kaufte man Vorstandschef Herbert Diess und Aufsichtsratsboss Hans Dieter Pötsch aus den Ermittlungen rund um den Vorwurf der Marktmanipulation frei. Probleme beim Golf 8 und dem elektrischen ID.3 und nicht zuletzt ein Werbungs-Vorfall, der VW Rassismus-Vorwürfe einbrachte, sind die wahren Brandherde.

In diesem Gesamtbild wirkt Abt, der alleiniger Auslöser seiner unbedachten Aktion war, wie eine Lappalie. Eine, die ihn in diesen höchst angespannten Zeiten allerdings den Job kostete. Die Suspendierung sei laut Audi alternativlos gewesen, obwohl man zu einer "offenen Fehlerkultur" stehe. Doch allein das Wort 'Betrug', ganz egal in welchem Ausmaß, lässt die Zündschnur des Gesamtkonzerns in der aktuellen Krise äußerst kurz werden.