Kann die Formel E ihre seit November 2019 laufende Saison trotz der Corona-Krise beenden? Fünf Rennen hat die Elektro-Rennserie bereits absolviert, das bislang letzte Ende Februar in Marrakesch. Auf der anderen Seite mussten sechs Veranstaltungen, zuletzt der Berlin ePrix, abgesagt respektive verschoben werden.

Um sich als Meisterschaft qualifizieren zu können, müssen zwei weitere Veranstaltungen ausgetragen werden. Die laut Kalender folgenden Rennen in New York und London dürften angesichts der aktuellen Coronavirus-Pandemie kaum über die Bühne gehen können. Längst hat sich Formel-E-Gründer Alejandro Agag für Geisterrennen, also ohne Zuschauer an der Rennstrecke, ausgesprochen.

"Es sieht danach aus, als ob das aktuell weltweit die realistischste Option wäre", sagt Maximilian Günther in einer virtuellen Pressekonferenz an diesem Donnerstag auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Das Wichtigste - abgesehen davon, dass wir Rennen fahren wollen - ist, die Leute happy zu machen. Wenn sie zuhause Live-Sport anschauen könnten, wäre das eine tolle Unterhaltung."

Zustimmung erhielt der junge BMW-Werksfahrer von Titelanwärter Mitch Evans. "Das wäre toll, weil viele Menschen gerade zuhause sitzen", sagt der Jaguar-Pilot. "Wenn ich mal daheim bin, schaue ich eigentlich immer Sport. Wenn das der einzige Weg wäre, dann würde ich das voll verstehen. Natürlich hoffen wir auf Fans, aber die oberste Priorität liegt darauf, Rennen zumindest wieder im Fernsehen zu zeigen."

Die Corona-Krise könnte die Formel E zu einem Schritt zwingen, der im Konzept der Rennserie eigentlich nicht vorgesehen ist: Veranstaltungen auf permanenten Strecken. Valencia, Donington, Portimao oder auch Silverstone waren zuletzt im Gespräch. Eine andere Möglichkeit dürfte es in den kommenden Monaten aufgrund behördlicher Auflagen gar nicht geben.

Es bleibt allerdings die Reisebeschränkung als Hürde. Evans hat sich vorausschauend entschieden, nicht in seine Heimat Neuseeland zurückzukehren, sondern in der kleineren Wohnung in Monaco zu bleiben. "Damit ich weiterhin in Europa bin", erklärt der Meisterschaftszweite.

Sowohl Evans als auch Günther dürfte daran gelegen sein, die laufende Saison abzuschließen. Beide können sich Hoffnungen auf die Meisterschaft machen, die aktuell Techeetah-Neuzugang Antonio Felix da Costa mit 67 Punkten anführt. Den Portugiesen jagen Evans (56 Punkte) und die beiden BMW-Piloten Alexander Sims (46) sowie Günther (44).

"Unsere Performance war von Beginn an gut", sagt Günther. "Wir hatten auch ein paar sehr gute Rennwochenenden." Der 22-Jährige erzielte in Santiago de Chile seinen ersten Sieg in der Formel E und ließ in Marrakesch einen weiteren Podestplatz folgen. In Saudi-Arabien und Mexiko verpasste Günther die Punkteränge als jeweils Elfter nur knapp.

Formel E: So bereitet sich Max Günther von BMW auf Rennen vor (01:45 Min.)

Neben BMW zählten bislang Techeetah und Jaguar zu den drei besten Teams der Meisterschaft. Mit einigem Abstand folgt ein dicht gedrängtes Mittelfeld, darunter Audi und Mercedes. "Ohne zu zuversichtlich klingen zu wollen, gehören wir zu den Top-3-Teams", sagt Jaguar-Aushängeschild Evans. "Hoffentlich können wir an unsere Form anknüpfen, wenn es weitergeht. Allerdings hatten die anderen Teams jetzt mehr Zeit, um alles zu analysieren und an ihrer Performance zu arbeiten."

Trotz des derzeitigen Stillstandes hat die Arbeit der Teams zumindest in den Köpfen nicht aufgehört. Die Teammitglieder tauschen sich weiterhin regelmäßig untereinander aus, darunter auch die Fahrer und Ingenieure. "Es wäre schöner, sie persönlich treffen zu können", sagt Günther. "Aber auch so funktioniert es ganz gut und wir wollen uns verbessern, wenn die Einschränkungen vorbei sind."